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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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auf der Nase herumtanzt – alle würden es erfahren. Ich würde den Respekt jedes Einzelnen hier im Präsidium verlieren, bis hinunter zum Kantinenpersonal und den Reinigungskräften.«
    »Der Schock wäre vielleicht nicht ganz so schlimm wie erwartet«, murmelte Simon. Mit den Beleidigungen konnte er umgehen. Aber nicht damit, vom Schneemann zu hören, dass er ihn nicht verlieren wollte.
    Das hat er gar nicht gesagt. Hör auf, Dinge zu hören, die er nicht sagt.
    »Es geht hier nicht um den Schock!« Proust knallte seinen Becher auf das Fensterbrett und rieb sich die Schläfen, seine Fingerspitzen waren ganz weiß. Simon schaute zu und leitete aus seiner Körpersprache ab, dass sich der Inspector um irgendetwas Sorgen machte. »Es geht um meinen eigenen Job, den ich gern behalten würde, verflixt! Es geht darum, genug Grips zu haben, um zu erkennen, dass einer meiner Ermittler von einem Geheimtipp zu einer echten Belastung mutiert. Und es geht darum, den Mut zu haben, das auch deutlich auszusprechen.«
    »Sie haben nie gesagt, dass ich ein Geheimtipp bin.«
    »Es hätte sowieso irgendwann nicht mehr gestimmt, vielleicht sogar kurz danach, deshalb habe ich mir die Mühe erspart. Hören Sie mir zu, Waterhouse. Ich möchte mich setzen.« Bat der Inspector um Erlaubnis? War er sich bewusst, dass Simon jünger und stärker war? Etwas in seinem Tonfall deutete darauf hin.
    Das ist keine offene Aussprache, sagte Simon sich und versuchte, sein wachsendes Unbehagen zu ignorieren. Das ist ein Kündigungsgespräch.
    Sie tauschten die Plätze. Simon hoffte, dass sie zu ihrer »normalen« Interaktion zurückkehren würden, sobald Proust sich gesetzt hatte. Dann erkannte er, wie bizarr diese Hoffnung war, und er dachte sich, dass es vielleicht wirklich am besten für ihn war, wenn er von hier wegkam, solange er noch halbwegs bei Verstand war.
    »Schauen Sie sich doch mal selber an: Sie merken nichts von Ihrem eigenen Verfall«, verkündete Proust von seinem bequemen Schreibtischstuhl aus. Sollte Simon auf einen Angriff gewartet haben, den er aus voller Überzeugung abwehren konnte, dann war es jetzt so weit. Es schien ihm, dass er sein ganzes Leben damit zugebracht hatte, Zeuge seines eigenen Verfalls zu werden, im Wissen darum, dass seine inneren Reserven aufgezehrt wurden und es nichts gab, was er tun konnte, um den Prozess aufzuhalten.
    »Außer Ihrem Beruf haben Sie nichts, was Ihrem Leben Sinn geben könnte – buchstäblich nichts –, und doch setzen sie leichtfertig Ihre Karriere aufs Spiel und glauben, dass Ihnen der Verlust nichts ausmachen würde. Und wozu das alles? Für den Spaß, vor ein paar Kumpels unhöflich zu mir zu sein? Sie hätten das erwünschte Resultat auch erzielen können, ohne Risiko für sich selbst, wenn Sie Sergeant Zailers Informationen an DS Kombothekra weitergegeben hätten. Irgendwann wären Sie auch so mit Ms Hewerdine in einem Vernehmungsraum …«
    »Jemand hat heute Nacht Hewerdines Haus angezündet«, unterbrach Simon ihn. »Wenn ich den Dienstweg eingehalten hätte, würden wir sie immer noch überprüfen.«
    »Ich hatte Sie gebeten, mich nicht zu unterbrechen.«
    »Wenn Amber nicht ihren Mann und die beiden kleinen Mädchen rechtzeitig rausbekommen hätte …«
    »Hat sie aber.«
    »… könnte sie inzwischen tot sein, bevor ich Gelegenheit hatte, sie zu befragen.«
    Proust kniff die Augen zusammen. »Und sobald jemand von Ihnen befragt worden ist, kann er gerne sterben – wollten Sie das damit ausdrücken?« Er schüttelte den Kopf und legte die Hände zusammen. »Warum mache ich mir überhaupt die Mühe, Waterhouse? Können Sie mir das verraten? Sie wissen doch so viel. Warum sagen Sie mir nicht, warum ich mir die Mühe mache, Ihnen helfen zu wollen?«
    »Es steht Ihnen frei, jederzeit damit aufzuhören«, sagte Simon.
    »Sperren Sie die Ohren auf, und schalten Sie Ihr Gehirn ein!«, brüllte der Schneemann und schnellte aus seinem Sitz hoch, als hätte ihn jemand von unten geschubst. »Sie haben Amber Hewerdine eine Vorzugsbehandlung angedeihen lassen. Warum? Ohne jeden vernünftigen Grund gehen Sie davon aus, dass sie Katharine Allen nicht getötet hat, obwohl sie der einzige Mensch ist, den wir mit dem Tatort in Verbindung bringen können, wenn auch nur indirekt. Hewerdine ist alles, was wir haben! Sie beharren darauf, dass ihr Alibi stichfest ist, obwohl kein Teilnehmer dieses verflixten Kurses sich an ihr Gesicht erinnern kann! Sie sagen, wir sollten ihr vertrauen, obwohl Sie

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