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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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sich nicht durch Kommunikation klären ließe. Richtig?« Waterhouse hockte sich auf die Tischkante, womit er Amber die Sicht auf Gibbs nahm und umgekehrt.
    »Das hängt von den Umständen ab«, sagte sie. »Wenn es um Informationsaustausch zwischen zwei Leuten geht, die sich nicht kennen, dann ja. Wenn es um etwas kompliziertes Emotionales geht, ist es manchmal besser, nicht zu effektiv zu kommunizieren, damit man niemanden verletzt. Aber das trifft ja hier nicht zu. Wenn ich dadurch herausfinde, was zum Teufel hier vorgeht, bringe ich DC Gibbs gern aus der Fassung, und ich bin sicher, umgekehrt empfindet er genauso.«
    »Also versuchen wir’s auf Ihre Weise«, erklärte Waterhouse.
    Er würde doch nicht etwa …? Doch. Er hatte bereits angefangen. Mit Genuss nahm Gibbs Prousts Gesichtsausdruck zur Kenntnis, als Waterhouse Amber Hewerdine auf den neuesten Stand brachte, als wäre sie eine neue Kollegin bei der Kripo. Das war doch verrückt. Selbst wenn er zweifelsfrei wusste, dass sie mit dem Mord an Katharine Allen nichts zu tun hatte … Er musste absolutes Vertrauen in ihre Unschuld haben, erkannte Gibbs, sonst würde er das nicht tun. Vermutlich hat er ganz unerwartet ein Vermögen geerbt, oder sein Fluchtauto wartet draußen. Sonst würde er das nicht in Prousts Gegenwart tun.
    »Bis heute hatten wir keinerlei Hinweise. Gar nichts«, sagte er gerade zu Amber. »Niemand hat etwas gesehen. Die kriminaltechnischen Untersuchungen haben nichts erbracht. Wir haben in jedem Winkel von Katharines Leben herumgestochert und sind keinen Schritt weitergekommen. Ihre Freunde, Kollegen und Bekannten konnten wir entweder ausschließen, oder es gibt keinerlei Grund zu der Annahme, einer von ihnen könnte ihr etwas antun wollen. Sie war eine ganz normale, gesetzestreue junge Frau, und nichts in ihrem Privatleben oder in ihrem beruflichen Umfeld deutet auf ein Motiv hin. In einer solchen Lage beginnen Ermittler zu verzweifeln – sie klammern sich an alles, das irgendwie ungewöhnlich erscheint, weil sie nicht zugeben wollen, dass sie mit leeren Händen dastehen. Wir haben uns auf das einzige Detail gestürzt, das eine Frage aufwirft. In Katharines Wohnzimmer haben wir den Abdruck von drei Wörtern auf einem linierten A4-Notizblock gefunden: Lieb – Grausam – Liebgrausam.«
    »Einen Abdruck? Also nicht die geschriebenen Worte? Jemand hat es geschrieben und dann den Zettel abgerissen?« Sie war schnell von Begriff, das musste Gibbs zugeben. Vielleicht sollte sie zur Kripo gehen. Sie konnte seinen Job haben, nachdem Proust ihn gefeuert hatte.
    Waterhouse stand auf und wandte sich an Gibbs. »Hast du die Fotos?«, fragte er.
    Gibbs fand sie und schob sie über den Tisch.
    Amber starrte fast eine Minute lang auf die Fotos und schob sich dabei die Haare hinter die Ohren. Nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen schien sie diese Bilder beunruhigender zu finden als die Fotos von Katharine Allens eingeschlagenem Schädel. »Ich verstehe nicht«, sagte sie. »Woher wussten Sie … hat die Frau, in deren Notizbuch ich geschaut habe, die Polizei gerufen, und Sie haben dann die Verbindung hergestellt?« Etwas blitzte in ihren Augen auf, eine Mischung aus Ungeduld und Überlegenheit. »Sie sollten mit ihr reden.«
    Gibbs hörte den stummen Nachsatz, auch wenn sonst niemand ihn hörte: ihr Deppen . Genüsslich sagte er: »Sie ist bei der Polizei. Sergeant Charlotte Zailer.«
    »Diese Wörter auf verschiedenstes Papier zu schreiben und darauf zu starren ist unser kollektives neues Hobby.« Waterhouse übernahm. »Wir hoffen, dass uns doch noch etwas einfallen wird. Bislang vergebens. Wir haben sie nicht so schnell hierhergebracht, weil Sie diese Wörter in Sergeant Zailers Notizbuch gesehen haben. Sondern weil Sie sie unmöglich dort gesehen haben können, auch wenn Sie das glauben.«
    »Ich habe sie gesehen«, beharrte Amber. »Als ich in ihr Auto einbrach.«
    »Ja, zu dem Zeitpunkt schon. Aber Sie haben Sergeant Zailer gefragt, ob Sie diese Wörter schon früher in ihrem Notizbuch gesehen haben könnten, um fünfzehn Uhr. Richtig?«
    Amber nickte.
    »Und das konnten Sie nicht«, erklärte Waterhouse. »Wahrscheinlich haben Sie die Worte ›Lieb‹ und ›Grausam‹ gesehen, aber das war auch schon alles, was Sergeant Zailer zu diesem Zeitpunkt geschrieben hatte – dann sind Sie aufgetaucht. Sergeant Zailer sprach kurz mit Ihnen, dann gingen Sie in Ginny Saxons Praxis. Später schlug Sergeant Zailer ihr Notizbuch auf dieser Seite wieder

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