Der kalte Schlaf
gewesen, im Namen der Verpflichtung gegenüber der Familie ihre Lebensqualität zu opfern. Das erklärte sie Jo, und Jo konnte sehen, dass es ihr voller Ernst war. Deshalb hat sie versucht, Ambers Haus niederzubrennen, während Amber, Luke und die beiden kleinen Mädchen sich darin befanden.«
»Und?«, fragte die Anwältin. Sie versuchte, nicht zu zeigen, wie neugierig sie war. Sie hört sich an wie Charlie.
»Jo und Amber hatten nie zuvor darüber gesprochen, ob Amber bereit gewesen wäre, Quentin bei sich aufzunehmen«, sagte Simon. »Dazu bestand auch keine Notwendigkeit, da Amber und Luke genug mit ihrem Familienzuwachs zu tun hatten und damit, Dinah und Nonie in ihrer Trauer beizustehen. Keiner wäre auf die Idee gekommen, von ihnen zu verlangen, auch noch Lukes Vater bei sich aufzunehmen. Jo und Neil boten sich an, das zu tun. Es war die offensichtliche Lösung, ihre Familie war stabiler. Ihr Haus ist klein, aber die Kinder waren gern bereit, sich ein Zimmer zu teilen, als Jo ihnen erklärte, dass es um ihren Großvater gehe. Sie hätten das große Haus in Surrey verkaufen können – Neil hat es vorgeschlagen, wie er mir gestern erzählte –, aber Jo wollte kein größeres Haus. Es war ihr wichtig, dass man sah, dass sie keinen Platz hatte und dass sie die volle Last der Pflege ihres Schwiegervaters zu tragen hatte.«
Simon wandte sich an Jo, deren Verhalten sich nicht verändert hatte. Ihre Augen waren immer noch geschlossen. »Das Komische ist, ich weiß nicht, ob ich ohne die Hilfe Ihres Sohnes darauf gekommen wäre«, teilte er ihr mit. »William hat uns sehr geholfen, auf ganz unerwartete Weise. Er erinnerte sich an die Herbstferien und daran, dass Sie in der alten Getreidebörse in Spilling jemandem einen Besuch abgestattet haben – Sie wollten mit einer Frau sprechen, die dort wohnte. Er erinnert sich, dass er mit Barney im Wohnzimmer zurückgelassen wurde. Seine Mutter hatte den Fernseher angestellt und dann die Tür geschlossen, damit der Lärm Sie und die Frau nicht bei ihrem Gespräch störte.«
Simon hielt inne, um sich zu sammeln. Am liebsten hätte er sie angebrüllt. Welche Mutter nimmt ihre beiden Kinder mit, wenn sie vorhat, jemanden zu ermorden? Es hätte nichts geändert. Jo würde nicht reagieren, und ihre Anwältin würde jeden Respekt vor ihm verlieren. Er kannte die Antwort. Eine Frau, die ihre Söhne mitnahm und sie im Nebenzimmer ließ, während sie mordete, war eine extrem intelligente Täterin. Sabina war der einzige Mensch, der wusste, dass Jo an dem Tag, an dem Kat Allen getötet wurde, nicht in Ambers Verkehrserziehungskurs gewesen war. Selbst Neil wusste es nicht. Er hätte es missbilligt. Wenn Jo das Gesetz brechen wollte, um Amber zu helfen, war das ihr Bier, aber er hätte es für falsch gehalten, das Risiko auf Sabina abzuwälzen. Sabina würde vermutlich von dem Mord in Spilling erfahren, das wusste Jo. Sie wusste aber auch, dass Sabina sie keine Sekunde lang verdächtigen würde. Und zwar nicht nur deshalb, weil Leute, die wir persönlich kennen, die wir mögen und denen wir vertrauen, niemals die Bösen sind, sondern auch, weil Jo mit ihren beiden Söhnen unterwegs gewesen war. Simon konnte fast hören, wie Jo zu Sabina sagte: Es wird allerhöchste Zeit, dass wir mal wieder etwas Schönes zusammen unternehmen, ich und die Jungs, dass wir mal aus diesem überfüllten Haus rauskommen, weg von Quentin. Du wirst es auch viel besser hinbekommen als ich, dich für Amber auszugeben. Du bist viel mutiger als ich. Ich würde nur Angst bekommen und alles verraten . Das Gegenteil der Wahrheit.
»Wir haben William ein Foto von Kat Allen gezeigt«, sagte er zu Jo. »Er hat sie als die Frau identifiziert, der Sie einen Besuch abgestattet haben. Er sagte, sie sei erfreut und überrascht gewesen, als Sie alle unangekündigt vor ihrer Tür standen. Er hat uns auch erzählt, dass Sie Kat vor einem Monat in der Stadt getroffen haben, ganz zufällig, als er und Barney dabei waren. Was hat Kat zu Ihnen gesagt? ›In letzter Zeit laufen wir uns ja ständig über den Weg‹? Erwähnte sie dabei auch Ihre letzte zufällige Begegnung in Pulham Market, bei der Sie ein Feuerwehrkostüm ausgeliehen hatten? William erinnert sich, dass Kat erzählte, dass sie an eine andere Schule wechseln wollte – an Barneys Schule. Das war der Auslöser, stimmt’s? An diesem Tag beschlossen Sie, dass Kat Allen bestraft werden musste, weil sie zu viel wusste, weil sie Ihnen zu nahe kam.«
Jo gab einen kaum
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