Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
dunkelblauen Himmel. »Jedenfalls war es kein Gewitter.«
»Die Halblinge?« Moydana sah sie fragend an.
»Möglich«, erwiderte Zervana. Auch wenn sie sich kaum vorstellen konnte, dass dieses kleine Volk einen solchen Lärm verursachen konnte, wuchs doch das Misstrauen in ihr.
»Schickt Späher! Sie sollen unsere Marschroute auskundschaften.«
Moydana nickte ergeben, dann machte sie sich auf, um fähige Erinyen auszusenden.
Donnernd rollte die Felslawine den Hang hinunter, riss alles mit sich, was sich ihr in den Weg stellte. Staub wurde aufgewirbelt und hüllte das Gestein immer dichter ein, während es zu Tal raste. Tausendfach, wie es schien, hallte das Getöse von den umliegenden Bergwänden wider und steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Fast hätte man denken können, eine ungeheure Macht würde die Schroffen Berge aus ihrer Verankerung reißen.
Der Halbling mit den wilden Locken, die eigentlich schwarz waren, doch nun wegen des Staubs an das greise Haupt eines betagten Helden erinnerten, schüttelte den Kopf.
»Noch nie wurde von Halblingshand so viel Lärm und Zerstörung verursacht.«
»Westendtal wurde auch noch nie von einer solchen Armee bedroht, Elvor«, erwiderte Toram Otterschreck und klemmte sich zum wiederholten Mal diese eine widerspenstige rote Locke hinter sein Ohr. »Vielleicht können wir die Pläne der Erinyen und Ghule doch durchkreuzen.«
Elvor hörte ihn kaum, denn ihm klangen noch immer Bronns Worte in den Ohren: Haltet sie auf!
Und genau das hatte er auch vor.
»Eine schöne Barrikade. Gegen diese Felsmassen werden weder ihre Fackeln noch ihre Geißeln etwas ausrichten können«, freute sich auch Tipplin Zündfuß. »Diese Steinchen werden die Biester sicher eine Weile aufhalten.« Das laute Lachen des Halblings mit den verschrumpelten Füßen riss Elvor nun endgültig aus seinen Gedanken.
Zusammen traten die drei einige Schritte nach vorn und spähten hinunter ins Tal. Die Vergessenen Täler waren ein weitläufiges Gebiet im Südosten von Westendtal, umrahmt von den Schroffen Bergen, die den größten Teil der Halblingsheimat umschlossen. Unzählige kleine und große Täler und Schluchten wanden sich zwischen den Bergen dahin, die wenigsten von ihnen führten jedoch an ein Ziel. Meist endeten sie vor steil aufragenden Felswänden mit rauschenden Wasserfällen. Keine gute Wahl also, um eine Armee, die dreißigtausend zählte, hindurchzuführen. Tatsächlich gab es nur einen einzigen Weg, der einer solchen Anzahl ausreichend Platz bot. Und dieser Weg führte genau durch jenes Tal, über dem die drei Halblinge nun standen und das sie mit der gigantischen Gerölllawine unpassierbar gemacht hatten. Das zumindest hofften sie.
Allmählich legte sich der Staub. Deutlich konnte man nun gewaltige Felsen erkennen, die sich übereinander auftürmten; manche von ihnen waren sogar geborsten und bildeten scharfkantiges Gestein. Dieser Anblick bot sich ihnen über die ganze Breite des Tales hinweg.
Elvor nickte zufrieden. Während ihrer Heimreise waren er und seine Gefährten genau an diesem Ort vorbeigekommen. Diese Stelle hier lag nämlich weiter südöstlich, nicht allzu weit vom Nordwestufer des Grenzsees entfernt. Die Hänge waren mit losem Geröll übersät. Allerdings waren sie sich nicht sicher gewesen, ob es ihnen auch wirklich gelänge, hier eine Lawine abzusetzen. Anstatt abzuwarten, bis die Erinyen-Armee hier war und der Versuch vielleicht misslang, hatte Elvor deshalb darauf bestanden, es gleich auszuprobieren. Lieber die unreife Frucht im Bauch, als die verdorbene am Baum, lautete ein alter Halblingsspruch.
»Es wird sie Tage kosten, darüber hinwegzuklettern oder sich einen anderen Weg zu suchen«, stellte Elvor stolz fest.
»Vielleicht haben wir Glück und müssen die Gerölllawine im Nordwesten gar nicht zu Tal gehen lassen«, meinte Toram.
»Warum nicht?«, fragte Tipplin und kratzte sich nachdenklich die Stirn. »Die Vorbereitung war eine ganz schöne Plackerei. Halb Westendtal hat daran mitgearbeitet. Ich fände es schade, wenn das alles umsonst gewesen wäre.«
Tipplin stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. An jener Stelle nämlich, die Nespur ihnen damals bei ihrer Abreise gezeigt hatte, hatten die Halblinge Steinhaufen aufgeschichtet und mit Netzen und dicken Tauen gesichert. Durchtrennte man diese, würde jeder, der sich unten im Tal befand, unweigerlich erschlagen werden.
»Ich weiß«, entgegnete Toram. »Ich hab ja selbst mitgeholfen.
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