Der Kalte Kuss Des Todes
ausgelaufen ist. So, wie ich die Sache sehe, hat Tavish sich das Vorrecht herausgenommen, und als er bei mir nicht landen konnte, kamst du dran.«
Mist, das klang so abscheulich berechnend.
»Erzähl mir also nicht, dass die Magie zwischen uns etwas Besonderes ist, denn das stößt mir angesichts der Tatsachen ein bisschen sauer auf.«
»Beim Zeus, Gen, so ist das doch gar nicht -«
»Wie ist es dann, Finn?«
»Na gut, ich geb’s zu, der Droch Guidhe war ein Grund dafür,
warum die Herde das Geld für Spellcrackers zusammengekratzt hat.« Er fuhr sich erregt durch die Haare und massierte sein linkes Horn. »Und warum man gerade mir die Firma anvertraut hat. Ich bin einer der Jüngsten in der Herde, Gen, und habe mehr Zeit unter Menschen verbracht als die anderen. Als Tavish nach einer gewissen Zeit bei dir nicht zum Zug gekommen war, nun ja, da hat der Ältestenrat mich ausgewählt – aber das bedeutet nicht, dass ich es nicht selbst wollte, Gen.«
»Dann habe ich also recht«, sagte ich bitter. »Du bist die zweite Wahl.«
»Gen, irgendjemand aus der Herde war das immer«, sagte er sanft. »Unter den minderen Fae sind wir die Stärksten, stärker als Najaden und Dryaden. Und ich hatte das Glück, dass die Wahl auf mich fiel.« Er streckte die Hand nach mir aus. »Okay, du bist mir nicht direkt in die Arme gesunken, aber deine Magie hat ständig versucht, uns zusammenzubringen. Ich war mir also sicher, dass es früher oder später mit uns klappen würde – aber dann sind all die anderen Sachen passiert, und es wurde richtig kompliziert.«
»Mit kompliziert meinst du meine Venom-Sucht und meine Abstammung väterlicherseits«, bemerkte ich anklagend. Ich wollte nicht anklagend klingen, aber es verletzte mich zutiefst, dass er mich scheinbar fallengelassen hatte, als er das von meinem Vater erfuhr.
»Nein, ich meine damit, dass mir klar wurde, dass du deine Magie nicht wirklich unter Kontrolle hast«, entgegnete er fest. »Und wenn man dann noch deine Venom-Sucht hinzunimmt und die Tatsache, dass du schon länger keinen Freund mehr gehabt hast, na ja, das alles bedeutet wahrscheinlich, dass du nicht mehr klar denken kannst.«
Mit anderen Worten, ich hatte so lange keinen Sex gehabt, dass ich jeden anzuspringen drohte, der halbwegs bereit war.
Verfluchter Sidhe-Sexmythos. Er war die Ursache für die meisten meiner Probleme.
»Und ich wollte deine Situation nicht ausnützen«, schloss er leise.
Dann hatte Grace also recht gehabt mit ihrer Vermutung, warum er sich von mir zurückgezogen hatte. Aber dass er mich nicht hatte »ausnützen« wollen, konnte mich im Moment auch nicht gerade aufheitern.
»Natürlich war ich überrascht, als du mir von deiner Venom-Sucht erzählt hast und auch, dass dein Vater Vampir ist«, fuhr er fort. »Die Ältesten haben nie was davon erwähnt, und ich habe sie auch nicht gefragt, ob sie es wussten. Aber wie du selbst sagst: Es spielt keine Rolle: Du bist eine Sidhe, und dein Kind wird die Gene bekommen, die du ihm wünschst. Diese Wahl haben die Sidhe immer gehabt, wenn sie sich mit anderen paarten.« In seiner Wange zuckte ein Muskel. »Meine Aufgabe ist es, dich dazu zu überreden, das Kind als Satyr zur Welt kommen zu lassen. Ich dachte mir nichts dabei, denn ich nahm an, dass du Bescheid weißt. Aber als ich merkte, dass das nicht der Fall ist, habe ich mich ein wenig zurückgezogen.«
Meine Brust fühlte sich auf einmal hohl an, hohl und leer. Ich hatte nie auf ein »glücklich bis ans Lebensende« mit Finn gehofft – oder mit wem auch immer -, aber auf ein »glücklich für jetzt« schon. Doch der Fluch stellte das alles auf den Kopf. Auch ein »glücklich für jetzt« funktioniert nicht, wenn du im Hinterkopf hast, dass der Mann dich hauptsächlich deshalb gewählt hat, weil du ihm vollblütige Kinder schenken kannst, und nicht um deiner selbst willen.
Das Ganze erschien mir jetzt noch berechnender als zuvor – besonders angesichts der Tatsache, dass hinter Finns Erwerb von Spellcrackers vor allem auch das Motiv stand, mich vielleicht schwängern zu können.
Ich starrte trübe aus dem Fenster auf die dicken, schwarzen
Regenwolken, die den Oktoberhimmel verdunkelten. Dann holte ich tief Luft und versuchte, die Sache von seiner Seite aus zu betrachten. Wenn mir und meiner Familie das Aussterben drohte, würde ich wahrscheinlich auch versuchen, den Fluch irgendwie zu brechen. Und wenn es nur mich beträfe, hätte ich gar nicht so viel dagegen. Aber es ging hier um
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