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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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erklären, warum es mir so wichtig ist. Aber vorher muss ich dir noch was zeigen.« Sie blies abermals auf die Glasscheibe. »Eine Erinnerung, die ich … verstörend finde. Du wirst sehen.«

20. K apitel
    D er Nebel lichtete sich, und zwei winzige Gestalten zeichneten sich ab. Das Ganze sah aus, als würde man durch ein umgedrehtes Teleskop schauen. Doch die Gestalten kamen rasend schnell näher, bis sie sich schließlich beinahe lebensgroß auf der Fensterscheibe abzeichneten. Ich konnte eine Art Gruft oder Keller erkennen, mit einer runden Gewölbedecke. Kerzen flackerten, und eine Wand war bemalt: eine öde Landschaft, die am Horizont durch hohe, zerklüftete Berge begrenzt wurde. Die beiden Gestalten standen in einem weiten roten Kreis, der auf die Steinfliesen gemalt worden war. Zwischen ihnen befand sich ein langer, rechteckiger Altarstein, auf dem eine verhüllte Gestalt ruhte. Das Laken war so dünn, dass man die Formen der Gestalt erkennen konnte: Sie war weiblich.
    Eine der Gestalten war der Earl, dessen blondes Haar ihm wie immer poppermäßig in die Stirn fiel. Sein Arm war erhoben, schien mitten in der Bewegung erstarrt zu sein. Seine azurblauen Augen waren abschätzig auf die runzelige Alte gerichtet, die, auf einen Stock gestützt, vor ihm stand. Sie trug ein langes lila Samtgewand, dessen Kapuze sie zurückgeschlagen hatte. Ihr Schädel war fast kahl, die Haut gelb und runzlig wie bei einer Mumie. Ihr Rücken war bucklig, eine Tatsache, die nicht einmal ihre kostbare Robe verbergen konnte.
    Auch sie kannte ich. Es war die Uralte.
    Hannah stieß plötzlich ein paar Worte in einer harten, gutturalen,
unheimlichen Sprache hervor, bei der mir unwillkürlich ein Schauder über den Rücken lief.
    Der Arm des Earls bewegte sich, er schlug das Tuch, das über die leblose Gestalt gebreitet war, zurück.
    Es war Rosa.
    Nackt und reglos wie eine Statue lag sie da, die Hände zu Fäusten geballt. Mit gefletschten Zähnen und weit aufgerissenen, blicklosen Augen starrte sie zur Decke.
    »Erstaunlich«, bemerkte der Earl mit seiner näselnden, aristokratischen Stimme. »Der Körper ist immer noch ganz frisch, obwohl ihn die Sidhe nun schon seit zwei Jahren benützt.« Er strich über Rosas nackten Bauch und tauchte die Finger in die blutige Wunde an ihrer linken Hüfte. Er hielt sie schnuppernd an die Nase, dann leckte er sie behaglich sauber.
    »Hm! Das Blut schmeckt sogar noch besser als letztes Mal.« Er lächelte die Alte anerkennend an. »Deine Magie ist ausgezeichnet, Alte. Ich muss dich wirklich loben.«
    »Euer Gnaden.« Die Alte verneigte sich dankbar. »Aber ich muss Euch warnen. Es wäre unklug, weiterhin so viel von ihr zu trinken. Es könnte zu einem Ungleichgewicht führen.«
    »Ich trinke, so viel ich will! Ich bezahle dich schließlich sehr gut dafür, dass es nicht zu Problemen kommt, dich und deine Gehilfin.« Er wies mit einer Handbewegung in unsere Richtung. »Apropos Probleme« – sein Lächeln erlosch -, »die Sidhe arbeitet jetzt für die Hexen. Sie steht unter ihrem Schutz.«
    »Wie hätte ich das vorhersehen sollen, Euer Gnaden?«, quengelte die Alte.
    »Wie auch immer, diese Situation muss beseitigt werden. Das Verbot endete mit ihrem dreiundzwanzigsten Geburtstag, aber jetzt, wo sie den Schutz der Hexen genießt, bleibt sie weiterhin außerhalb meiner Reichweite, außer -«
    Er schaute nachdenklich auf Rosa hinab, strich ihr Haar zurück und zeichnete die blauen Venen nach, die wie Stränge
aus ihrem Hals hervortraten. Sie trug eine goldene Kette; der Earl schob seinen Finger unter die Kettenglieder und folgte ihnen bis zu dem goldenen Anhänger, der zwischen ihren Brüsten ruhte. Er nahm ihn und wog ihn sinnend in der Hand, dann lächelte er die Alte gerissen an. »Du besitzt die Halskette der Sidhe, Alte, die Kette ihrer Stiefmutter. Du wirst sie mir geben. Wenn sie sieht, dass ich sie besitze, wird sie aus freien Stücken zu mir kommen. Und um den Schutz der Hexen brauche ich mir dann keine Sorgen mehr zu machen.«
    Die Alte umklammerte mit weiß hervortretenden Knöcheln den Griff ihres Gehstocks. »Das geht nicht, Euer Gnaden. Die Kette ist ein Pfand. Ich habe mich verpflichtet, sie zurückzugeben, wenn die Schuld beglichen ist.«
    »Aber solange die Sidhe den Zauber benutzt, steht sie weiterhin in deiner Schuld, nicht wahr?«
    »Das stimmt, Euer Gnaden, aber -«
    »Dann ist die Schuld auch noch nicht beglichen.«
    Er ließ das goldene Amulett fallen, das mit einem dumpfen

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