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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Leichen?«
    »Nein, das hat sich aufgeklärt. Als wir die Datscha durchsuchten, habe ich das Bärenfell für unsere Experten beschlagnahmt. Gestern kam das Gutachten: Die Haare, die man bei Jakowenko und Grant gefunden hat, die Fellreste eines unbekannten Tieres, stammen von eben diesem Bärenfell. Nein, das meine ich nicht, sondern . . .«
    »Sondern?« Katjas Neugier kehrte wieder.
    »Ich kann mir einfach nicht erklären, wieso wir diese Lisa Ginerosowa immer noch nicht gefunden haben.«
    »Ja, und? Ich verstehe nicht, Nikita . . .«
    »Überleg doch mal: Soljony wurde nur deshalb nicht sofort gefunden, weil man ihn gar nicht erst gesucht hat. Hätte man gleich in den ersten Tagen nach seinem Verschwinden die Gegend gründlich durchkämmt, wäre er mit Sicherheit gefunden worden. Er lag ja ganz nahe an der Straße. Weiter: Erinnerst du dich, was diese Listow-Bengel erzählt haben, wie sie Jakowenko entdeckt haben? Die Leiche lag gleich neben einem Fußpfad, in der Nähe der Bahnstation. Und bei Grant hat der Mörder auch nicht versucht, ihn zu verstecken – seine Leiche wurde am Tatort liegen gelassen, und der Zaun wurde zusätzlich mit Blut verschmiert, als sollte zusätzlich auf den Toten hingewiesen werden. Dabei hätte man die Leiche auch in den Schuppen schleppen können oder hinter den Holzstapel. Mit anderen Worten: Bisher hat Basarow – wenn er der Mörder ist – die Leichen gar nicht versteckt. Warum ist er bei Lisa Ginerosowa anders vorgegangen? Wozu? Das muss geklärt werden.
    Warten wir erst mal die Ergebnisse der Blutanalyse ab. Ich denke, dann wird sich einiges klären. In jedem Fall müssen wir nicht mehr lange warten.«
    Katja nickte. Ja, das Gutachten über die Blutspuren. Sie sah Stepans Gesicht vor sich, hörte seine Stimme: Ich habe niemanden getötet! Ich begehe keine sinnlosen Verbrechen!
    In diesem Gesicht war keine Reue gewesen, keine Trauer, kein Mitleid mit den Ermordeten . . . Oder kannte ein krankes, von dieser merkwürdigen Astrozytose befallenes Hirn solche Begriffe gar nicht mehr? Während der Regen immer noch ans Fenster klopfte wie ein kleiner, unsichtbarer Trommler, wurde Katja bange.
    Denn sie ahnte, dass dieser Fall noch längst nicht aufgeklärt war.

28 Die Flucht
    An jenem Abend – dem letzten vor der Auflösung dieser seltsamen, tragischen Geschichte – kam Katja ungewöhnlich früh nach Hause, schon um halb sieben. Augenblicklich hörte sie das hartnäckige Klingeln des Telefons: Wadim meldete sich aus Österreich. Sie redeten so lange, bis seine Telefonkarte leer war, und sprachen im Grunde nur über Belanglosigkeiten. Wadim beklagte sich, sein Chef bringe ihn zur Verzweiflung. Von all den Untersuchungen und dem Nichtstun im Krankenhaus sei der so genervt, dass er wieder heimlich zu trinken angefangen habe. Es hänge ihm zum Hals heraus, dem Chef die Flaschen wegzunehmen und sich mit dem österreichischen Sanatoriumspersonal herumzustreiten. Außerdem regne es in Bad Hall unaufhörlich, über den Alpen hingen dichte Wolken. Es seien zwar eine Menge Leute hier, aber hauptsächlich gichtgeplagte Greise, verfettete Muttchen und rachitische Jünglinge, die von ihren reichen Eltern geschickt worden seien, um von ihrer verderblichen Leidenschaft für Drogen geheilt zu werden. Kurz und gut, es sei todlangweilig.
    Katja verlor kein Wort darüber, was ihr in den letzten Tagen widerfahren war. Dieses Gespräch hob sie sich für später auf.
    »Ich habe solche Sehnsucht nach dir, Katja«, sagte Wadim schließlich, allerdings in recht munterem Tonfall. »Beim nächsten Mal düsen wir gemeinsam in die Alpen. Wir müssen nur genügend Geld zusammenkratzen. Für ein Pärchen gibt es hier jede Menge Möglichkeiten, Spaß zu haben.«
    Katja antwortete: »Ja, natürlich.« Und dann das Übliche: »Ich liebe dich auch. Küsschen.« Und damit hatte es sich. Mit Wadim konnte sie kein richtiges Telefongespräch führen – immer blieb es bei unverbindlichem Geplauder.
    Am Telefon stundenlang über Gott und die Welt reden konnte Katja nur mit einem Menschen: mit Sergej Meschtscherski. Er war nicht nur ein angenehmer Gesprächspartner, er gab auch nützliche Ratschläge, zerstreute Zweifel, diskutierte über fremde Geheimnisse, versuchte sogar, manche der verworrenen Rätsel zu lösen, die Katja unaufhörlich quälten.
    Trotz der Anspannung der letzten Tage aß Katja mit gesundem Appetit zu Abend. In den ausländischen Krimis, die sie manchmal vorm Zubettgehen las, pflegten die Heldinnen

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