Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
gefährden.«
»Ich hatte keine andere Wahl. Zudem weiß ich, dass Ihr ihn nicht ausstehen konntet.«
»Nicht ausstehen?«, fiel Zervana ihm ins Wort. »Ich verabscheute diesen Ghul so abgrundtief, dass ich mit meinem Hass jede Erinyen-Fackel tausend Leben lang nähren könnte.«
Zervana schnaubte. Hanafehl war für sie eine minderwertige Kreatur gewesen, deren Tod sie herbeigesehnt hatte, aber für ihre Pläne war er unentbehrlich gewesen. Missmutig schaute sie sich um. Immer mehr Erinyen und Ghule kamen herbei.
Natürlich konnte sie den Ghulen jetzt nicht offenbaren, dass ihr Anführer durch die Hand eines Erinya getötet worden war. So würde sie nur einen Aufstand riskieren. Es brauchte also einen neuen Plan. Vielleicht könnte sie ja die Ghule dazu bringen, einen neuen Anführer zu wählen, einen, der sich ihr gegenüber als gefügiger erwies. So könnte sie Hanafehls frühzeitigen Tod zu ihren Gunsten ausnutzen.
Doch zunächst gierte Zervana danach, den Kopf des Ghuls in ihren eigenen Händen zu halten. Eine kaum zu bezwingende Erregung durchfuhr sie, und es reizte sie umso mehr, dass sie warten musste. So fuhr sie nun mit den Fingern über Yoraks markante Gesichtszüge. »Mein treuer Wächter. Wie gerne hätte ich dem Kampf beigewohnt.«
Yorak verbeugte sich, seine Augen blieben jedoch auf Zervana gerichtet. Etwas flackerte darin auf, was sie nicht zuordnen konnte. War es Begierde?
»Ich könnte Euch davon berichten, während sich die Armee neu formiert«, sagte er. »Zudem solltet Ihr darüber nachdenken, was Ihr mit den führerlosen Ghulen machen wollt. Nicht weit von hier habe ich eine Höhle entdeckt. Dort können wir uns beraten.«
Kurz dachte Zervana nach, dann nickte sie und wandte sich einigen Erinyen zu. Wenigstens hatten Randora, Myrdin und Senmarda, drei der Heerführerinnen, überlebt.
»Versammelt die Überlebenden! Wir werden die Nacht hier verbringen.« Zervana sah hinauf in die Dunkelheit. »Zumindest sollte an dieser Stelle keine Lawine mehr abgehen. Ich werde mich mit Yorak«, sie warf dem Erinya einen Blick zu, »… beraten. Wenn wir zurückkehren, möchte ich wissen, wie viele Fackeln noch für mich brennen und wie es um die Ghule steht.«
Zervana wollte sich schon abwenden. »Die Ghule werden unruhig«, sagte da Myrdin, eine rothaarige Erinya. »Ihr Anführer ist noch nicht aufgetaucht.«
»Dann beruhigt sie«, herrschte Zervana sie an. Die Fackelträgerinnen verneigten sich, doch die Usurpatorin hatte sich bereits wieder Yorak zugewandt.
»Ich hoffe, das Ei ist unversehrt«, sagte sie mit leiser, zischender Stimme.
»Es ist in sicheren Händen«, entgegnete Yorak. Sein Blick wanderte für einen kurzen Moment zu dem in den Halblingsumhang gewickelten Gegenstand.
»Führ mich zur Höhle. Ich will es sehen.«
Zervana folgte Yorak einen leichten Abhang hinauf. Sie konnte ihre Ungeduld kaum noch bezwingen, und so war sie voller Anspannung und mehr als erregt, als er anhielt und auf einen Spalt im Fels deutete, aus dem ein Lichtschimmer nach draußen fiel.
»Hier sind wir ungestört, Herrin.«
Wie es ihrem Wesen entsprach, blieb Zervana wachsam. Eine Hand lag an der Geißel, die andere zog ihre Fackel. Sogleich leuchteten die Flammen auf und erhellten eine großzügige Höhle, in der zu Zervanas Überraschung bereits ein kleines Feuer brannte. Auf einem flachen Felsblock in der Mitte, bizarr beleuchtet von den flackernden Flammen, war ein Kopf aufgebahrt.
»Hanafehl«, flüsterte Zervana. Sie ging hinein und betrachtete das Haar des Ghuls, das einst weiß gewesen und nun von geronnenem Blut schwarz gefärbt war. Getrocknetes Blut befleckte auf groteske Weise auch sein Gesicht, der Schädel wies eine klaffende Öffnung auf. Laut und boshaft lachte Zervana, als sie die verdutzt aufgerissenen Augen des Ghuls sah.
»Welch absonderliche Darbietung, Yorak«, schnurrte sie, ohne sich umzudrehen. »Du weißt, was das Blut einer Erinya in Wallung versetzt.«
»Ich kenne Euch gut«, sagte er hinter ihr.
Zervana steckte Fackel und Geißel in ihre Halfter, nahm den Kopf des Ghuls in die Hände, hob ihn in die Höhe und zischte dann: »Da siehst du, was es dir gebracht hat, eine Erinya zu betrügen.«
Yorak legte indes das Bündel auf den Felsblock, wo sich eben noch der Kopf des Ghuls befunden hatte, dann trat er so dicht an Zervana heran, dass sein Atem ihre Wange streifte.
»Habe ich mir nicht eine Belohnung verdient?«
Zuerst der tote Hanafehl, nun Yoraks sinnlicher Körper so
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