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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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herausfinden, ganz detailliert, wie verraten Sergeant Zailer sich fühlt, ihre Gründe dafür und wie gut sie darin ist, ihren Groll zu pflegen. Unter anderem. Vielleicht würden wir sogar etwas über Sie erfahren, Waterhouse.«
    »Ich werde jetzt Amber Hewerdine vernehmen.« Simon war schon halb aus dem Raum, als er Prousts Stimme hinter sich hörte. »Aber nicht unbeaufsichtigt. Ich begleite Sie.«
    »Sie?« Simon blieb stehen. Drehte sich um. »Sie wollen einen Zeugen vernehmen?«
    »Nein. Ihre Zeugin ist mir absolut gleichgültig. Von der werde ich nichts Nützliches erfahren.« Betont nachlässig ließ Proust das Notizbuch auf den Tisch fallen. »Ich will Sie beobachten, während Sie eine Zeugenvernehmung durchführen, Waterhouse. Wissen Sie, was ich wirklich gern tun würde? Ich würde mir gern die Videoaufzeichnungen all Ihrer Vernehmungen ansehen: die frustrierenden Vernehmungen, die langweiligen, die halbherzigen, bei denen Sie nur ganz mechanisch vorgehen. Nostalgie ist schon immer eine Schwäche von mir gewesen, und heute überkommen mich beim Gedanken an Ihre Laufbahn als Ermittler nostalgische Gefühle. Was meinen Sie, geben Sie uns allen eine letzte Probe Ihres überragenden Könnens, indem Sie herausfinden, warum das so sein könnte?«
*
    »Das ist ein Foto von Katharine bei ihrer Abschlussfeier«, sagte Gibbs zu der verärgerten Frau, die ihm gegenübersaß. Sie befanden sich in einem kleinen Vernehmungsraum mit vanillegelben Wänden und einem Fenster, das den Blick auf einen von Neonlicht beleuchteten Innenflur freigab – ein kranker Witz. Ihre Abneigung ihm gegenüber war derart greifbar, dass er klaustrophobische Gefühle entwickelte. Oder war es seine Abneigung ihr gegenüber? Er konnte sie nicht ausstehen, seit sie ihm befohlen hatte, sich als Staubwedel-Vertreter auszugeben, wegen ihrer Kinder. Staubwedel-Vertreter, meine Fresse. Warum sollte sich irgendjemand mit etwas so Dämlichem seinen Lebensunterhalt verdienen? »Katharine wurde am zweiten November in ihrer Wohnung in Spilling ermordet. Sie war sechsundzwanzig.«
    »Wie oft wollen Sie mir das noch erzählen?« Amber Hewerdine richtete ihre grauen Augen auf ihn wie eine Waffe. »Mittlerweile weiß ich alles über sie, was man über sie wissen kann. Sie war sechsundzwanzig, Grundschullehrerin, unverheiratet, lebte allein, ist in Norfolk aufgewachsen …«
    »In dem Dorf Pulham Market«, steuerte Gibbs eine neue Information bei.
    »Ah. Das ändert natürlich alles.« Ambers Stimme war voller Sarkasmus. »Katharine Allen aus Pulham Market? Die Katharine Allen? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Die Katharine Allen kenne ich seit Jahren. Als Sie fragten, ob der Name mir irgendwas sagt, nahm ich natürlich an, Sie meinten eine Katharine Allen, die nicht aus Pulham Market in Norfolk stammt.«
    »Je mehr ich Ihnen über sie erzähle, wie irrelevant es auch scheinen mag, desto eher finden wir eine Verbindung zwischen Ihnen beiden«, sagte Gibbs.
    »Ich frage Sie zum vierundzwanzigsten Mal: Warum sind Sie so sicher, dass es eine gibt?«
    »Kennen Sie die alte Getreidebörse, die zu Wohnungen ausgebaut wurde? Katharine hatte eine davon. Eine Wohnung über zwei Ebenen – oberster Stock und der darunter. Ihr Schlafzimmer befand sich unter dem Kuppeldach.« Gibbs legte die Füße auf den Tisch. »Ich weiß ja nicht, ob ich gern mitten im Stadtzentrum wohnen würde«, sinnierte er. »Könnte laut sein.«
    »Bezweifle ich. Werden nicht in ganz Spilling, Silsford und den Dörfern dazwischen um neun die Bürgersteige hochgeklappt? Oder ist das nur ein Gerücht, das wir Einwohner von Rawndesley in Umlauf gebracht haben?«
    »Ich erwähne Katharines Schlafzimmer, weil sie dort getötet wurde. Zahlreiche Schläge auf den Hinterkopf. Damit.« Gibbs schob ein anderes Foto über den Tisch.
    Amber, die merkte, dass eine Reaktion von ihr erwartet wurde, sagte trocken: »Das ist eine Metallstange.«
    »Katharine hat sie benutzt, um ihr Schlafzimmerfenster zu öffnen und zu schließen. Es lag so hoch oben, dass sie sonst nicht herankam. Die Stange hing an einem Haken an der Wand.«
    Amber unterdrückte ein Gähnen, und ihre Augen schlossen sich für eine Sekunde.
    »Tut mir leid, wenn ich Sie langweile.« Gibbs schob ihr ein neues Foto hin, eins, das er ihr bislang vorenthalten hatte. »Jemand nahm die Stange vom Haken, und als Katharine der Person den Rücken zukehrte, trat diese hinter sie und schlug damit auf sie ein. Bestialisch. So sah Katharines Kopf

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