Der Kapuzenmörder
auf dem Boden.« Er näherte sich dem weißen Wachsflecken. »Das ist noch ziemlich frisch!« rief er.
Die anderen zerstreuten sich und untersuchten die verschiedenen Kassetten und Kästen. Bei einigen waren die Schlösser erbrochen, andere waren mit Stemmeisen oder Axt aufgeschlagen, und der Inhalt war durchwühlt. Aber keines der Behältnisse war leer.
»Die Krypta wurde geplündert«, stellte Corbett fest. »Etliches Gold und Silber wurden gestohlen. Aber das ist gewichtige, klobige und unhandliche Ware, die schwer an den Mann zu bringen ist. Seht nur.«
Er nahm einen kleinen Silberteller mit rubinenbesetztem Rand aus einer der Truhen und hielt ihn dicht an seine Fackel. »Er trägt den Stempel des Goldschmieds und das Wappen des königlichen Hofes. Nur ein Dummkopf würde versuchen, so etwas zu verkaufen. Und unser Dieb ist kein Dummkopf.«
Er wandte sich der dicken Säule zu und sah, daß einzelne Partien daran von einem Steinmetz ausgemeißelt worden Waren und mehrere ordentliche kleine Nischen bildeten. Corbett schob die Hand hinein und zog einen leeren, zerfetzten Sack hervor. »Bei allen Heiligen!« murmelte er. »Schaut her, ihr alle!« Er hielt den durchlöcherten Sack hoch. »Unser Dieb hatte es nicht auf silberne und goldene Teller abgesehen, sondern auf die frischgeprägten Münzen. Vermutlich waren diese Aushöhlungen einmal alle voll mit Münzsäcken, und jetzt sind sie alle weg. Diese Säcke enthielten die Diebesbeute.«
»Aber wie ist er hereingekommen?« fragte Cade.
Corbett trat an die grauschimmlige Wand der Krypta, die aus großen Granitblöcken bestand.
»Tja«, sagte er, und seine Stimme hallte durch das dunkle Gewölbe, »wir wissen, daß der Dieb nicht von oben kommen konnte. Durch die Tür ist er jedenfalls nicht hereingekommen.« Er stampfte mit dem Stiefel auf den harten Steinboden. »Von unten ist es auch unmöglich. Also muß er sich durch die Wand gegraben haben.«
»Das würde aber Monate dauern«, meinte Limmer.
»Wart Ihr schon einmal bei einer Belagerung dabei?« fragte Corbett.
Der Soldat nickte.
»Diese Mauern sind dreizehn Fuß dick. Nicht viel anders als bei vielen Festungen. Wie würde ein Feldherr eine solche Mauer durchbrechen?«
»Na ja, ein Rammbock wäre wohl nutzlos. Wahrscheinlich würde er versuchen, ein Loch zu graben, einen Tunnel, der jenseits der Mauer unter den Fundamenten beginnt und dann aufwärts führt.«
»Und wenn das nicht klappt?«
»Dann würde er die Mauer selbst in Angriff nehmen. Aber das würde lange dauern.«
»Ich denke, unser Dieb hatte eine Menge Zeit«, knurrte Corbett. »Untersucht jetzt die Wände mit Euren Fackeln. Wenn ein Luftzug die Flamme zum Flackern bringt, habt Ihr die Stelle gefunden.«
Es dauerte nicht lange, und Ranulfs aufgeregtes Geschrei rief sie hinter ein paar umgestürzte Truhen. Corbett und die anderen untersuchten die Stelle, und Ranulf drückte gegen den Mauerstein.
»Er ist lose!« sagte er. »Seht!« Er deutete auf den Mörtelstaub, der am Fuße der Wand auf dem Boden lag.
»O Gott!« flüsterte Corbett. »Ich weiß, was er gemacht hat.« Er klopfte an die Wand. »Was ist auf der anderen Seite?«
»Der alte Friedhof.«
»Laßt uns hingehen.«
Sie kletterten die Leiter hinauf. Corbett befahl den Bogenschützen, sie zu bewachen, während die drei Gefangenen stumm und hilflos draußen standen. Rasch wurden sie an Händen und Füßen gefesselt. Corbett und die anderen verließen die Abteikirche im Laufschritt und eilten auf den alten Friedhof. Sie mußten durch hüfthohes Hanfgras und Gestrüpp waten, bevor sie schließlich an der Kryptamauer standen.
Hier hatte der Einbrecher deutlichere Spuren hinterlassen: einen zerbrochenen Spaten, ein rostiges Vorhängeschloß, altes Sackleinen. Ranulf fand sogar eine blinkende Silbermünze im Unkraut. Corbett versuchte, sich die Krypta von innen vorzustellen, und wies dann auf einen umgestürzten, zerbrochenen Grabstein.
»Aufheben!« befahl er.
Der Stein wurde mühelos beiseite geschoben, und darunter offenbarte sich ein Loch, das groß genug war, um einen Mann hinunterklettern zu lassen. Corbett sah sich um und grinste, um seine Nervosität zu verbergen. Er konnte solche engen Räume nicht ertragen und wußte, welches Grauen ihn überkommen würde, wenn er steckenbliebe oder sich nicht umdrehen könnte. Voller Unbehagen zuckte er die Achseln.
»Mir graut vor solchen Orten«, flüsterte er.
Ranulf brauchte keine zweite Aufforderung. Auf Händen und Knien
Weitere Kostenlose Bücher