Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. West
Vom Netzwerk:
Nicht jetzt, nicht heute. Dieser Trunk bietet einen gewissen Schutz vor den Erinyen.«
    Es schien ihm ernst zu sein. Nespur zögerte kurz, dann ergriff er wortlos die Flasche und nahm einen kräftigen Schluck. Kurz blähten sich die Wangen des Fährtenlesers bedrohlich auf, und Jorim glaubte schon, er würde Elgos Gesöff wieder ausspucken, doch dann schluckte er es herunter und reichte Jorim die Flasche. Auch dieser, den nun eine gewisse Neugier plagte, nahm die Flasche entgegen und trank. Noch nie zuvor hatte er eine derart heftige Explosion von frischer Borke auf seiner Zunge verspürt, noch nie ein solch starkes Gebräu gekostet. Jorim schluckte den Borkenschnaps hinunter, und schon jetzt ahnte er, dass er dessen Weg durch seine Innereien aufs Genaueste würde verfolgen können.
    »Belebend, nicht wahr?« Elgo sah ihn abwartend und gleichermaßen stolz an.
    »Der weckt Tote auf«, pflichtete Jorim ihm bei, und Elgo grinste noch breiter.
    Sie setzten ihren Weg fort, und als sie um einen Felsen herumbogen, entdeckten sie schließlich die Erinyen. Als hätten sie sich nie gerührt, standen sie noch immer so vor der Mine wie in der letzten Nacht. Nun jedoch kam Bewegung in die Wesen. Ihre verhüllten Gesichter wandten sich den Halblingen zu, und eine von ihnen schritt den Neuankömmlingen entgegen. Kurz verschwamm die Gestalt, was Jorim dem Alkohol zuschrieb. Er blinzelte und blickte zu der Erinya auf.
    »Es muss einen besonderen Grund geben, wenn ihr uns gegenübertretet«, sagte die Erinya so leise, dass man ihre Worte kaum vom Säuseln des Windes unterscheiden konnte. »Ihr wisst doch sicher, dass euch ein rascher Tod erwartet.«
    Die Erinya sah von oben herab, das Gesicht noch immer unter der Kapuze verborgen.
    »Den Grund gibt es fürwahr«, entgegnete Nespur.
    »Dann sprich, und tu es rasch.« Die Erinya strich sich die Kapuze zurück. Eine Flut von roten Haaren ergoss sich über ihre schmalen Schultern, umschmeichelte ihr zartes Gesicht und brachte stechend grüne Augen mit einer Intensität zur Geltung, wie sie ihresgleichen suchte. Jorim bekam nicht mit, wie ihm der Unterkiefer herunterklappte – doch den Schock, der ihn durchlief, als die Erinya ihn ansah, bemerkte er sehr wohl. Er torkelte einen Schritt zurück, denn die eben offenbarte Schönheit der Erinya war plötzlich einer unaussprechlichen Hässlichkeit gewichen. Es war Jorim ein Rätsel, wie dies sein konnte, wie Liebreiz und Wohlgestalt sich von einem Lidschlag zum anderen in einen grauenvollen Schrecken verwandeln konnten.
    Die grünen Augen, gerade noch leuchtend wie Westendtals weite Auen, waren nun vom Schatten der Bosheit überzogen, wirkten dunkel und düster, die feine, helle Haut sah aus wie verwelkt, und das rote Haar, eben noch eine leuchtende Pracht, erweckte nun den Anschein flammender Verderbnis, in der Jorim jeden Augenblick verbrennen würde. Kälte legte sich um sein Herz, drückte zu, hinderte es am Schlagen. Nur das Brennen von Elgos Borkentrunk in seinen Gedärmen schien seine Sinne beisammenzuhalten – und unter diesen Umständen erschien ihm das nicht einmal absurd.
    Auch Elgo und Nespur wichen unwillkürlich zurück, doch der alte Fährtenleser fing sich rasch und straffte die Schultern.
    Die Erinya kniff verwundert die Augen zusammen, doch lauschte sie, als Fährtenauge sprach.
    »Wir waren in Arboron und dort haben wir in Erfahrung gebracht, dass es hier Arbeit für uns geben soll. Arbeit mit reichlicher Entlohnung. Aus diesem Grund sind wir hier.«
    »Was ist es, das euch aufrecht stehen lässt?«, zischelte die Erinya, ohne auf Nespurs Worte einzugehen. Stattdessen schritt sie vor den dreien auf und ab. »Ist es eure Größe? Seid ihr so klein, dass ihr euch nicht mehr beugen könnt? Selbst die Großen und Starken kriechen, wenn sie meinem Blick begegnen. Also, was ist es, das euch stehen bleiben lässt?«
    Fast schon wirkte sie ein wenig gereizt, ja verärgert über die Standfestigkeit der Halblinge.
    »Es ist die Angst, die uns erstarren lässt«, warf Jorim ein und wusste sehr wohl, dass seine Erklärung durchaus einen Funken Wahrheit besaß. »Wir werden dann nahezu unbeweglich.«
    Elgo nickte zustimmend, und die Erinya runzelte kurz die Stirn. »Ist das so?« Blitzschnell zuckte ihr Arm nach vorn, und eine kalte, knochige Hand legte sich an Jorims Wange.
    »Ein ansehnliches Gesicht für einen Halbhohen.« Sie bog seinen Kopf ein wenig zur Seite und musterte ihn. »Ein gleichmäßiges Profil«, sagte sie leise,

Weitere Kostenlose Bücher