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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L. Harness
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drei­hun­dert­fünf­zig Grad Cel­si­us und at­mo­sphä­ri­schem Druck ei­ne sub­stan­ti­el­le Dampf­span­nung?“
    „Ja“, sag­te Se­ra­ne. „Hier ist das Pha­sen­dia­gramm. Wie Sie se­hen, ist es bei die­ser Tem­pe­ra­tur im­mer noch im Fest­zu­stand.“
    Paul er­kann­te das Schau­bild. Es zeig­te das Ver­hält­nis von fes­tem, flüs­si­gem und gas­för­mi­gem Zu­stand bei un­ter­schied­li­chen Tem­pe­ra­tu­ren und Druck­ver­hält­nis­sen. Er hat­te es an je­nem ers­ten Abend auf der Per­le ge­se­hen. Oh­ne ein In­halts­ver­zeich­nis zu be­nut­zen, hat­te Se­ra­ne au­gen­blick­lich die rich­ti­gen Da­ten in sei­ne Fern­be­die­nung ein­ge­ge­ben und das Schau­bild ab­ge­ru­fen. Es war ei­ne un­glaub­li­che Ge­dächt­nis­leis­tung. Paul er­starr­te in Ehr­furcht.
    Die Dampf­pha­se des Dia­gramms schi­en in Wol­ken zu schwe­ben; die Flüs­sig­keit leck­te in klei­nen Wel­len ge­gen den Schnitt­punkt, und die Fest­pha­se re­flek­tier­te ge­fro­re­ne Flä­chen wie Eis.
    Und jetzt form­te sich die drei­fa­che Spit­ze des Dia­gramms in drei leuch­tend ro­ten Li­ni­en di­rekt vor Dr. Quir­rel. Ihr Schnitt­punkt flim­mer­te, vi­brier­te und schwank­te be­tö­rend vor sei­nem Ge­sicht. Sei­ne Na­sen­lö­cher bläh­ten sich. „Aha“, hauch­te er und pick­te sich ei­ne Ro­si­ne aus der Planck­schen Quan­ten­theo­rie.
    Wei­te­re Bil­der folg­ten; Se­ra­ne pack­te ihn mit Gra­hams Dif­fu­si­ons­ge­setz, schlug mit Loschmidt­schen Zah­len auf ihn ein und be­dräng­te ihn mit dem Joule-Thom­son-Ef­fekt. „Und jetzt zu­rück zur Aus­gangs­fra­ge“, be­harr­te Se­ra­ne. „Wie lö­sen wir das Tria­lin vom Ka­ta­ly­sa­tor, oh­ne den Ka­ta­ly­sa­tor aus der Kam­mer zu neh­men?“
    „Sub­li­mie­ren Sie es mit dem Am­mo­ni­ak aus dem ver­dampf­ten Urea-Zu­fuhr­strom!“ rief Quir­rel.
    Se­ra­ne blies die Fan­fa­re zur letz­ten At­ta­cke. „Tau­schen wir den Ka­ta­ly­sa­tor aus?“
    Dr. Quir­rel husch­te über die Pe­ri­oden­ta­fel. „Ein Kie­sel­säu­re-Ka­ta­ly­sa­tor ist im­mer noch am bes­ten!“ quiek­te er. „Ein spe­zi­el­ler Typ von po­rö­ser Kie­sel­säu­re!“ Se­ra­ne hat­te es wie­der aus ihm her­aus­ge­holt! Wür­de er es nie ler­nen? Mit ei­nem frus­trier­ten Auf­schrei floh er aus der stau­nen­den Ver­samm­lung.
    Se­ra­ne warf ihm einen be­wun­dern­den Blick nach. „Ein wahr­haft großer Wis­sen­schaft­ler“, mur­mel­te er. „Aber am bes­ten ist er, wenn man ihm ein we­nig zu­setzt.“
    Als die Ver­samm­lung sich auf­lös­te, sprach Paul Se­ra­ne an. „Ich glau­be, ich ha­be nicht al­les mit­be­kom­men“, mein­te er zwei­felnd. „Hat er ge­meint, daß man Tria­lin bei at­mo­sphä­ri­schem Druck durch Ver­damp­fung vom Ka­ta­ly­sa­tor ab­lö­sen kann?“
    „Rich­tig. Es ver­flüch­tigt sich, und so be­kom­men wir es los. Es bil­det sich als Fest­stoff am Ka­ta­ly­sa­tor, aber wir kön­nen es als Dampf ab­lö­sen, oh­ne es zwi­schen­durch zu ver­flüs­si­gen und oh­ne den Ka­ta­ly­sa­tor zu be­ein­flus­sen. Wir fah­ren die Re­ak­ti­on bei drei­hun­dert­fünf­zig und lö­sen das Tria­lin mit Am­mo­ni­ak vom Ka­ta­ly­sa­tor. Jetzt brau­chen wir nur noch die rich­ti­ge Kie­sel­säu­re und die rich­ti­ge Mi­schung von Oxyd-Ak­ti­va­to­ren zu fin­den. Aber wir sind zwei­fel­los auf der rich­ti­gen Spur, und wir kön­nen an­fan­gen, den Harn­stoff-Py­ro­ly­sa­tor zu bau­en.“ Er mach­te ein nach­denk­li­ches Ge­sicht. „Wis­sen Sie, Paul, ich ha­be das selt­sa­me Ge­fühl, daß die Lö­sung of­fen vor uns liegt, daß wir jetzt al­les wis­sen, was wir wis­sen müs­sen – wenn wir es nur rich­tig zu­sam­men­fü­gen kön­nen.“
    Auch Paul war nach­denk­lich. Der Am­mo­nit auf sei­nem Schreib­tisch be­stand aus ei­ner po­rö­sen Kie­sel­säu­re. Und Bil­lys Asche war ein Ge­misch von Oxy­den – viel­leicht in­zwi­schen ein we­nig kar­bo­ni­siert. Ein ei­gen­ar­ti­ger Zu­fall.
    Auf dem Rück­weg zu sei­nem Bü­ro muß­te er an Se­ra­ne den­ken. Er wuß­te, daß er einen Meis­ter in Ak­ti­on ge­se­hen hat­te. Se­ra­ne war für die krea­ti­ve Che­mie, was Mi­che­lan­ge­lo

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