Der Katalysator
vorläufig beendet hatte und nun auf Fragen und Einwände wartete. Er bemerkte, daß zwei Männer in der ersten Reihe, die er als Dr. Slav und Teidemann erkannt hatte, miteinander flüsterten. Im nächsten Augenblick richtete Dr. Teidemann sich auf und sagte mit fester Stimme: „John, wir stimmen nicht mit Ihnen über ein, wenn Sie bei der Trialin-Herstellung von einem Dehydrationsmechanismus sprechen. Wenn der Harnstoff dehydriert, müßte sich in den Rückständen Wasser finden lassen. Aber unsere Analyse ergibt keinen Hinweis auf Wasser. Folglich ist der Mechanismus keine Dehydration.“
Paul sah zu Serane hinüber. Zwei Männer aus seinem eigenen Team hatten dem Gruppenleiter öffentlich widersprochen. Wie würde er darauf reagieren? Zu Pauls Verblüffung grinste Serane. „Ein guter Einwand.“ Er blickte in die Runde. „Hat jemand eine Erklärung dafür? Ed?“
„Das Wasser würde sich ohnehin niemals als Wasser zeigen“, antwortete Dr. Edward Hahnbruch. „Bei unserer Temperatur würde es augenblicklich mit dem Harnstoff reagieren und Ammoniak und Kohlendioxyd bilden. Wir wissen, daß Kohlendioxyd dabei ist, aber ich glaube, wir haben keine quantitative Analyse durchgeführt.“
„Also gut“, meldete sich Art Schirmer. „Wenn wir Kohlendioxyd erhalten, kann es sehr wohl von der Harnstoff-Dehydration herrühren. Und wenn wir Ammoniak und Kohlendioxyd bekommen, dann müßten diese beiden miteinander reagieren und Ammoniumkarbamat bilden. Wir brauchen also nur nach Ammoniumkarbamat zu suchen.“
„Nicht schlecht“, meinte Serane. „Ammoniumkarbamat ist recht flüchtig, aber ich denke, wir könnten eine hinreichende Portion ausfällen, indem wir die Dunstrückstände abkühlen. Wir leiten also die Rückstände durch eine Kühlspirale, sammeln das Karbamat ab, wiegen es und stellen den genauen Kohlenstoffanteil fest. Damit müßten wir den Mechanismus haben.“
Und jetzt begannen Fragen und Vorschläge so rasch zu strömen, daß Paul nicht mehr folgen konnte. All dies floß durch Serane, welcher einiges akzeptierte und anderes zurückwies. Jeder schien genau zu verstehen, wie das Programm Gestalt annahm und wie es seine eigene, praktische Arbeit beeinflussen würde. Paul hatte das Gefühl, eine bemerkenswerte Fusion von Intellekten zu beobachten, bei der eine Stunde lang alle diese Hirne eine Art von Superhirn bildeten. In gewisser Hinsicht glich der Vorgang einer religiösen Zeremonie, bei welcher der Pfingstgeist auf die Versammlung herniederkam, so daß die Teilnehmer in fremden Zungen redeten. Serane war dabei der Prophet.
Bei einer anderen Freitagssitzung:
„Dr. Slav“, sagte Serane, „vorige Woche gaben wir Ihnen den Auftrag, das Problem der katalytischen Dehydrogenation von Äthylbenzen zu Styren zu untersuchen. Können Sie uns etwas berichten?“
Dr. Slav sah verdattert auf und beriet sich dann hastig flüsternd mit Dr. Teidemann. „Ja und nein“, sagte Dr. Teidemann schließlich. „Dr. Slav hat ein wenig darüber in Erfahrung bringen können. Bei Kohlmann gibt es ein ganzes Kapitel über Styren. Das ist wirklich eine faszinierende Perle. Was sollte er noch tun? O ja, Styren. Nun, er bedauert sagen zu müssen, daß er da irgendwie den Faden verloren hat. Aber dafür hat er einige sehr gute Ideen, falls wir uns je mit Alkylation beschäftigen sollten. Und er fragt, ob Ihnen bekannt ist, wie ähnlich die Chemie der Alkylation in mancher Hinsicht der Umwandlung von Harnstoff in Trialin ist.“
Die Anwesenden beugten sich vor.
„Es war zwar eigentlich nicht sein Auftrag“, redete
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