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Der kalte Himmel - Roman

Der kalte Himmel - Roman

Titel: Der kalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Es würde nichts nutzen, das wusste sie. Während sich ihre beiden größeren Kinder von solchen Zärtlichkeiten immer beruhigen ließen, schienen diese Versuche an Felix abzuprallen. Als ob sie eine Wand berührte. Marie schluckte und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Entschlossen schüttelte sie die dunklen Gedanken fort. Sie standen erst am Anfang. Wenn sie jetzt schon die Nerven verlor, konnte sie gleich einpacken.
    » Aber es ist jetzt halt so « , flüsterte sie müde in den Telefonhörer, der für alle anderen Gäste hörbar im Flur der Frühstückspension hing. Pauls empörte Rede war bis in den kleinen Aufenthaltsraum zu hören, in dem es sich einige Gäste bei Zeitungen und Radiomusik gemütlich gemacht hatten. Zwei Männer sahen zu Marie hinüber, der die Situation mehr als unangenehm war. » Es ist halt so « , sagte sie mit Nachdruck und hängte den Hörer ein.
    *

Auf dem Moosbacher Hof genügte Elisabeth ein Blick auf das zurückgelassene Frühstücksgeschirr von Lena und Max, um zu begreifen, dass hier etwas nicht stimmte. Als sie sich schließlich aus den Andeutungen der Kinder beim Mittagstisch und Pauls schlechter Laune den Rest zusammenreimte, konnte sie ihre Empörung nicht mehr zurückhalten.
    » Das darfst du dir nicht bieten lassen, Paul « , schimpfte sie. » Wie stehst du denn da? Nach München! «
    Ganz gegen seine sonstige Gewohnheit warf ihr Xaver einen finsteren Blick zu. » Jetzt sei stad « , raunzte er und sah dabei tief bekümmert aus.
    » Wenn es doch wahr ist « , bohrte Elisabeth weiter. » Als ob wir uns hier nicht selber helfen könnten. «
    » Lass mir meine Ruhe « , gab Paul voller Zorn zurück.
    Dass Marie ihren Entschluss hinter seinem Rücken gefasst hatte und ohne ein Wort gefahren war, schmerz te ihn mehr als alles andere. Er hatte wahrlich keine Lust, diese Sache mit seiner Mutter zu diskutieren. Das ging nur Marie und ihn etwas an.
    In der Nacht nach ihrem Anruf konnte er kaum ein Auge zumachen, so aufgewühlt war er. Heimlich zu fahren, das war Verrat. Zum ersten Mal in ihrer Ehe stellte sich Marie offen gegen ihn. Dieser Gedanke wanderte in seinem Kopf umher, er quälte ihn und packte ihn jedes Mal erneut mit voller Wucht, wenn er schon geglaubt hatte, endlich den erlösenden Schlaf zu finden. Gegen drei Uhr in der Nacht wachte er nach einem kurzen Dösen mit trockenem Mund wieder auf und erhob sich mühsam, um nach unten in die Küche zu gehen. Ein Bier, dachte er, und dann endlich schlafen.
    Doch als er auf dem Weg zur Treppe am Schlafzimmer seiner Eltern vorbeikam, hörte er sofort, dass auch dort an Schlaf nicht zu denken war.
    » Die Marie hat die Nase voll von deinem Geschwätz « , brummte Xaver entnervt, » und bei Gott, ich kann sie verstehen. «
    » Begreifst du denn nicht, dass sie den Paul hier im Dorf lächerlich macht? « , ereiferte sich Elisabeth unverdrossen weiter.
    » Frag dich lieber, ob die Marie nicht ihre Gründe hat, warum sie ohne den Paul gefahren ist. Vielleicht steckt der ja mit seinen Entscheidungen in seinem eigenen Schlamassel und muss erst einmal für sich selber einstehen. «
    » Wie meinst das? « , gab Elisabeth verblüfft zurück.
    » So wie ich es sag « , brummte Xaver. » Und jetzt sei endlich still. «
    Mit dem Rücken an die kalte Wand des Hausflurs gelehnt, stand Paul wie gelähmt. Die Lust auf ein Bier war ihm vergangen.
    *

Felix saß am Fenster des Pensionszimmers und biss in die kleinen Marmeladenhäppchen hinein, die ihm Marie aus dem Frühstücksraum hochgebracht hatte. Hier, in der Stille ihres Schlafraumes, sollte sich Felix in Ruhe stärken können, bevor sie sich erneut in die Klinik aufmachen würden. Marie packte ihre Tasche, dann schlug sie das Bettzeug auf. Da, wo Felix gelegen hatte, breitete sich ein unschöner Fleck aus. Hastig riss Marie das Laken herunter. Doch der Fleck hatte auch schon die Matratze eingenässt. Marie griff nach dem Gästetuch des Zimmerwaschbeckens und begann, so verzweifelt wie vergeblich die Stelle zu bearbeiten. Es war sinnlos. Die Matratze blieb so nass wie vorher. Das Laken wusch sie im Waschbecken aus und hängte es über eine geöffnete Schranktür.
    Sie konnte nur hoffen, dass die Wintersonne, die bleich durch die Gardinen schien, über den Tag hin die Spuren der Nacht tilgen würde.
    *

Der Arzt, dem Marie und Felix schließlich gegenübersaßen, trug eine dunkle Hornbrille. Seine Haare waren exakt gescheitelt, in seinem prüfenden Blick lag die Strenge derer,

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