Der Kalte Kuss Des Todes
beiseite und winkte uns hinein.
19. K apitel
M it meinen sensiblen Vampirsinnen nahm ich den Geruch ihres Parfüms auf: Patschuli und Sandelholz, aber aus irgendeinem Grunde roch es, als würde man die Höhle eines Sumpfdrachens betreten. Meine Augen begannen zu tränen. Ich ließ die Kleidung fallen und presste hustend die Hand vor Nase und Mund. Malik schob mich ins Zimmer. Ich ging sofort ans andere Ende, so weit weg von dem Geruch, wie ich nur konnte.
Ich schlug die Hände vor die Augen und konzentrierte mich darauf, meine überempfindlichen Sinne auf ein erträgliches Maß zurückzuschrauben, damit ich den ätzenden Geruch nicht mehr riechen und Hannahs leicht erhöhten Herzschlag nicht mehr hören musste. Mir kam es fast so vor, als hätte ich einen Junkie gebissen, der nicht nur mit Venom, sondern obendrein mit Crack vollgepumpt war. Nach wenigen Sekunden hörte ich auf zu atmen, und mein Herz hörte zu schlagen auf.
Das scharfe Parfüm war nun kaum mehr wahrnehmbar.
Ich ließ die Arme sinken und rieb mein Brustbein, wo der scharfe Geruch immer noch in meinen Lungen brannte.
»Was ist das bloß für ein Parfüm, Himmel noch mal?«, fragte ich aufgebracht.
»Ein ganz spezielles Parfüm, kreiert von Roja Dove«, antwortete Hannah mit einem entzückten Grinsen. »Er ist eine berühmte Nase, hat bei Guerlain studiert. Er mischt flüssiges Silber in seine Düfte; ich habe es als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme
aufgetragen, um Konfrontationen mit den Vampiren hier zu vermeiden.«
Flüssiges Silber? Kein Wunder, dass mir die Lungen brannten.
Malik stand neben der Tür, sein Gesicht war hinter den Schatten, die er um sich gesammelt hatte, nur vage erkennbar. Seine nackte Brust schimmerte bleich in dem nur spärlich erleuchteten Raum. Die sternförmige Narbe unter seinem Herzen war kaum noch zu sehen. Er wirkte elegant und unberührt, obwohl er nur seine Anzughose trug. Hannahs Parfüm hatte entweder keine so starke Wirkung auf ihn, oder er hatte gewusst, was kommen würde, und sich rechtzeitig ausgeknipst.
Das Zimmer entsprach sicher nicht Maliks hohen Standards – es sah aus wie eine x-beliebige Hotelsuite, blauer Teppich mit silbernen Herzen, silberfarbene Möbel. Die einzige Überraschung war die Fensterscheibe, die die gesamte Höhe und Breite der Rückwand einnahm und von der aus man einen fantastischen Blick auf die drei Stockwerke tiefer liegende Tanzfläche des Clubs hatte. Dort unten drängelten sich dicht an dicht die Tanzenden. Man konnte die Musik zwar nicht hören, doch durch den Rhythmus vibrierten die Scheiben.
Hannah hatte sich hinter eines der beiden Sofas gestellt. Ihre Hände ruhten auf den breiten Schultern eines alten Bekannten: auf Darius, ihrem ganz persönlichen fangzähnigen Schoßhündchen. Er saß zusammengesunken da, den Blick unter halb geschlossenen Lidern auf mich gerichtet. Auch heute hatte er lediglich seine Calvin-Klein-Shorts an, dazu die wadenlangen Stiefel. Auf seiner Stirn und seiner breiten Fabio-Brust standen kleine rosa Schweißperlen. Er sah aus, als hätte er sich ordentlich vollgesaugt und stünde kurz davor, in einen Bluttraum zu verfallen – das Vampir-Äquivalent von total besoffen.
»Obwohl es den meisten Vamps hier nicht viel ausmacht«, fuhr Hannah fort und zerzauste liebevoll Darius’ dunkelblonde Haare. »Die sind sowieso fast alle offline, außer wenn sie sich jemandem an den Hals hängen. Und obwohl hier jede Menge williger Blutspender rumlaufen, ziehe ich es vor, mir keine Sorgen machen zu müssen, sobald ich Darius hier gefüttert habe. Lieber auf Nummer sicher gehen, das ist meine Devise.«
»Warum sind Sie hier, Hannah?«, erkundigte sich Malik mit bedrohlichem Unterton.
Ich hatte schon so eine Ahnung: Bestimmt hatte es mit einem gewissen Fabergé-Ei zu tun. Sie wusste ja über meinen Verwandlungszauber Bescheid und hatte wahrscheinlich ebenfalls gewusst, dass Malik heute hier mit »Rosa« erwartet wurde. Und da ich in den letzten paar Tagen wie vom Erdboden verschwunden gewesen war, überraschte es mich nicht, sie heute hier zu sehen.
Unbeeindruckt richtete Hannah ihr Strahlelächeln auf Malik. »Ich wollte Ihnen einen Gefallen tun.« Sie bog Darius’ Kopf zurück und entblößte seine Kehle. »Man will Ihnen den Blutzehnten verweigern, wie Sie vielleicht inzwischen wissen. Und da dachte ich, ich könnte Ihnen ja eine kleine Mahlzeit anbieten.« Sie strich mit dem Finger über Darius’ schweißglänzende Brust. »Er ist gut gefüttert«
Weitere Kostenlose Bücher