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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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ständig pathologische Lügner wie du vorbeischauen.« Ich bin nicht vertrauensselig. Und bezeichne nicht alles, was nicht London ist, als »tiefste Provinz.«
    »Kaum zu glauben, oder?«, bemerkte Liv. »Ich wäre ja eher misstrauischer, wenn ich in irgendeinem Provinznest leben würde, völlig im Grünen. Ich würde mir Gedanken wegen Lastwagenfahrern machen, die Prostituierte erwürgen und ihre Leichen im Wald in der Nähe meines Hauses liegen lassen.«
    Den Rest der Geschichte konnte Charlie erraten. »Du hast die Freundin von Kat Allen gefragt, ob sie Feuerwehrkostüme hat.«
    »Als ich sie das fragte, dachte ich: Du bist ja verrückt, Zailer, reiß dich zusammen. Aber ich hatte Recht.«
    Da war er, der schmerzliche Satz, gegen den Charlie sich die ganze Zeit gewappnet hatte. Ihre Schwester hatte Recht.
    »Sie führt zwei Feuerwehruniformen. Ich fragte sie, ob eine von ihnen im November 2008 verliehen wurde, teilte ihr das Datum des Brandes bei Sharon Len …«
    »Jo Utting«, sagte Charlie schnell. Sie wollte auch Recht haben. Am liebsten mehr als ihre Schwester. Wenn das überhaupt möglich war.
    Liv nickte. »Johannah Utting hat eins der Kostüme ausgeliehen. Sie hat es vier Tage vor dem Brand abgeholt, bei dem Sharon Lendrim gestorben ist. Ich wollte mich gerade bedanken und auflegen, bevor noch irgendwas schiefgehen würde, aber da sagte sie: ›Wie seltsam.‹ Ich fragte sie, was sie damit meinte, und sie sagte: ›Ich erinnere mich an sie. Korkenzieherlocken, blond, hübsch. Hat sie Kat umgebracht?‹ Dann begann sie zu weinen. Es war furchtbar. Ich wusste nicht, was ich machen sollte.«
    »Warum wird Literaturkritikern bloß nicht beigebracht, wie man mit der Trauer der Angehörigen nach einem brutalen Mord umgeht?«, sinnierte Charlie laut. »Da muss sich dringend was ändern.«
    »Ach, halt die Klappe, Char. Willst du es nun wissen oder nicht?«
    Ich will nur, dass du nichts weißt. Gar nichts. Nur eins solltest du wissen, wo dein Platz ist.
    Liv interpretierte das Schweigen als Zustimmung. »Einige Minuten lang war es echt peinlich. Ich habe versucht, sie aufzumuntern – also, nicht aufzumuntern, aber du weißt schon, was ich meine – und gleichzeitig zu kapieren, was da abging. Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, war: Wie zum Teufel kommt es, dass sie sich an eine Frau erinnert, die vor zwei Jahren ein Feuerwehrkostüm ausgeliehen hat? Vorausgesetzt, sie hat eine normale Anzahl an Kunden.«
    »Und wie kam es?«
    »Kat Allen war auch da. In dem Kostümverleih. Zur gleichen Zeit wie Johannah Utting, vier Tage vor dem Tod von Sharon Lendrim. Sie kannten sich. Sie haben sich kurz unterhalten. Kats beste Freundin hat das ganze Gespräch mitangehört. Sie erinnert sich deutlich, dass Kat sich darüber freute, Jo zu sehen, und dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.«
    Es war zu viel. Zu viele Informationen, die sie auf einmal aufnehmen musste, zu viel Glück, das Liv unverdientermaßen in den Schoß gefallen war. Kein Wunder, dass sie nicht wollte, dass Gibbs etwas davon erfuhr. Er hätte ja nur noch seinen Beruf aufgeben und anfangen können, zu tischlern oder Steinmauern zu setzen. Jedenfalls hätte Charlie an seiner Stelle so empfunden. »Jo war nicht erfreut darüber, Kat zu sehen?«, fragte sie.
    »Nicht im Mindesten. Offenbar war sie geschockt. Sie sagte: ›Was tun Sie denn hier?‹, als wäre Kat unbefugt dort eingedrungen. Sie erholte sich schnell und knipste ihren Charme an, aber weder Kat noch ihre Freundin verstanden, warum sie so reagiert hatte. Jo wusste, dass Kats Eltern in Pulham Market lebten und der Kostümverleih einer engen Freundin von ihr gehörte – warum sollte sie nicht dort sein? Jo war diejenige, die nicht in der Nähe wohnte und auch noch nie in dem Laden gewesen war. Kat hingegen war Stammkundin.«
    »Augenblick, warte mal.« Charlie bekam Angst, als ungestellte und unbeantwortete Fragen in ihrem Kopf um die beste Position rangen. »Woher weißt du, dass Jo wusste, dass Kats Eltern in Pulham Market leben?«
    Liv dachte nach. »Das hat Kats Freundin gesagt. Sie hat Kat zitiert. Sie hat mir erzählt, was Kat zu ihr gesagt hat, nachdem Johannah Utting den Laden verlassen hatte.«
    »Und was?«
    »›Dämliche Pute, sie sah aus, als hätte sie einen Geist gesehen. Gott weiß warum, sie weiß doch, dass meine Familie direkt um die Ecke wohnt.‹ Nicht wortwörtlich, aber …«
    »Hat die falsche DS Sam Kat Allens Eltern angerufen?«, fragte Charlie. »Und sie

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