Der Kampf des Geisterjaegers
sehen und hören, was ihn im Geringsten misstrauisch machen würde.«
»Wir werden natürlich niemanden der Hexerei anklagen«, erklärte Pater Stocks, zog ein Stück Papier aus seiner Soutane und hielt es hoch. »Für Master Nowell wird es um Raub und Entführung gehen. Ich habe hier die Berichte zweier Augenzeugen, die gesehen haben, wie dein Bruder und seine Familie durch Goldshaw Booth zum Malkin-Turm gebracht wurden. Ich habe die Berichte gestern geschrieben und sie unterschreiben lassen. Wie ihr seht, ist nicht jeder in diesem Teufelsdreieck mit den Hexen im Bunde oder fürchtet um seine eigene Haut. Aber ich habe versprechen müssen, dass sie anonym bleiben. Andernfalls wäre ihr Leben keinen Pfifferling mehr wert. Doch es wird ausreichen, um Nowell zum Handeln zu bewegen.«
Ich war mit dem Vorschlag nicht ganz einverstanden.
Auch der Spook hatte Einwände gehabt. Aber irgendetwas mussten wir tun und etwas Besseres fiel mir auch nicht ein.
Pater Stocks’ Haus hatte im oberen Stockwerk vier Zimmer, sodass er drei Gäste unterbringen konnte. Wir schliefen ein paar Stunden und standen bei Tagesanbruch auf. Nach einem kurzen Frühstück mit kaltem Hammelfleisch blieb Alice mit dem Spook zurück, während ich den Priester nach Süden begleitete. Diesmal nahmen wir den westlichen Weg und ließen den Pendle auf unserer linken Seite liegen.
»Read liegt südlich von Sabden, Tom«, erklärte der Priester, »aber auch wenn wir nach Bareleigh wollten, würde ich hier entlanggehen. Es ist sicherer. Du hast Glück gehabt, dass du gestern heil durch das Tal gekommen bist ...«
Ich reiste ohne meinen Mantel und meinen Stab, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich war das hier nicht nur Hexengebiet, sondern Master Nowell glaubte nicht an Hexerei. Daher würde er auch nicht viel für Spooks und ihre Lehrlinge übrighaben. Ich nahm auch keinerlei Waffen mit, um mich gegen die Dunkelheit wehren zu können, sondern vertraute darauf, dass mich Pater Stocks vor Sonnenuntergang sicher nach Read und wieder zurück bringen würde. Außerdem würden wir auf der sichereren Seite des Berges laufen, wie er mir versichert hatte.
Nach etwa einer Stunde rasteten wir und löschten unseren Durst mit dem kalten Wasser eines Flusses. Nachdem wir getrunken hatten, zog sich Pater Stocks Stiefel und Strümpfe aus, setzte sich ans Ufer und ließ die bloßen Füße ins schnell fließende Wasser hängen.
»Das tut gut«, meinte er lächelnd.
Ich nickte und lächelte ebenfalls. Auch ich setzte mich, aber ich machte mir nicht die Mühe, die Stiefel auszuziehen. Es war ein angenehmer Morgen: Die Sonne begann gerade, die Luft zu erwärmen, und am Himmel zeigte sich nicht eine Wolke. Wir saßen an einem malerischen Flecken und die Bäume in der Nähe verstellten uns nicht den Blick auf den Pendle. Der Berg sah heute anders aus, irgendwie freundlicher, und die grünen Hänge waren mit weißen Tupfen gesprenkelt, von denen sich einige bewegten.
»Da oben sind eine Menge Schafe«, bemerkte ich und wies mit einem Kopfnicken zum Berg hinüber. Auch in unserer Nähe am anderen Ufer des Flusses war eine Wiese voller Schafe und blökender, fast ausgewachsener Lämmer, die bald von ihren Müttern getrennt werden würden. Es schien grausam, aber Landwirtschaft war ein Beruf, und so würden sie beim Schlachter enden.
»Ja«, meinte der Priester. »Das hier ist zweifellos gutes Schafland. Darin liegt der Reichtum von Pendle begründet, Wir produzieren das beste Hammelfleisch des Landes und verdienen gut daran. Allerdings wird das auch durch bittere Armut ausgeglichen. Viele Menschen verdienen sich ihren Lebensunterhalt durch Betteln. Eines der Dinge, die mir am Priesterdasein gefallen, ist, dass mir der Versuch, diese Not zu lindern, tiefe Befriedigung verschafft. Eigentlich werde ich so selbst zum Bettler. Ich bettle darum, dass die Gemeindemitglieder Geld in den Klingelbeutel legen. Ich bettle um Kleidung und Nahrung. Dann gebe ich es den Armen. Das ist es wert.«
»Mehr wert als ein Spook zu sein, Pater?«, fragte ich.
Pater Stocks lächelte. »Für mich, Tom, muss die Antwort Ja lauten. Aber jeder muss seinen eigenen Weg gehen ...«
»Warum haben Sie sich denn schließlich entschieden, lieber Priester zu werden als Spook?«, wollte ich wissen.
Pater Stocks sah mich einen Moment lang fest an, dann runzelte er die Stirn. Mir schien, dass er nicht antworten wollte, und ich fürchtete schon, dass ihn meine Taktlosigkeit verletzt hatte. Als er
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