Der Kampf der Insekten
Vorderende des rechten Schwimmers verfangen hatte. Die Kapsel drehte sich langsam um sich selbst; jede zufällige Strömung, die sie erfaßte, ließ sie in dieser oder der anderen Richtung herumschwingen. Die Bewegungen entbehrten nicht einer gewissen Majestät; sie waren wie ein feierlich-gemessener Tanz zum Rhythmus des Flusses.
»Was rieche ich?« fragte sie.
Joao schnupperte. Kerosin … Schweißgeruch ungewaschener Körper … Moder … Er wußte sofort, daß es der Modergeruch war, der ihre Frage ausgelöst hatte.
»Das ist Modergeruch«, sagte er. »Fäulnis und Schimmel. In dieser feuchten Hitze geht das schnell.«
Sie blickte in der Kabine umher, sah das glatte, beigefarbene Plastikmaterial der Innenverkleidung, das verchromte Metall der Instrumente.
Moder und Fäulnis, dachte sie.
Der Dschungel hatte bereits einen Brückenkopf hier drinnen.
»Wir stehen direkt vor der Regenzeit, nicht wahr?« sagte sie. »Was wird das bedeuten?«
»Schwierigkeiten«, sagte er. »Hochwasser. Reißende Strömung. Entwurzelte Bäume.«
Chen Lu erwachte und setzte sich aufrecht. »Ich glaube, wir sollten etwas essen«, erklärte er. »Wer möchte eine Ration?«
Als hätte Joaos Magen auf das Stichwort gewartet, meldete er sich plötzlich mit gierigem Hunger. Joaos Hände zitterten; sein Mund brannte vor Durst.
»Gute Idee«, sagte er. »Aber zuerst einen Schluck Wasser.«
Chen Lu reichte die Feldflasche nach vorn. Es gluckste, als Joao sie nahm. Er schraubte sie auf und hielt sie Rhin vor die Nase, aber sie schüttelte ihren Kopf, überwältigt von einem unerklärlichen Ekel. Sie hörte Joao trinken, und das Geräusch verursachte ihr Übelkeit. Wie gierig er trank! Sie wandte sich weg, unfähig, ihn anzusehen.
Joao gab die Feldflasche zurück und empfing eine abgepackte Feldration von Chen Lu.
»Ich – ich glaube, ich möchte auch eine«, sagte Rhin.:
Chen Lu gab sie ihr, und sie aßen schweigend.
Nun fühlte sie Durst – und war überrascht, als Chen Lu ihr die Feldflasche gab, bevor sie es über sich brachte, darum zu bitten. Nun wurde ihr klar, daß er sie beobachtete und sich ihrer Emotionen bewußt war, daß er viele von ihren Gedanken sah. Es war eine beunruhigende Entdeckung. Er kannte also ihre Schwäche, ihre Unfähigkeit, sich selbst zu disziplinieren. Sie trank, ohne auf den schalen Geschmack zu achten, und stieß Chen Lu die leere Feldflasche hin.
Er lächelte.
»Wenn sie nicht auf dem Dach oder unter den Tragflächen sind, wo wir sie nicht sehen können«, sagte Joao, »haben unsere Freunde uns verlassen.«
»Ich habe es bemerkt«, sagte Chen Lu.
Die Sonne hatte sich über die Baumwipfel erhoben, und ihr Licht lag gleißend auf dem Wasser. Joao blickte beide Ufer entlang, so weit er sehen konnte.
Keine Bewegung von Leben.
Kein Geräusch.
»Es wird ein höllisch heißer Tag werden, hier in der Kapsel«, sagte Rhin.
Joao nickte. Er kletterte mit steifen Bewegungen aus seinem Sitz, stieg in den rückwärtigen Teil der Kabine und öffnete die Verriegelung des Durchstiegs.
»Wohin gehen Sie?« wollte Rhin wissen. Sie errötete nachträglich über ihre Frage.
Chen Lu schmunzelte.
Sie fühlte einen unvernünftigen Haß auf ihn, selbst als er die Wirkung seiner Reaktion abzuschwächen suchte und sagte: »Wir müssen lernen, daß auch die offenen Umgangsformen des Westens ihre blinden Stellen haben, Rhin.«
Der Spott war noch immer in seiner Stimme, und sie hörte ihn heraus und wandte sich mit einem wütenden Ruck nach vorn.
Joao öffnete die Tür einen Spalt und untersuchte die Gummidichtungen innen und außen. Er beobachtete die Rückwand, die etwas darüber hinausragenden Enden der Schwimmkörper. Keine Insekten.
Er kletterte hinaus auf den rechten Schwimmer und schloß die Tür.
Sobald sie das Schmatzen der Gummidichtungen hörte, fuhr Rhin herum und fauchte: »Sie sind unerträglich!«
»Aber ich bitte Sie, Doktor Kelly.«
»Doktor Kelly! Kommen Sie mir nicht mit diesem professionellen Schmus! Sie sind trotzdem unerträglich!«
Er mußte lächeln, als er sah, daß ihr die Ironie entgangen war. Sie wollte wieder auffahren, aber er hob beschwichtigend seine Hände. »Regen Sie sich nicht auf, Rhin. Ihre Nerven sind angegriffen, und so reagieren Sie unnötig gereizt.« Er senkte seine Stimme. »Oder empfinden Sie meine Anwesenheit als störend, weil Sie sich von unserem stattlichen Reisegefährten angezogen fühlen? Ich gebe zu, daß ich eine armselige Alternative zu seiner robusten
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