Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
geb’s ja zu: Er ist wirklich ganz süß. Laut Frau Groß soll er übrigens fantastisch kochen können.«
»Löblich, löblich. Und weiter?«
»Was weiter?
»Na was wohl!« Über so viel Begriffsstutzigkeit verdrehte Mareike die Augen. »Ist er in festen Händen? Hat er eine Freundin? Und falls ja, wie müsste die Frau aussehen, für die er sie verlassen würde?«
»Keine Ahnung. Das hat er mir nicht verraten. Nach seinen sexuellen Vorlieben hab ich ihn übrigens in den fünf Minuten, die wir zwischen Tür und Angel zusammen gequatscht haben, auch nicht gefragt.«
»Mach dir nichts draus. Das kann man nachholen.« Mareike prostete mir zu. Nachdem sie einen tiefen Schluck Wein genommen hatte, wechselte sie abrupt das Thema: »Und jetzt verrat mir mal lieber, warum in deiner Wohnung überall pinkfarbene Zettel verstreut sind.« Sie stand auf, beugte sich über den Abfalleimer und las laut vor: »Müll täglich rausbringen. Fruchtfliegen!!!« Die Botschaft an der Fensterbank lautete: »Kakteen nicht gießen!« Mareike wanderte kopfschüttelnd von einem pinkfarbenen Zettel zum nächsten. »Leidest du neuerdings unter Alzheimer, oder was ist los?«
»Ich nicht, du aber offenbar schon. Mein Schwesterchen kommt doch morgen mit Sack und Pack aus der Eifel angereist. Sie hat zwar einen Schlüssel für meine Wohnung und war schon öfter zu Besuch, trotzdem ist mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken, dass sie sich die ersten Tage allein durchwurschteln muss.«
»Sofern die Kleine schon lesen kann, dürfte ihr das nicht allzu schwerfallen.« Angelegentlich wies Mareike auf die pinkfarbenen Instruktionen an der Kühlschranktür: »Hühnerfrikassee und Gulasch bei 600 Watt fünf Minuten in der Mikrowelle erwärmen.« Hängt auf der Toilette vielleicht auch noch eine illustrierte Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie man sich am besten den Hintern abputzt? Belinda, deine Schwester ist neunzehn! Neunzehn! Und nicht neun!«
»Ich will doch bloß, dass sie sich hier wohl fühlt«, verteidigte ich mich. Schon möglich, dass ich es mit meiner Fürsorge ein wenig übertrieben hatte.
»Kleine Frage am Rande: In welchem Zimmer wird Lili denn logieren?«
In der Tat, das war ein logistisches Problem, das mir einiges Kopfzerbrechen bereitet hatte. Mit knapp siebzig Quadratmetern bot die Wohnung genug Platz für zwei. Theoretisch. Der Haken an der Sache war nur, dass die Zimmeraufteilung recht eigenwillig, um nicht zu sagen hirnverbrannt war. Ich war mir sicher, dass es keine andere Wohnung gab, in der das Einrichtungskonzept »Wohnküche« so konsequent umgesetzt worden war, wie in meiner. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich die meiste Zeit in der riesigen Küche aufzuhalten, denn die übrigen Räume waren, zumindest was die Größe betraf, eigentlich gar nicht vorhanden. Blieb also nur die Frage, ob ich Lili in meinem kleinen Schlafzimmer oder in meinem winzigen Nähzimmer einquartieren sollte. Letzten Endes hatte ich mich dafür entschieden, Lili mein Bett zu überlassen, ich selbst wollte in Zukunft auf der ausziehbaren Couch campieren, die im Nähzimmer stand. Allein bei dem Gedanken hörte ich meine Bandscheiben und meinen Orthopäden empört aufjaulen.
Auch Mareike hatte an meiner Planung was rumzumäkeln. »Du willst deiner Schwester das ruhige Zimmer zum Hof hin überlassen? Tickst du noch richtig?« Nachdenklich schaute sie mich an. »Ich hoffe, Lili weiß das zu schätzen. Mein Bruder hätte mich im Besenschrank untergebracht. Du musst die kleine Kröte wirklich sehr lieben. Wenn es hart auf hart käme, würdest du dein letztes Hemd für sie geben, oder?«
»Kann schon sein.« Ich spürte, wie meine Augen feucht wurden. Och nee, das war eindeutig der falsche Zeitpunkt für gefühlsduselige Anwandlungen. Schluss jetzt!, rief ich mich zur Ordnung. Ich warf Mareike das Kleid zu, das ich für sie genäht hatte. »So, und jetzt zieh endlich den gottverdammten Fummel an, sonst werden wir nie fertig.«
Kapitel 4
Z um Glück kam das Taxi, das mich zum Flughafen bringen sollte, pünktlich. Schon mal ein Unsicherheitsfaktor weniger. Gewöhnlich herrschte um zehn Uhr morgens auf den Straßen zwar nicht allzu viel Verkehr, aber einen kleinen Stau musste man immer einkalkulieren.
Ich gähnte. Am vergangenen Abend war es spät geworden. Bis ich Mareikes Kleid geändert, mein Körperpflegeprogramm absolviert, meinen Koffer gepackt, ausgepackt, umgepackt und schließlich fertig gepackt hatte, war es bereits zwei Uhr früh gewesen.
Weitere Kostenlose Bücher