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Der Kampf der Insekten

Der Kampf der Insekten

Titel: Der Kampf der Insekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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brauchte Schonung, wenn sie nicht zu einer ständigen Belastung werden sollte.
    Ich könnte es mir eingebildet haben, dachte Chen Lu. Nur der Mond als Beleuchtung, ein langer, heißer Tag, zu wenig Schlaf – Punkte vor den Augen. Nichts Ungewöhnliches dabei.
    Der Fluß hatte sich verengt. Schwarze Wände von überhängenden Bäumen standen rechts und links. An einigen Stellen berührten die Wipfel einander und bildeten ein lückenhaftes Laubdach.
    »Joao, schalten Sie für ein paar Sekunden die Scheinwerfer ein«, sagte Chen Lu.
    »Warum?«
    »Sie werden uns sehen, wenn wir es tun«, sagte Rhin.
    Sie hörte die bebende Hysterie in ihrer Stimme und war schockiert. Ich bin Entomologin, sagte sie sich. Was immer es hier gibt, es sind Variationen vertrauter Formen und Arten.
    Aber diese Überlegung hatte nichts Tröstliches für sie. Sie war das Opfer einer primitiven und abergläubischen Furcht, einer Angst, die Instinkte geweckt hatte, gegen die der Verstand nichts vermochte.
    »Täuschen wir uns nicht«, sagte Chen Lu, und er versuchte leise und ohne Unruhe zu sprechen. »Wer diesen schlagartigen Überfall auf unsere Freunde gemacht hat›weiß sehr gut, wo wir sind. Ich möchte das Licht nur, um einen Verdacht bestätigt zu sehen.«
    »Werden wir verfolgt, eh?« sagte Joao. Er schaltete die Scheinwerfer ein. Die plötzlich aufstrahlenden Lichtkegel bohrten einen langen Tunnel durch die Schwärze, der mit flatternden, hin und her schießenden Insekten erfüllt war.
    Die Strömung schwang sie um eine Flußbiegung. Die Scheinwerfer erfaßten das Ufer, bloßliegende Wurzeln, die sich in rotbraune Lehmböschungen krallten, glitten über einen halb ins Wasser gestürzten Baum und spiegelten sich in einem kalten grünen Augenpaar dicht über der Oberfläche.
    Joao schaltete das Licht aus.
    In der plötzlichen Schwärze hörten sie das vielstimmige hohe Summen von Insekten und die metallischen Glockentöne von Flußfröschen. Dann kam wie ein verspäteter Kommentar das hustende Bellen und Schnattern eines aufgescheuchten Trupps roter Affen vom rechten Ufer.
    Joao fühlte, daß die Anwesenheit der Frösche und Affen eine Bedeutung hatte, die er verstehen sollte. Aber sie blieb ihm verborgen.
    Der Fluß verbreiterte sich zu einer silbrigen Bahn, und er konnte im Mondlicht Fledermäuse sehen, die in zuckendem Hin und Her Insekten jagten und gelegentlich die glatte Oberfläche entlangstreiften, um zu trinken.
    »Sie folgen uns«, sagte Rhin. »Beobachten, warten …«
    Fledermäuse, Affen, Frösche, alle leben mit dem Fluß und von ihm, dachte Joao. Aber Rhin sagte, der Fluß enthalte Gifte und Insektizidrückstände, die einen Menschen krank machen konnten. Hatte sie übertrieben? Oder hatte es einen Grund gegeben, darüber zu lügen?
    Er beobachtete ihr Gesicht in der matten Spiegelung von Mondlicht, die von der Wasserfläche in die Kabine drang, gewann aber nur den Eindruck einer hageren, gespannten Maske von mumienhafter Starre.
    »Ich denke, wir sind sicher«, sagte Chen Lu, »solange wir die Kabine verschlossen halten und unsere Luft durch den Filter der Klimaanlage holen. Aber wie lange werden die Batterien den Ventilator betreiben können? Und die Scheinwerfer?«
    »Bei Tageslicht werden wir die Belüftung ausschalten und aufmachen«, sagte Joao. »Dann können wir sehen, was um uns ist, und unsere Sprühgewehre einsetzen, sollte es notwendig werden.«
    Rhin preßte ihre Lippen zusammen, damit sie nicht so zitterten. Sie legte ihren Kopf gegen die Nackenstütze zurück und blickte durch den streifenartigen Glaseinsatz im Dach zum Himmel auf. Eine Wildnis von Sternen überflutete die Schwärze dort oben, und als sie ihren Blick senkte, konnte sie die Sterne immer noch sehen – ein zittriges Schimmern von schwachen Lichtpunkten auf der glatten Wasseroberfläche. Auf einmal erfüllte sie die Nacht mit einer Empfindung ungeheurer Einsamkeit, die sie niederdrückte und zwischen den Dschungelwänden des Flusses gefangenhielt.
    Die Nacht war voll von den Gerüchen des Urwalds, die der Belüftungsfilter nicht zurückhalten konnte. Die Luft kam feucht und schwer, beladen mit lockenden, betäubenden und abstoßenden Düften.
    In ihrer Einbildung nahm die Welt außerhalb der treibenden Kapsel eine bewußte Bosheit an. Sie fühlte, daß dort draußen in der Nacht etwas war – eine denkende Einheit, die sie ohne einen Moment des Zögerns verschlingen konnte. Der Eindruck von Realität, den ihre überreizte Phantasie diesem Bild

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