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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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aufmerksamer.
    »Vor einem Jahr«, fuhr Lisa fort, »tauchten bei Wladimir Kirillowitsch irgendwelche amerikanischen Investoren in der Firma auf. Die Firma war gerade in finanziellen Schwierigkeiten und brauchte dringend Geld. Na, da hat man diese Investoren nach Kräften umschmeichelt und ihnen jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Das volle Unterhaltungsprogramm à la russe. Zum Schluss haben sie die Amis bis nach Kostroma zur Eberjagd gebracht und dafür extra einen Hubschrauber gemietet. Dort haben sie Eber und Elche gejagt, sind dabei so richtig in Fahrt gekommen und sagten sich: Jetzt wollen wir einen Bären erlegen! Die Gäste sollen staunen! Natürlich konnte man keinen Meister Petz aufspüren, aber zum abschließenden Bankett wurde Bärenfleisch herangeschafft, das sie irgendwelchen Jägern abgekauft hatten. Die Amerikaner waren schwer beeindruckt, aber Gott sei Dank hat keiner von ihnen etwas von dem Fleisch gegessen. Nur Stepan mit sei ner ausgefallenen Ernährung war ganz begeistert und hat das Fleisch probiert – und die Quittung bekommen. Das Bärenfleisch war mit Trichinen infiziert. Das ist ein Wurm, den Raubtiere häufig im Körper haben. Stepan hat im Krankenhaus gelegen. Zuerst schien es wieder besser zu gehen, aber dann gab es Komplikationen mit dem zentralen Nervensystem. Er wurde zur Untersuchung in die Neurochirurgie überwiesen, wo eine Computertomographie gemacht wurde. Man hat ihm Hormone gespritzt – so hoch dosiert, dass es einen Ackergaul umgeworfen hätte. Und dann . . .«
    »Was dann?« Katja schaute auf die Hände ihrer Freundin: Lisa presste krampfhaft die Finger zusammen.
    »Dann schien sich alles zu normalisieren. Die Therapie war abgeschlossen, er wurde entlassen. Aber ich weiß nicht, Katja. . . ich habe manchmal den Eindruck, er hat sich verändert. Immerhin war es das Gehirn, das in Mitleidenschaft gezogen war, verstehst du? Die anderen – Wladimir Kirillowitsch und Dmitri – erzählen mir nicht alles.« Lisa stand auf und trat ans Fenster. »Seit Februar habe ich Stepan kaum noch gesehen. Er steckt die ganze Zeit in seinem Survival-Camp. Du wirst es nicht glauben, aber es hat damit angefangen, dass er sich über mein Kleid aufgeregt hat. Plötzlich wollte er unbedingt, dass ich mein Hochzeitskleid bei Alexander McQueen kaufe. Alexander experimentierte damals gerade mit Fellen und Häuten, wälzte seine Kleider in Schmutz und applizierte Fellbüschel und tote Heuschrecken darauf. Stepan verlangte hartnäckig, ich solle bei der Hochzeit in so einem Ding vor seiner Familie erscheinen. Pelz auf nackter Haut, verstehst du? Wie eine Nutte. Zuerst hielt ich es für einen Witz. Aber nein! Eine Riesenszene hat er mir deshalb gemacht. Und dann . . . dann habe ich mit Wladimir Kirillowitsch gesprochen. Schließlich steht viel Geld auf dem Spiel. Das Ergebnis war, dass Stepans Kreditkarte mit einem besonderen Vermerk versehen wurde. Immer wenn er jetzt Geld ausgeben will, werden sein Vater oder Dmitri verständigt.«
    »Soll das heißen, er kann nicht frei über sein Geld verfügen?«, fragte Katja überrascht.
    »Verfügen schon, aber sein Vater und sein Bruder sind stets auf dem Laufenden, wofür er es ausgibt. Und jetzt wurde auch noch die Hochzeit aufgeschoben. Ich weiß gar nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Manchmal hat er ganz wilde Fantasien.«
    Die Frauen zuckten zusammen, denn hinter dem Vorhang war geräuschlos Stepan aufgetaucht. Offenbar war er über den Balkon und durch die geöffnete Balkontür gekommen.
    »Habt ihr Geheimnisse?« Er trat auf Lisa zu, fasste sie am Kinn und hob ihr Gesicht zu sich empor. »Bestimmt hat sie sich beklagt, dass ich grob zu ihr bin. Wie ist das, Katja, ist Wadim manchmal auch richtig grob zu dir?«
    Katja erhob sich aus dem Sessel. Wenn die beiden ihre Beziehungsprobleme klären wollten, war es besser, sie machte sich aus dem Staub.
    »Unten läuft Dmitri ganz verloren durch den Saal.« Stepan umarmte seine Braut und küsste sie auf den Hals. »Du brauchst gar nicht zu versuchen, dich aus meinen Bärentatzen zu befreien.« Ohne sich um Lisas Sträuben zu kümmern, küsste er sie noch einmal. »Übrigens, Katja – du bist der Grund, warum mein Bruder sich betrunken hat. Was sollen wir mit ihm tun, hm?«
    Stepans spöttischer Blick machte Katja verlegen. Nach Lisas Erzählungen und den Erlebnissen im Camp fühlte sie sich in Stepans Gegenwart unwohl. Sie wünschte sich Sergej herbei.
    »Was guckt ihr denn so?« Stepan ließ

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