Der Kalte Kuss Des Todes
dachte.«
»Ich weiß, dass du hungrig bist«, antwortete ich unbehaglich, »aber du hast es vorhin im Taxi mit mir ja auch ausgehalten.«
»Das ist nicht dasselbe, Genevieve.« Sein Gesicht verfinsterte sich. »Du bist kein Futter, so wie sie -«
»Malik al Khan«, rief eine Frau, und ihre Stimme erklang direkt neben meinem Ohr, »wo ist sie, Malik? Du hast versprochen, sie heute Abend mitzubringen. Das Publikum wartet bereits. Es wird eine Verspätung nicht dulden.«
»Sie?«, fragte ich und starrte ihn misstrauisch an. »Wen meint sie?«
» Genevieve, bitte nimm meine Hand «, befahl Malik telepathisch, » sofort «, zischte er. » Hautkontakt macht es mir leichter, sie zu täuschen .«
Zögernd reichte ich ihm meine Hand. Er packte sie mit fast schmerzhaftem Griff, und plötzlich breitete sich eine eisige Kälte in mir aus, rauschte durch meine Adern und blieb mir wie ein scharfer Eisbrocken im Hals stecken. Ich schluckte mühsam. Innerlich seufzte ich. Typisch! Er wandte sich der Stimme zu und zog mich dabei unauffällig an sich. Er bog meinen Arm hinter meinen Rücken, sodass unsere Hände versteckt waren; es sah aus, als würde er mich im Arm halten – oder mir die Schulter auskugeln wollen.
Eine zierliche blonde Vampirin in einem Zwanzigerjahre-Kleid kam auf uns zu, die untere Gesichtshälfte hinter einem schwarzen Spitzenfächer verborgen. Die vielen kleinen schwarzen Jettperlen an ihrem Kleid klickten laut beim Gehen.
Das war Elizabetta, Oberhaupt des Golden-Blade-Clans.
Einige Menschen starrten sie verängstigt an, andere schreckten förmlich vor ihr zurück. Wieder andere musterten sie beinahe ehrfürchtig. Was, zum Teufel, tat sie mit ihnen?
» Sie sehen sie entweder als Medusa oder als herrlichen geflügelten Engel oder auch mit einem Tiger an der Leine«, erklärte Malik mir . »Das sind ihre Favoriten. Elizabetta hält nicht viel von Menschen, aber sie ist eine Verbündete und willens, mir heute Abend zur Seite zu stehen .«
» Du hast gehört, was ich denke?«, dachte ich und schaute ihn dabei fragend an.
» Wenn du deine Gedanken direkt auf mich richtest, ja, dann kann ich dich hören.«
Hm. Das war im Moment keine so schlechte Sache.
Malik drückte mir anstelle einer Antwort die Hand. Die zierliche Vampirin hatte uns mittlerweile erreicht und blieb vor uns stehen. Sie war sehr klein, höchstens eins fünfzig, und musste sehr jung gewesen sein, als sie die Gabe erhalten hatte, vielleicht sechzehn, siebzehn Jahre. Aber der verächtliche Ausdruck in ihren seltsam farblosen Augen verriet, dass sie jahrhundertealt sein musste. Eine unglaubliche Macht ging von ihr aus, bei der sich mein falscher Pferdeschwanz sträubte wie der Schwanz einer in die Enge getriebenen Katze.
Ich schüttelte mich, um das Gefühl loszuwerden.
»Wo ist sie, Malik?«, fragte sie erneut, und ihre Stimme vibrierte dabei in meiner Brust. Ich musste meine freie Hand zur Faust ballen, um mich davon abzuhalten, mich dort zu reiben. Verdammt, sie versuchte mich zu mesmerisieren … Ich wollte sie abblocken, aber der Eisklumpen in meinem Hals ließ das nicht zu. Dann bemerkte ich, dass sich ihr Mesmer nicht nur auf mich richtete, sondern auf die Menschen im Allgemeinen. Diejenigen, die in unserer Nähe standen, rieben sich die Brust, einige hielten sich sogar den Kopf.
» Sie mag Menschen wohl wirklich nicht besonders, was?«, dachte ich, an Malik gewandt, » ich meine, ich hab zwar gehört, dass sie gegen den ganzen Starrummel ist, aber was will sie eigentlich? Zurück ins Mittelalter? Kettenrasseln und Särge?«
» Bitte tu, als wärst du ein Mensch, und schau sie bewundernd an, Genevieve, sonst machst du es mir noch schwerer«, bat Malik drängend. »Rosa wird gleich hier sein, Elizabetta«, sagte er laut.
Aha. Old Liz war also auch auf der Suche nach Rosa. Aber wohl kaum, um einen Schwatz unter Frauen mit ihr abzuhalten.
»Das hoffe ich sehr.« Elizabetta klappte mit einem Knall ihren Fächer zusammen. »Ich mache das nur, um dir einen Gefallen zu tun. Wenn es nach mir ginge, würde ich ihr die Kehle
rausreißen. Sie hat uns schon genug Probleme gemacht, die verdorbene Schlampe. Ist mir ein Rätsel, warum du ihre Existenz unbedingt noch verlängern willst.«
Jep, keine Frauengespräche für Rosa. Ich pflasterte ein Lächeln auf mein Gesicht, fürchtete aber, dass es mehr wie das warnende Grinsen eines Kobolds wirkte.
»Rosa war schon immer schwierig, Elizabetta«, antwortete Malik ruhig. »Aber ich bin
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