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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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haben wichtige Fälle hier im Bezirk – einen Mord, ihr habt vielleicht davon gehört – , und ihr kommt mit solchem Kleinkram . . .«
    »Ich bin Mutter von zwei kleinen Kindern. Was soll ich machen ohne die Milch, kannst du mir das sagen? Soll ich vielleicht dich melken?«
    Kolossow schaute zur Tür herein, und der Wachhabende, der über und über rot geworden war, komplimentierte die aufdringlichen Klägerinnen auf der Stelle hinaus.
    »Ich habe Ihren Auftrag ausgeführt, Genosse Major.« Er zog ein Notizbuch aus der Aktenmappe. »Hier sind die Aussagen von Soljonys Nachbarn. Und hier von Jakowenkos Frau. Aber sie kann über ihren Exmann nicht viel sagen. Sie wohnt nicht mehr in Rasdolsk bei ihren Eltern, sondern in Mebelny.«
    »In Mebelny?« Kolossow zog ein finsteres Gesicht. »Schon lange?«
    »Ein halbes Jahr. Ihre Oma ist gestorben und hat ihr dort ein Häuschen hinterlassen. Ihren Exmann, Jakowenko, hat sie zu der Zeit, im April, gar nicht gesehen. Er hat sie zu Ostern angerufen, und das war’s.«
    »Hast du sie gefragt, warum sie sich haben scheiden lassen?«
    »Habe ich. Sie sagt, sein Job habe ihr gründlich gestunken. Er sei fast gar nicht mehr zu Hause gewesen, und viel Gehalt hätte er auch nicht bekommen.«
    »Wusste Jakowenko, dass sie nach Mebelny gezogen war?«
    »Natürlich. Er hat sie dort ja angerufen.«
    Katja hörte dem Gespräch zu und verstand gar nichts mehr. Wer war das jetzt wieder – Jakowenko? Und wieso hatte Nikita bei der Erwähnung der Siedlung Mebelny so auffällig gestutzt? Vielleicht hatte ihn der Umstand beunruhigt, dass Mebelny, wo die Ehefrau des Vermissten wohnte, nur fünf Kilometer von Polowzewo entfernt lag, wo man Grant auf so seltsame und barbarische Weise umgebracht hatte? Aber was folgte daraus?
    Vorläufig wohl gar nichts. Trotzdem bemerkte Kolossow: »Weißt du was, Leutnant – das ist eine ernste Sache. Hör dich mal um in Mebelny, an der Bahnstation. Zeig das Bild von dem Vermissten herum.«
    »Zu Befehl.« Der Wachhabende nickte. An seiner ernsthaften, konzentrierten Miene erkannte Katja, dass er diesen Mann wohl mit weit größerem Eifer suchen würde als irgendwelche verschwundenen Ziegen.
    »So, dann auf in die Leichenhalle.« Kolossow blickte Katja an und sah anschließend nach, wie spät es war: achtzehn Uhr, der Arbeitstag war zu Ende. Doch den Gerichtsmediziner konnte man gewöhnlich auch noch zu viel späterer Stunde an seinem Arbeitsplatz im Bezirkskrankenhaus antreffen.
    »Nikita, willst du mir nicht erklären, was das alles bedeutet?« Im Auto ging Katja, die bis jetzt geschwiegen hatte, zum Angriff über. »Du hast mich mitgenommen, aber ich fühle mich wie eine Idiotin, weiß von nichts, werde nicht informiert. Das ist nicht fair.«
    »Wir haben verabredet, dass du mir mit deinen Zeitungsartikeln nicht auf die Nerven gehst«, brummte Kolossow. »Und dafür nehme ich dich mit. Sonst nichts.«
    »Sag doch wenigstens, wer dieser Jakowenko ist!«
    Er fing ihren Blick auf. Im Fall des Falles konnte Katja einen Mann so ansehen, »wie es nötig war«. Schweren Herzens unterwarf er sich – nein, nicht ihrem kapriziösen Tonfall, nicht ihrer hartnäckigen Neugier, sondern diesen Augen . . .
    Katja lauschte seinem knappen Bericht und ärgerte sich: Wie geizig er mit seinen Informationen war! Und dabei sah er sie nicht einmal an. Vor allem erklärte er überhaupt nichts! Was hatten denn irgendwelche spurlos Verschwundenen mit einem Auftragsmord an einem früheren Abgeordneten zu tun?
    Katja seufzte erleichtert, als sie in den Hof des Krankenhauses fuhren. Vielleicht würde sie ja von dem Pathologen irgendetwas Brauchbares für ihren geplanten Artikel erfahren. Eigentlich hatte sie, trotz ihrer jahrelangen Berufspraxis bei der Miliz, immer noch Angst vor Leichenhallen und versuchte, solche Besuche zu vermeiden, wenn irgend möglich. Zum Glück empfing sie der Gerichtsmediziner – ein winziger, gnomenhafter älterer Mann mit Brille und in weißem Kittel – nicht in der Anatomie, sondern in seinem Büro und schaltete gleich gastfreundlich den Teekocher ein.
    Während Katja, bescheiden in eine Ecke gekauert, den Tee trank, studierte Kolossow aufmerksam das gerichtsmedizinische Gutachten zu Sladkich und Antipow-Grant, das der Arzt für die Staatsanwaltschaft vorbereitet hatte. Dann reichte er die Blätter an Katja weiter.
    Igor Sladkich war fast auf der Stelle tot gewesen – Kopfschuss. Er hatte vermutlich nicht einmal mehr das Krachen gehört. Aber sein

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