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Der Kalte

Der Kalte

Titel: Der Kalte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Schindel
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Doktor Wenger. «
    Er legte den Text weg, verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Viel gibt der Hochroitzpointner nicht her, dachte er. Hätt lieber den Flint gemacht, künftig möcht ich eher den Flint. Der Gruber spielt ihn viel zu mechanisch. Er ereifert sich aus immer demselben Saft und immer auf die gleiche Art. Da könnt doch er den Hochroitzpointner geben, da wär es eh egal.
    Karl ging ins Bad, zog sich an und lief die Stiegen hinunter, eilte zum Naschmarkt. Als er beim Sauerkrautstand vorbeikam, hinter dem zwei riesige blonde Männer das Sauerkraut aus dem Bottich herausstachen, auf die Papiere schmissen und einwickelten, sah er seinen Vater im Gespräch mit einem ihm unbekannten Mann in der Schlange zum Sauerkraut stehen. Unwillkürlich ließ Karl sich von Passanten abdecken, schlich hinter ein Standl und lugte von dort hervor. Sein Vater redete auf den Mann ein, der sah ihn, obwohl er größer war, wie von unten beflissen an und nickte ständig. Sie kauften Sauerkraut und gingen Richtung Verkehrsbüro. Karl folgte ihnen. Edmund und sein Begleiter schlugen den Weg zum Heumarkt ein, bogen von dort in eine kleine Gasse. Diese bildete nach dreißig Metern ein scharfes Eck; hinter diesem waren die beiden verschwunden. Karl schlich ihnen nach und sah, dass sie auf die Fenster eines Hauses hochblickten. Der Hagere schien dem Vater etwas zu zeigen. Kurz entschlossen ging Karl auf sie zu.
    »Servus, Vater«, sagte er. Edmund sah ihn an.
    »Das ist mein Sohn, Karl«, sagte er und gab ihm die Hand.
    »Rosinger«, sagte der andere und deutete eine Verbeugung an.
    »Ich muss ins Akademietheater«, sagte Karl nach einem Moment des Schweigens. »Auf Wiederschauen.«
    Und Karl ging die Gasse weiter, spürte die Blicke in seinem Rücken, drehte sich nicht um.
    »Ihr Sohn, der Schauspieler?«, sagte Rosinger.
    »Ja, der Schauspieler. Gehen Sie hinein. Ich warte hier.«
    Rosinger überquerte die Gasse und verschwand im Haustor. Als er zurückkam, hob er beide Schultern und ließ sie fallen.
    »Sein Name steht an keiner Tür.«
    »Ich danke Ihnen. Wo müssen Sie jetzt hin?«
    »Ich glaube, ich gehe nach Hause.«
    »Da haben wir verschiedene Richtungen. Also, grüß Sie.«
    Und Edmund ging denselben Weg, den sein Sohn genommen hatte. Rosinger aber blieb noch eine Weile stehen. Schließlich holte er einen Ausweis aus seiner Tasche und ging zum Hausbesorger vom Achterhaus der Ölzeltgasse.
    12.
    Judith Zischka stand vor der kleinen Villa in der Billrothstraße und sagte ihren Namen in die Gegensprechanlage, wurde eingelassen und von Felix Dauendin in dessen Studio geführt. Auf dem Weg dorthin begegnete ihr Astrid von Gehlen, die Frauen gaben sich die Hand, Astrid rief Dauendin ein »Bis später« hinterher. Im Studio angekommen, bot Dauendin einen Whisky an. Judith schüttelte den Kopf, er stellte die Flasche zurück.
    »Was anderes?«
    »Nein, nichts, danke. Aber trinken Sie ruhig.«
    »Allein mag ich nicht.«
    »Na gut, einen kleinen.«
    Dauendin schenkte ein, setzte sich ihr gegenüber, tat sein linkes Bein über das rechte.
    »Freut mich«, sagte er, »dass Sie anlässlich des Bernhardi ein Porträt machen. Ist mir ohnehin lieber als zum Fünfzigsten. Wäre mir peinlich gewesen, überhaupt in Verbindung mit Kalle Bonkers Tod, Sie wissen doch.«
    »Ich war dabei.«
    »Geburtstage hat ein jeder. Und was sind das schon für Gründe? Dass man noch nicht umgekippt ist?«
    Judith holte das Tonbandgerät heraus und wollte es alsogleich einschalten.
    »Warten Sie, Frau Zischka. Ich rede noch en passant. War sehr unangenehm, ich habe jetzt noch Zustände vorm Einschlafen. Es fällt einem ja nicht alle Tage ein Kollege vor die Füße. Der gute Kalle, weiß Gott, verdammt noch mal.«
    Dauendin war aufgestanden und ging im Studio herum.
    »Jaja, Sie waren dabei, allerdings. Aber jetzt gehts mir bestens. Anlässlich dieser herrlichen Rolle ehren wir bei diesem Porträt auch Schnitzler, den ich liebe und verehre, seit ich zwanzig bin. Anatol damals, du liebe Güte, nein, nein, schalten Sie nicht ein, ich rede en passant.«
    »Das ist aber interessant«, sagte Judith und stellte das Gerät in Positur. »Es wird übrigens noch eine Fotografin kommen.«
    »Sie lassen eine beliebige Fotografin auf mich los?«
    »Felicitas Vandenbeck.«
    »Ach so.«
    Noch während Dauendin den Namen der Fotografin vernahm, begann er etwas mit seinen Schultern zu kreisen, straffte sich und schlaffte ab, spannte an.
    »Sie geben den Bernhardi zum ersten

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