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Der Kartograph

Der Kartograph

Titel: Der Kartograph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Catigara gesucht. Schon bei seiner ersten Reise hatte er angenommen, dass er dem Kap sehr nahe gekommen war, das in die Straße von Catigara führte. Für ihn und viele andere war dieser Schifffahrtsweg das Ziel aller Wünsche. Denn dann war der Weg zu den Schatztruhen gefunden, dort lag nach der Karte des Ptolemäus auf einer großen Landmasse mit Catigara die erste, die östlichste Stadt Asiens. Damals hatte Vespucci dem spanischen Königshaus auch geschrieben, dass er glaube, dem Ziel sehr nahe gewesen zu sein. Waldseemüller war davon überzeugt, dass der große Seefahrer schon damals geahnt haben musste, dass die Karte des Ptolemäus eine Schimäre zeigte, eine Fata Morgana, die es nicht gab. Zumindest nicht an dieser Stelle.
    Im Mai 1501 war Vespucci mit drei der wendigen und vergleichsweise stabilen portugiesischen Karavellen im Dienste Portugals erneut aufgebrochen, um endlich doch noch die Straße von Catigara zu finden und damit einen Seeweg nach Indien.
    Doch gefunden hatte er etwas ganz anderes: eine neue Gewissheit.
    «Wir verließen also diesen Ort und schiffen itzo zwischen Ost und Ostsüdost, denn so geht das Gestade fort. Nämlich sind wir eins geworden, es niemals aus dem Gesicht zu lassen.
Ich habe berechnet, dass dieses neuerfundene Land von einem äthiopischen Vorgebirge siebenhundert Meilen weit abgelegen ist, ungeachtet glaube ich, dass wir über 800 Meilen gesegelt sind, ehe wir auf das Gestade stießen. Dieses aber rührte her von dem grausamen Ungewitter, den Wirbelwinden und von der Ungewissheit des Schiffers; welche Umstände insgesamt die Reise sehr verlängerten.
Unter anderen kamen wir an einen Ort, da unser Lebenslauf unfehlbar zu Ende gewesen wäre, wenn ich keine Kenntnis von der Weltbeschreibung gehabt hätte, denn es war kein einziger von unseren Steuerleuten, der auf fünfzig Meilen wusste, wo wir waren. Wir fuhren in der Irre und Ungewissheit herum, und hätte ich nicht mit den astronomischen Werkzeugen, dem Astrolabium und dem Quadranten, für die Erhaltung meines und meiner Gefährten Leben gesorgt, so wäre niemand imstande gewesen, zu sagen, wo wir aus und an sollten.»
    Vespucci hatte es gewusst. Und er hatte eine Methode gefunden, die Position eines Schiffes genauer zu berechnen als andere Kapitäne vor ihm. Da war er sich inzwischen ebenfalls sicher. Er war sich nur noch nicht im Klaren darüber, wie er es angestallt hatte. In den anschließenden Zeilen hatte es der große Seefahrer jedenfalls nicht geschafft, sein Licht unter den Scheffel zu stellen, und geprahlt wie ein kleiner Junge.
    «Durch diese Sache erwarb ich mir keinen geringen Ruhm, so dass ich von der Zeit an bei Ihnen in eben der Hochachtung stehe, als die Gelehrten bei vornehmen Leuten gehalten werden. Ich unterrichtete dieselben in den Seekarten und brachte es soweit, dass sie gestanden, die gemeinen Schiffer wären ganz unwissend in der Weltbeschreibung und verständen von alledem, in Vergleichung zu mir, so gut als nichts.»
    Er begriff gut, was Contessina de’ Medici gemeint hatte, als sie von jenen sprach, denen Vespucci diente, dienen musste, um weiter zur See fahren, seine Entdeckungsreisen fortsetzen zu können. Jene, die seine genauen nautischen Berechnungen kannten. Aber er würde nicht aufgeben, trotz aller Ungenauigkeiten und vagen Schilderungen. Es musste doch möglich sein, die Daten auch aus diesen Beschreibungen herauszufiltern. Wenn er sie Punkt für Punkt durchging, sie dann mit dem Ptolemäus verglich, den Karten von Alberto Cantino, Nicolo Caverio und den anderen, die es in Portugal geben sollte, dann hatte er möglicherweise genügend Anhaltspunkte, um seine These vom vierten Erdteil zu untermauern. Vielleicht gab es in den Soderini-Briefen ja noch genauere Hinweise. Wenn er sie doch nur bekommen könnte!
    Dann stutzte er. Verbarg sich möglicherweise noch mehr hinter Vespuccis Eigenlob als genauere Tabellen und exaktere Beobachtungen? Steckte hinter diesen Worten, zwischen diesen Zeilen etwa eine zweite, eine verborgene Botschaft? Eine, die er eigentlich nicht mitteilen durfte, die er aber allzu gerne mitgeteilt hätte? Vielleicht weil es um eine umwälzende Entdeckung für die Seefahrt ging? Noch einmal las er die Stelle:
    «Ich unterrichtete dieselben in den Seekarten und brachte es soweit, dass sie gestanden, die gemeinen Schiffer wären ganz unwissend in der Weltbeschreibung und verständen von alledem, in Vergleichung zu mir, so gut als nichts.»
    Waren diese Worte vielleicht gar

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