Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
Vom Netzwerk:
in seinem Schatten verbirgt und uns weder Visionen noch verschlossene Zimmer beschert. Wer braucht schon mehr Schmerz und Leid in seinem Leben?
    Sie müssen die Fragen angehen, vor denen Sie sich am meisten scheuen, Amber – eine nach der anderen. Nur so können Sie die unergründlichen Geheimnisse in Ihrem Leben zum Verschwinden bringen.
    Fangen wir mit einer einfachen Frage an. Woher wussten Sie, dass auf Jos und Neils Bett in Little Orchard eine Heizdecke lag? Und dass die Schubläden in Hilarys und Kirstys Ankleidezimmer mit Papier ausgelegt waren oder dass in Pams und Quentins Badezimmer eine Schale mit Baumwoll-Wattebäuschchen stand?
    Muss ich fortfahren? Ein Loch in einem Baumstamm im Garten, eine graue Plastik-Besteckschublade in einer der Einbauküchenelemente in der Garage? Katharine Allen war 2003 noch am Leben, und Sie litten nicht unter Schlaflosigkeit. Sie hatten keine Ahnung, dass Sie eines Tages eine Hypnotherapeutin aufsuchen würden, die Sie auffordern würde, jeden Zentimeter von Little Orchard in Ihrem Gedächtnis durchzugehen, um nach einem Blatt DIN-A4-Papier zu suchen, das sich als wichtig für die Ermittlungen in einem Mordfall erweisen könnte.
    Sie haben sich diese Details nicht ausgedacht, oder? Das waren echte Erinnerungen, lebhafte Erinnerungen. Wenn Sie das leugnen sollten, würde ich Ihnen nicht glauben. Ich konnte die Konzentration auf Ihrem Gesicht sehen und wie viel es Ihnen bedeutete, alle Einzelheiten richtig zu erfassen.
    Sie haben sich daran erinnert, wie Sie schon einmal Haus und Garten durchsucht haben.
    Wonach haben Sie gesucht?

4
    1. 12. 2010
    Sam Kombothekra war in Prousts Büro, saß an einem Schreibtisch und auf einem Stuhl, der ihm nicht gehörte. Das hatte er noch nie getan, nicht einmal, wenn Proust unter Garantie nicht kommen würde. Bis zu dem Augenblick, als er vorhin die Klinke herunterdrückte, hatte Sam nicht einmal gewusst, dass der Schneemann die Angewohnheit hatte, sein kleines Glaskabuff nicht abzuschließen – es war eine Frage, die er sich nie gestellt hatte. Es sei denn, es war gar keine Angewohnheit. Vielleicht war der gestrige Tag für Proust so stressig gewesen, dass er vergessen hatte abzuschließen, aber Sam bezweifelte das. Wahrscheinlicher war, dass Proust davon ausging, er brauche nicht abzuschließen – die Angst, die er im Laufe der Jahre allen eingeflößt hatte, würde ausreichen, jeden fernzuhalten.
    Auf dem Schreibtisch stand der neue »Bester Opa der Welt«-Becher von Sams Vorgesetztem: rot, weiße Schrift, mit dem Bild eines alten Mannes mit ulkigen Zähnen und rosa Nase. Wollte der Hersteller des Bechers damit andeuten, dass alle Opas Alkoholiker sind, oder zumindest die lustigen Opas? Der Becher war größer und hässlicher als das Vorgängermodell, mit dem der Schneemann vor ein paar Jahren nach dem Kopf von Simon Waterhouse geworfen hatte. Simon war ausgewichen, und der Becher war gegen einen Aktenschrank geprallt und zerbrochen. Sam hätte wetten können, dass Proust sich diesen Ersatzbecher selbst gekauft hatte. Seine Enkel waren alle über vierzehn und mussten ihn also mittlerweile zwangsläufig hassen.
    Sam verfolgte, wie Gibbs den Kriporaum betrat und ungläubig durch die Glasscheibe in Prousts Büro glotzte, wo sein Sergeant saß. Ja, ich bin am falschen Ort, dachte Sam. Ich bin seit langer Zeit am falschen Ort. Ab morgen würde alles anders werden. Gibbs und Simon würden ihren Job los sein, und Sam würde seine Kündigung einreichen. Was würde Colin Sellers machen? Sam hatte das Gefühl, Sellers kaum noch zu kennen – seit dem Ende seiner außerehelichen Beziehung zu Suki war er geheimniskrämerisch und verschlossen. Sam war der Frau nie begegnet, aber er hatte Fotos von ihr gesehen und wünschte, das wäre nicht geschehen. Es konnte es kaum fassen, dass jemand auf den Gedanken kommen konnte, solche Fotos zu machen und sie dann auch noch im Kollegenkreis herumzuzeigen. Sams Frau Kate hatte kommentiert, dass Sellers es offenbar verkehrt herum anging: Während er seine Frau betrog, war er rückhaltlos offen gewesen und hatte vor jedem, der es hören wollte, mit seiner langjährigen Affäre geprahlt, und nun, nachdem alles vorbei war und er nichts mehr zu verbergen hatte – jedenfalls soweit Sam wusste –, gab er sich plötzlich reserviert und zugeknöpft.
    Gibbs kam herein, ohne anzuklopfen. »Es gibt da etwas, das Sie wissen müssen, vorausgesetzt, wir gehen der Amber-Hewerdine-Spur nach.«
    »Das tun wir«, sagte Sam. Er

Weitere Kostenlose Bücher