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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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wo ist der Schlüssel, und warum wurde im Gästehandbuch betont, dass es einen verschlossenen Raum gab, in dem Gäste nichts zu suchen hatten? Es war freundlicher formuliert: »Nutzen Sie gerne das ganze Haus und die gesamten Gartenanlagen, abgesehen von unserem privaten Arbeitszimmer, das wir verschlossen halten.« Es hatte Charlie sofort gegen diese Frau eingenommen, der sie nie begegnet war. »Arbeitszimmer« für sich genommen wäre okay gewesen, aber »privates Arbeitszimmer«, das klang arrogant und überheblich. Charlie hatte an sämtlichen Stellen nachgesehen, die ihr einfielen, und mehrere Schlüssel gefunden, aber keiner passte.
    Es klingelte wieder. »Komme!«, rief sie, obwohl sie immer noch so weit von der Tür entfernt war, dass keiner sie hören konnte. »Ich komme ja schon!« Als sie aus dem Wintergarten zur Hintertür lief, fragte sie sich, wie viele Leute hier wohl aufgaben und unverrichteter Dinge wieder abzogen. In ihrem kleinen Reihenhaus in Spilling war das kaum ein Problem, aber in Little Orchard waren die Aussichten gering, dass man es bis zur Tür schaffte, bevor die Person, die geklingelt hatte, an Altersschwäche gestorben war. Heute Abend würde die Todesursache vermutlich Unterkühlung sein. Charlies Fahrt nach Surrey war abenteuerlich gewesen. Für Simon würde es vermutlich noch schwieriger werden. Sie hatte ihn per SMS gebeten, es lieber nicht zu riskieren, im Radio hätten sie davor gewarnt, irgendwelche längeren Autofahrten zu unternehmen. Simons Antwort bestand aus vier Worten: »Die meinen nicht mich.«
    Berechtigter Einwand, hatte Charlie einräumen müssen. Niemand, der Simon nicht persönlich kannte, meinte ihn, wenn er über Menschen im Allgemeinen sprach. Er war eben anders, so wenig ein Durchschnittstyp, wie man nur sein konnte.
    Es war gut, dass er kam, sogar in Begleitung von Amber, obwohl Charlie ihn sehr gern für sich allein gehabt hätte und sie nicht begriff, warum Amber mitkommen musste. Sie betete, das Schneetreiben möge nachlassen. Das hätte ihr gerade noch gefehlt. Simon, der ihr simste, er stecke in einem Schneesturm auf der M25 fest, vermutlich für die nächsten elf Stunden. Allein in einem kalten Auto mit Amber Hewerdine als einziger Gesellschaft.
    Amber war keineswegs umwerfend attraktiv, aber sie hatte etwas – einen seltsamen Reiz, sogar für Charlie.
    Es klingelte zum dritten Mal, länger und beharrlicher, als Charlie durch die Küche lief. Sie stöhnte, als sie die Tür öffnete und Olivia erblickte. »Was zum Teufel machst du denn hier?«
    »Was für ein erstaunliches Haus!« Liv starrte zu den erleuchteten Fenstern hinauf. Nach ihrem Eintreffen hatte Charlie erst einmal überall Licht gemacht. »Allerdings sollte eine Hintertür keine Klingel haben«, fuhr Liv fort. »Klingeln sind etwas für Vordertüren. Wenn man eine ständige Hintertür-Politik betreibt, sollte sie lauten: Ausschließlich Klopfen, alles andere ist nicht Sinn der Sache. Kann ich reinkommen, idealerweise jetzt gleich? Es schneit.«
    »Ist mir auch aufgefallen.« Charlie trat zur Seite und ließ die Invasion zu. Sie ärgerte sich, als sie merkte, dass sie sich nach dem ersten Schock über die Gesellschaft ihrer Schwester freute. »Wie bist du hergekommen? Du hättest nicht fahren sollen.«
    »Wie hätte ich denn sonst herkommen sollen? Das liegt ja am Arsch der Welt. Und du bist doch auch gefahren. Dein Auto steht vor der Tür.« Den Tonfall kannte Charlie nur zu gut aus der gemeinsamen Kindheit: Du hast es zuerst gemacht . »Ich hoffe, es sind ausreichend Betten bezogen. Ich will verdammt sein, wenn ich heute noch nach London zurückfahre«, bemerkte Liv.
    »Ausreichend? Ein Bett reicht dir nicht? Oder hast du vor, nachts die Zimmer zu wechseln, wie du es tätest, wenn Männer drin lägen?«
    Jetzt ist Liv die Schlampe, dachte sie. Nicht mehr ich. Ich bin die treue Ehefrau.
    »Natürlich nicht. Ich meinte nur … Ich weiß, dass Simon noch kommt. Nach allem, was ich weiß, könnten auch noch mehr Leute kommen.«
    »Liv, das ist keine Hausparty.« Oder doch? Charlie hatte keine Ahnung. Sie hoffte, es würde ihr gelingen, weiter so zu tun, als wüsste sie, was vorging, bis es Realität geworden war.
    »Wie viele Schlafzimmer gibt es?« Liv verrenkte den Hals, um in den Flur zu spähen. »Führst du mich durchs Haus?«
    »Nein«, fuhr Charlie sie an. »Du kannst mir sagen, wie du mich gefunden hast und zu welchem Zweck.«
    »Willst du mir denn gar nichts zu trinken

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