Der Kalte Kuss Des Todes
Fluch meines Blutes zum Opfer gefallen, wie du selbst sehen kannst, Elizabetta.«
»Nein, das kann ich nicht.« Ihre seltsamen Pupillen zogen sich zu Stecknadelkopfgröße zusammen, was ihre Augen noch
lebloser wirken ließ. »Aber ich finde, du solltest es mir beweisen!« Sie legte einen Finger an die Lippen, als wäre ihr soeben eine Idee gekommen. Eine gute Schauspielerin war sie nicht. »Nimm deinen Aperitif jetzt gleich ein!«
»Dies ist nicht der richtige Ort dafür, Elizabetta«, wies er sie gelassen ab, und seine Hand zerdrückte fast die meine. Es tat weh, doch dann kroch mir diese künstliche Kälte durch die Adern, und der Schmerz verschwand. »Es sind zu viele Menschen hier.«
»Pah! Ich könnte ihr den Kopf abschlagen, und die Menschen würden nur das sehen, was ich will!« Sie hob kurz den Fächer vors Gesicht, und plötzlich stand da eine runzelige Alte. Die Zuschauer applaudierten. Ich blinzelte wie ein Mondkalb. Was war nun die Illusion? Das junge Mädchen oder die hässliche Alte? Ich versuchte hinzusehen , erstickte aber fast an dem Eisklumpen.
»Oder zweifelst du an meinen Kräften?« Ihr runzliges Gesicht verzog sich zu einem arroganten Grinsen.
»Nicht an deinen Kräften, Elizabetta.« Maliks Stimme war stählern. »Aber an deiner Treue zum Autarchen. Du solltest ihn lieber nicht verärgern.«
»Ich glaube, dass vielmehr deine Treue infrage steht, Malik. Ich bin schließlich nicht dabei, ihm die Sidhe heimlich vor der Nase wegzuschnappen.« Sie lachte ein klirrendes Lachen wie brechendes Glas. »Du hast doch nicht angenommen, dass wir glauben würden, Rosa hätte ohne dein Wissen einen Blutbund mit der Sidhe geschlossen, oder?« Sie schaute uns mit ihren alten, trüben, milchigen Augen über ihren Fächer hinweg an. »Eine clevere Umgehung unserer Gesetze, aber clever warst du ja schon immer. Du willst die Sidhe, aber dein Eid dem Autarchen gegenüber verbietet es dir. Was für ein Zufall, dass ausgerechnet Rosa, die Einzige von deinem verfluchten Blut, die überlebt hat, sich die Sidhe untertan macht, und wie
günstig für dich, dass sie zur Bestie wird und getötet oder gefangen gehalten werden muss – was dir wiederum die Gelegenheit gibt, sie zu einem Treueeid zu zwingen und dir all ihre Besitztümer anzueignen.«
»Deine Einschätzung meiner Person ist nicht gerade schmeichelhaft, Elizabetta.«
»Los, beiße sie. Jetzt gleich.« Sie schlug knallend den Fächer zusammen und deutete damit auf mich. Malik riss mich zurück.
» Was soll das?« , fragte ich verblüfft.
»Wenn ich dem Fluch wirklich verfallen wäre«, sagte Malik und wies auf unser aufmerksames, aber ignorantes Publikum, »würde dein Wunsch ein Blutbad verursachen. Nicht einmal du kannst das wollen, Elizabetta.«
»Entweder du beißt sie jetzt und beweist mir, dass es nicht so ist, oder ich töte euch beide und erkläre euren Tod zu einer Notmaßnahme, um die hier anwesenden Menschen zu schützen. Und wo wäre dann deine kostbare Sidhe? Vogelfrei, und jeder Vampir, den es nach ihr gelüstet, wird sie jagen. Und gelüsten tut es alle: nach der Macht ihres Bluts, nach dem Schutz, den sie sich von ihrem Sidhe-Blut versprechen. Es käme zu einer Auslese: Die Schwachen würden fallen, die Starken siegen. Und sie könnte sich nicht einmal an die Polizei der Menschen wenden, denn sie wird wegen Mordes gesucht. Auch von den Fae kann sie sich keine Hilfe erwarten; die werden froh sein, sie loszuwerden, nach allem, was sie ihnen eingebrockt hat.«
Ihre Fänge wuchsen und reichten ihr, wie bei einem Walross fast bis zum Kinn. »Ist es das, was du willst? Dass die Sidhe bei diesen Kämpfen zerrieben wird? Und der Gewinner kann sich der Gunst des Autarchen sicher sein, wenn er ihm ihr Blut anbietet. Und falls sie ein wenig mitgenommen sein sollte, spielt das für den Autarchen, soweit ich gehört habe,
keine Rolle. Wahrscheinlich wird er froh sein, wenn sie ein wenig eingeritten ist.«
» Träum weiter, du Schlampe. Das wird nie geschehen«, dachte ich erbost. » Malik, wir verschwenden bloß Zeit. Kannst du sie nicht einfach umlegen oder so was?«
» Sie ist das Oberhaupt der Golden Blades, Genevieve. Schau dir ihren Fächer mal aus den Augenwinkeln an. Tu, als ob du dir die Leute anschaust.«
Ich wandte den Kopf ab und sah zu einer Gruppe Männer, die soeben selbstbewusst den Club betrat, dann schaute ich aus den Augenwinkeln auf Elizabettas Fächer.
Es war gar kein Fächer.
Es war ein mächtiges Bronzeschwert.
Und die
Weitere Kostenlose Bücher