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Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. West
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ausreichen.

30. GETRENNTE WEGE
    Tatsächlich legten sich die Naturgewalten über Nacht, sodass die Halblinge und die beiden Elfen noch vor dem Morgengrauen ihre Reise fortsetzen konnten. Immer höher stiegen sie hinauf in die Berge, durchquerten einen lichten Wald von Nadelbäumen, der bald schon Felsen und vereinzelten Bäumen und Büschen wich. Die Sonne schien den Gefährten angenehm warm auf die Schultern.
    Mittags fanden sie einen Pass, einen schmalen Einschnitt im Fels, der über die Bergkette hinwegführte. Oben angekommen blieb Bronn plötzlich stehen und sah zurück.
    »Was hast du?«, fragte Enna den alten Halbling und hielt ebenfalls an.
    Bronn runzelte die Stirn. »Bronn Sternenfaust und die Suravan-Berge«, murmelte er. »Eine seltsame Geschichte. Seit dem ersten Moment, in dem ich von diesem Gebiet erfahren habe, hat es mich fasziniert. Verglichen mit all der Zeit, die seither vergangen ist, ist es nur ein Lidschlag gewesen, den ich hier im Norden dieses Landstriches zugebracht habe.« Bronn schüttelte ungläubig den Kopf. »Und nun bin ich froh, endlich dieses Land verlassen zu können.«
    »Wir alle sind das«, sagte eine sanfte Stimme hinter ihnen. Enna drehte sich um und blickte in Alvendorahs blaue Augen. »Manchmal muss man sehr viele Schritte gehen, oft sogar ein ganzes Leben lang reisen, bis man zu einer einzigen Erkenntnis gelangt.«
    Bronn nickte bedächtig. »So wie es dem Steinmetz ergeht. Auch er muss unzählige Schläge tun, um am Ende eine einzige Statue vorzufinden.«
    »Dennoch war jeder einzelne Schlag nötig«, fügte Alvendorah hinzu.
    Enna gefiel dieser Vergleich. Sie hob entschlossen den Kopf und wandte dem Gebiet, welches von den Suravan-Bergen umschlossen wurde, den Rücken zu. In diesem Augenblick fühlte sie sich ihrer Heimat einen bedeutenden Schritt näher. Schon lief sie los, folgte Gwendalon und Jorim, der ihr bereits zuwinkte.
    Seite an Seite machten sie sich an den Abstieg, und eine zunehmende Aufregung breitete sich in Enna aus, die sie bald auch in den Gesichtern von Jorim und Bronn sehen konnte. Was passierte gerade in Westendtal? Würde es ihnen gelingen, ihr Land noch zu retten? Jede Menge Fragen gingen ihr durch den Kopf, und es bedurfte keiner Worte, um zu wissen, dass ihr Bruder und Bronn denselben Gedanken nachhingen.
    Am heutigen Tage schafften sie den Abstieg nicht mehr. Zwar erreichten sie die unteren Nordhänge der Suravan-Berge, da sie auch noch im Zwielicht weiterwanderten, doch als sie jenen Wald betraten, in dem Enna vor einigen Tagen Yrm getroffen hatte, mussten sie rasten. Zu dunkel war es unter den Bäumen, und das beständige Knarren dieses Waldes klang bedrohlich in der Finsternis.
    Bei Sonnenaufgang setzten die Gefährten ihre Reise fort, und gegen Mittag gab sie der Wald endlich frei. Links von ihnen bohrte sich der Aratol in den blauen Himmel, vor ihnen breitete sich eine zu Arbor gehörende Ebene aus. Noch immer lagen leichte Nebelschleier über dem hohen Gras.
    Gwendalon blieb plötzlich stehen und wandte sich mit besorgter Miene Alvendorah zu.
    »Es ist Zeit zu entscheiden, Alvendorah. Mein Weg muss mich hier nach Eren-Danan und über die geheimen Pfade der Himmelsklippen nach Eren-Umdil führen. Und Ihr solltet mich begleiten.«
    Enna sah, wie sich feine Sorgenfalten auf dem Gesicht der Elfe bildeten. Unentschlossen blickte sie zwischen Gwendalon und den Halblingen hin und her. Schließlich schüttelte sie den Kopf.
    »Ich kann sie nicht zurücklassen«, sagte sie leise. »Das Halblingsvolk hat weder den Schutz der Drachen noch eine eigene Armee. Es ist seinen Feinden hilflos ausgeliefert.«
    Gwendalon sog hörbar die Luft ein und stieß sie mit einem enttäuschten Seufzer wieder aus.
    »Alvendorah, ich flehe Euch an. Bleibt an meiner Seite, wo Ihr sicher seid.«
    »Traust du mir so wenig zu?«, fragte Alvendorah leise und trat nun direkt vor ihren Gefährten, dessen helles Haar sein enttäuscht aussehendes Gesicht umrahmte. »Oder ist es etwas anderes, das dich bewegt?« Die Elfe legte ihre schmale Hand auf Gwendalons Schulter.
    Überrascht blickte er darauf. »Ich denke, Ihr wisst, was mich bewegt«, erwiderte er. »Es ist, als ob jemand einen Stein in den stillen Teich meiner inneren Ruhe geworfen hätte.«
    Fasziniert beobachtete Enna die beiden. Es war eine rührende Szene, denn offensichtlich bestand zwischen ihnen eine unausgesprochene, doch nichtsdestotrotz intensive Verbindung. Selbst Jorim hielt die Luft an, während Bronn ein

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