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Der kalte Himmel - Roman

Der kalte Himmel - Roman

Titel: Der kalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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bringen konnte.
    » Entschuldigen Sie bitte vielmals die Störung « , sagte sie und sah Niklas flehend an. » Es ist wirklich sehr wichtig. Darf ich Sie einen Moment sprechen? «
    Der junge Arzt warf seinen Kollegen ein entschuldigendes Lächeln zu. » Kommen Sie « , sagte er zu Marie, stellte seine Kaffeetasse auf einem der Tische ab und führte sie zurück Richtung Treppe.
    » Marie, ich bin hier Gast bei einer Tagung « , sagte Niklas sichtlich betroffen, nachdem die Erlebnisse der letzten Stunden nur so aus ihr herausgebrochen waren. » Die letzte Facharztprüfung steht mir noch bevor. Ich kann nicht so einfach gegen die hier ansässigen Kollegen vorgehen. Sie müssen als Mutter Ihre Stimme erheben. «
    Maries Gesicht war so bleich wie die Wand. » Aber die hören mir doch gar nicht zu « , sagte sie verzweifelt. » Die nehmen mich doch gar nicht ernst. «
    » Dann erheben Sie Ihre Stimme « , wiederholte Niklas mit Nachdruck. » Es geht um Ihren Sohn. Das kann Ihnen keiner abnehmen. «
    Maries Augen füllten sich mit Tränen. » Die machen ihn hier kaputt « , sagte sie verzweifelt. » Die sagen, er ist schizophren. Gemeingefährlich. «
    Nun stand das Wort im Raum. Lag über dem Treppenhaus einer anerkannten Universitätsklinik. Für einen Moment hatte Marie das Gefühl, von ebendiesem Wort zermalmt zu werden. Zertreten zu Staub. Aufgewühlt suchte sie den Blick des jungen Arztes. Resigniert blickte der zu Boden.
    » Ja, das ist ein Riesenproblem in der Psychiatrie « , räumte Niklas ein. » Besonders bei Kindern. Felix ist nicht der Einzige, bei dem Diagnosen und falsche Therapien viel zu schnell angeordnet werden. «
    Von oben wurden Schritte hörbar.
    » Bitte « , flehte Marie. » Sie müssen mir helfen! «
    Niklas schüttelte bedauernd den Kopf. » Hier in München kann ich nichts für Felix tun « , sagte er.
    In Maries Kopf drehte sich alles. » Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus « , rief sie außer sich. » Ist es das? Ist es wirklich so, dass ihr Ärzte immer zusammenhaltet, obwohl die schlimmsten Fehler gemacht werden? «
    Die Schritte gehörten einem älteren Kollegen, der Niklas zurück in den Tagungsraum bitten wollte.
    » Denken Sie das von mir, Marie? Glauben Sie wirklich, dass ich so einer bin? « , stieß Niklas hastig hervor. » Das ist alles ein bisschen komplizierter, als es aussieht, ja? Es geht dabei um Klinikkompetenzen, um Behandlungsrecht, um Länderhoheit. «
    Nun hatte der Mann den Treppenabsatz erreicht. » Entschuldigen Sie, Herr Kollege, aber die Pause ist zu Ende « , sagte er freundlich.
    Niklas lächelte entschuldigend. » Noch zwei Minuten, bitte? Dann bin ich bei Ihnen! «
    Marie hörte kaum noch hin. All ihre Hoffnung war zerstört, all ihre Kraft verschwunden.
    » Wenn ich Ihnen helfen soll, dann müssen Sie mit Felix nach Berlin kommen « , flüsterte Niklas eindringlich.
    » Nach Berlin « , wiederholte Marie ungläubig.
    Der junge Arzt drückte ihr seine Visitenkarte in die Hand. » Es tut mir so leid « , sagte er. » Aber ich muss gleich nach der Tagung mit dem Nachtzug nach Berlin. Morgen früh ist meine letzte Prüfung. «
    Marie nickte resigniert.
    » Geben Sie nicht auf « , beschwor er sie, » Sie schaffen das! «
    *

Wie still es war. In dieser Nacht saß Marie nun allein in dem Zimmer ihrer Pension und wusste nicht wohin mit all dem Kummer, mit all der Bitterkeit, die in ihr tobten. Allein hatte sie keine Chance gehabt, den mit einem Sedativum in den Schlaf versetzten Felix aus der psychiatrischen Abteilung herauszuholen. Immer wieder tastete sie mit der Zunge über ihre trockenen Lippen, fühlte ihren völlig ausgetrockneten Mund. Sie stand unter Schock. Der Fahrt nach München hatte ihre ganze Hoffnung gegolten. Sie war so sicher gewesen, dass man ihr hier helfen und ihr einen Weg zeigen würde, der Felix weiterbringen könnte. Und nun das: München hatte sich als Katastrophe entpuppt. Ihr Junge war anders als die anderen, das stimmte. Aber hier wollten sie einen Verrückten aus ihm machen.
    Sie durfte das nicht zulassen. Nicht aufgeben, hatte Niklas gesagt. Nein, niemals. Niemals würde sie ihren Jungen aufgeben, ihn niemals diesen Ärzten überlassen, die allein aufgrund ihrer Theorien, aber ohne jedes Gefühl für den Menschen handelten. Sie würde Felix da rausholen. Komme, was wolle.
    *

Entschlossen drängte sich Marie am anderen Morgen an der Reihe der wartenden Menschen vorbei bis zur Anmeldung. Der diensthabenden Schwester, die ihr mit dem

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