Der Katalysator
spielen können.“
Serane schüttelte den Kopf und legte das Brett behutsam zurück in den Karton. „Fabelhaft. Absolut fabelhaft. Was soll ich sagen? Wie kann ich Ihnen danken? Ich weiß nicht, wie man so etwas macht. Aber ich bin froh, noch einmal die Chance zu haben, Sie alle zusammen zu sehen. Ich bin Ihnen allen sehr dankbar, daß Sie gekommen sind, um mich zu verabschieden. Und die Schachmaschine ist wundervoll. Ich werde viele angenehme Stunden damit verbringen.“ Er blickte in die Runde der ihm zugewandten Gesichter. „Wenn Sie mich wirklich im Gedächtnis behalten wollen, dann erweisen Sie mir nun einen letzten Dienst, einen kleinen Gefallen. Prägen Sie sich eines gründlich ein: Was geschehen ist, ist geschehen. Tragen Sie niemandem etwas nach. Und geben Sie mehr als Ihr Bestes. Haben Sie keine Angst, sich zu verausgaben. Ein wenig zusätzliche Mühe wird Ihnen nicht schaden. Es kommt alles zu Ihnen zurück. Gott segne Sie alle.“
Schon bildete sich eine Reihe von Leuten, die ihm die Hände schütteln und ihm ein letztes Mal von Angesicht zu Angesicht Lebewohl sagen wollten.
Paul spürte den Oberkellner auf, vergewisserte sich, daß sämtliche Rechnungen bezahlt waren, und kehrte dann zu Serane zurück. Der Chemiker stand in einem sich allmählich lichtenden Kreis von Mitarbeitern und nahm die letzten Glückwünsche entgegen.
„Das war ja eine tolle Show, alter Junge“, meinte er. „So etwas nenne ich wirklich erfinderisch.“
„Sie hätten Besseres verdient.“
„Ich hoffe nur, daß Sie sich damit nicht auf Küßchens schwarze Liste gebracht haben.“ Serane hatte zuviel getrunken.
Paul zuckte die Achseln. „Das ist mir schnuppe. John, denken Sie an unser Arrangement. Razmic wird Sie nach Hause bringen, denn ich fahre jetzt ins Labor zurück.“
„Ins Labor? Wozu, um Gottes willen? Haben Sie etwa schon den Befehl, Ihren Schreibtisch zu räumen?“
„Ich habe noch etwas zu tun. Wenn es geht, will ich es heute nacht noch erledigen.“
„Dann müssen Sie natürlich gehen. Ich nehme an, dies ist …“ Er streckte die Hand aus.
„Nein, es ist kein Abschied. Wir sehen uns bald wieder, mein Freund. Grüßen Sie Alessa von mir.“ Sie reichten sich die Hände. Seranes Handfläche war fest und trocken.
Mary Derringer wartete auf dem Parkplatz neben Pauls Electric. Erstaunt ging er auf sie zu. Sie kam ihm entgegen, nahm sein Gesicht in beide Hände und küßte ihn hart auf den Mund. Ihre Wangen waren naß. Dann eilte sie davon, ohne sich umzuschauen. Seine Blicke folgten ihr, bis sie in dem Durcheinander der abfahrenden Gäste verschwunden war. Nachdenklich legte er die Finger auf den Mund.
Als er zum Labor fuhr, berührte er nochmals seinen Mund. Was konnte Mary an ihm finden, nachdem sie all die Jahre hindurch mit Serane zusammengewesen war? Er seufzte. Andererseits schienen ihm die Reaktionen von Frauen häufig ohne Sinn und Verstand zu sein. Ihre Werte, die Dinge, die attraktiv auf sie wirkten, gehörten zu einer anderen Welt. Wie auch immer – sie würde wahrscheinlich längst verschwunden sein, wenn dies vorüber war.
16
Hexennacht
Er hatte mit Dr. Mukerjee vereinbart, daß die Atmosphärendruckanlage für Trialin, die auf Kussmans Anweisung hin demontiert worden war, wieder aufgebaut wurde. Paul hatte den kristallisierten Harnstoff aus Uriahs Tausend-Gramm-Glas in den Harnstoff-Pyrolysator gegeben. Uriah, dachte Paul, wir werden deine Urea aufbereiten, wie du es dir niemals hättest träumen lassen.
Der Auffangbehälter war tariert und an das Gehäuse angeschlossen worden. Zwischen dem Behälter und dem Pyrolysator lag die leere Katalysekammer. Er brauchte nur noch den Katalysator in die Kammer
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