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Der kalte Himmel - Roman

Der kalte Himmel - Roman

Titel: Der kalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Augenwinkeln wahr, wie Paul aus der Haustüre trat, hörte noch, wie er den beiden Großen ein » Wartet halt « zurief, als sie plötzlich auf den Lichtschein im alten Nebengebäude aufmerksam wurde. Diesen Anbau hatte sie seit Jahren nicht betreten, er stammte noch aus der Zeit, als solche Höfe nur mit einer Vielzahl von Knechten und Mägden zu bewirtschaften gewesen waren.
    Das Glockengeläut setzte ein, jetzt war es so weit. Das neue Jahr wollte begrüßt werden. Max hatte die erste Rakete gezündet. Ein Lichterregen leuchtete hoch über dem Hof, als Marie den Griff der schmalen Holztür niederdrückte.
    Schritt für Schritt stieg sie die steile Stiege hinauf. Zwischen dem Geschrei der aufgeregten Kinder draußen und dem Ächzen der Holzdielen unter ihren Schritten konnte sie ein Gemurmel ausmachen, das von oben zu kommen schien. Mit jedem Schritt hörte Marie immer deutlicher die Stimmen eines Mannes und einer Frau, deren Worte sich wie in einer merkwürdigen Litanei zu einem einzigen Redefluss verwoben, einem Singsang, wie ihn Marie sonst nur in den Heiligen Messen hörte. Als Marie die Stimmen endlich erkannte, setzte ihr Herzschlag aus.
    Endlich stand sie auf der obersten Stufe und riss die Türe auf.
    *

Maries Schrei durchdrang den ganzen Raum. Da lag Felix, in Kräuterbänder gewickelt, auf einem alten Bett. Seine Arme waren rechts und links an die Bettpfosten geschnallt. Der Pfarrer schwang die Weihrauchschale und betete gemeinsam mit Elisabeth, die ihren Rosenkranz unaufhörlich durch die Finger gleiten ließ. Felix zitterte am ganzen Körper vor Kälte und Angst. Außer sich vor Entsetzen stürzte Marie auf ihn zu, doch Elisabeth versuchte, ihr Eingreifen zu verhindern.
    » Marie! « , beschwor sie ihre Schwiegertochter. » Der Junge ist nicht normal. Hier sind Kräfte am Werk, gegen die seid ihr machtlos. «
    Wie eine Rasende stieß Marie sie zur Seite, riss die Bänder, die ihren Sohn fesselten, entzwei und versetzte dem Pfarrer, der ihre Hand festhalten wollte, einen Schubs. Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie ihren Jungen endlich aus dem Bett hochreißen, an sich drücken und befreien konnte. Ihre Knie zitterten wie Espenlaub, als sie Felix die Treppen hinuntertrug. Schlotternd rannte sie mit dem verängstigten Kind über den Hof. Paul, der gerade noch lachend das neue Jahr begrüßt hatte, erstarrte bei ihrem Anblick.
    » Marie « , rief er entgeistert. » Was ist denn los? «
    » Frag deine Mutter « , keuchte sie und rannte wie besinnungslos weiter.
    Doch dann blieb sie stehen und drehte sich um. Elisabeth und der Pfarrer waren aus dem Nebenbau herausgetreten und Marie bedachte beide mit einem Blick, der siedendes Wasser in Eis verwandelt hätte.
    » Wenn sich noch einmal einer an meinem Buben vergreift « , schrie sie, » dann verschwinde ich mit meinen Kindern ein für alle Mal von diesem Hof. Habt ihr mich verstanden? «
    Aus Pauls Gesicht war alle Farbe gewichen. Er sah im Lichtschein der Eingangstür, zu der sich Marie mit Felix gerettet hatte, aus wie ein Gespenst. Auch Lena und Max standen da wie erstarrt. Sie verstanden nicht. Xaver aber, der seine Mütze aufgrund der Kälte tief ins Gesicht gezogen hatte, nahm seine Pfeife aus dem Mund und warf sie voller Zorn zu Boden. Er ahnte, dass Elisabeth diesmal zu weit gegangen war, sie musste etwas getan haben, was ihr Marie nicht verzeihen würde. Brüsk drehte er seiner Frau den Rücken zu und stapfte ins Haus.
    Paul sah entsetzt von einem zum anderen. Da bemerkte er, wie der Pfarrer im Dunkel sein Fahrrad bestieg und ohne ein Wort der Erklärung vom Hof radelte.
    » Mutter, was hast du getan? « , stammelte er.
    » Ein Unglück « , flüsterte Elisabeth. » Es ist ein Unglück. «
    *

Als sich Paul an diesem Abend zu Marie ins Bett legte, wagte er es nicht, seine Frau zu berühren, er wagte es noch nicht einmal, auch nur ein Wort an sie zu richten. So stocksteif lag sie neben ihm, so erstarrt und ohne jede Bewegung.
    Als er schon glaubte, dass sie endlich eingeschlafen sei, brach es aus ihr heraus: » Einen Teufel wollen sie aus ihm machen, einen Teufel. Aber er ist doch ein Kind. «
    Paul schwieg. Doch dann tastete er im Dunkel nach ihrer Hand, die eiskalt war, und drückte sie sacht.
    » Versuch etwas zu schlafen « , flüsterte er. » Wir sprechen morgen darüber. «
    *

Nach dem Schrecken der Silvesternacht hatte Felix einen Fieberschub erlitten. Den ersten und den zweiten Januartag saß Marie fast pausenlos an seinem Bett,

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