Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
Stundenlang war ich um das gute Stück rumgeschlichen, unschlüssig, ob ich mir diesen Luxus gönnen sollte. Aber selbst wenn man den üppigen Mitarbeiterrabatt abzog, war die Bluse einfach viel zu teuer.
»Welche Größe trägt denn Ihre Freundin?«
Ich war gespannt, wie Ludger sich nun aus der Affäre ziehen würde. Fast jeden Tag kamen Herren zu uns ins Geschäft, die den Tabellenstand der Fußballbundesliga auswendig herunterbeten konnten, aber bei der Konfektionsgröße ihrer Ehefrau herumstotterten wie kleine Schuljungen. Mit Händen und Füßen versuchten sie, uns die Proportionen ihrer besseren Hälfte plastisch vor Augen zu führen.
Doch zu meinem großen Erstaunen kam Ludgers Antwort wie aus der Pistole geschossen: »Größe 36.«
Falsch, völlig falsch!
»Sind Sie sicher?«, fragte Jenny, die natürlich wusste, dass meine Oberweite die Knöpfe dieser Bluse explosionsartig sprengen würde.
Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen. »Danke der Nachfrage. Natürlich bin ich sicher.«
»Also, was ich eigentlich damit sagen wollte: Dieses Modell fällt ausgesprochen klein aus.«
»Meinen Sie wirklich?« Ludger musterte das Oberteil abschätzend. »Nein, ich glaube 36 ist richtig. Diese Bluse hier dürfte meiner Freundin passen.«
Aber nur, wenn ich mich die nächsten Wochen ausschließlich von Wasser und Knäckebrot ernähren würde und mir den Busen operativ entfernen ließe. Vielleicht konnte ich die Bluse ja umtauschen, ohne dass Ludger es bemerkte. Ich musste nur daran denken, das Etikett mit der Größe rauszuschneiden.
»Man vertut sich mit dem Augenmaß leicht …«, unternahm Jenny noch einen letzten zaghaften Versuch, Ludger zu einer 38 zu überreden.
»Das lassen Sie mal meine Sorge sein«, schmetterte Ludger ihre gut gemeinten Empfehlungen ab. »Nur mit der Farbe bin ich noch unsicher. Gibt es dieses Modell vielleicht auch noch in anderen Tönen?«
»Nein, nur in Schwarz!«
Ludger trat näher an den Kleiderständer heran und zog, ehe ihn meine Kollegin daran hindern konnte, mit sicherem Griff einen Bügel hervor. »Und was ist das?«
»Das?«, echote Jenny ein wenig dümmlich und betrachtete angelegentlich das Kleidungsstück in Ludgers Hand. »Ach so, das ist braun.«
»Aber sagten Sie nicht gerade, dass es diese Bluse nur in einer Farbe gibt?«
»Habe ich das gesagt? Stimmt, das habe ich gesagt. Aber eigentlich ist Braun ja auch gar keine richtige Farbe, sondern bloß ein dreckiger Schmuddelton. Darüber hinaus ist Schwarz viel zeitloser und würde Ihrer Freundin bestimmt besser stehen«, plapperte sich Jenny munter um Kopf und Kragen.
Ludger starrte Jenny ungläubig an, dann schüttelte er den Kopf und schaute sich misstrauisch im Ladenlokal um. Wahrscheinlich wähnte er sich bei der »Versteckten Kamera«. »Also, nehmen Sie’s mir nicht übel, aber ich glaube, ich kenne meine Partnerin besser als Sie.« Man merkte ihm an, dass die allzu übereifrige Verkäuferin ihm langsam aber sicher auf den Geist ging. »Die braune Bluse ist wie für meine Freundin gemacht.«
Sicher, dachte ich. Wenn ich eines Tages vorhaben sollte, beim Film eine Karriere als Wasserleiche zu machen, dann ist die Farbe geradezu ideal für mich.
»Aber …«
»Kein Aber«, würgte Ludger den Protest der renitenten Person kurzerhand ab. »Ich nehme die braune Bluse. Und zwar in Größe 36 .«
»Wie Sie meinen.« An Jennys Gesichtsausdruck konnte man deutlich ablesen, was sie von Ludgers Wahl hielt: Selbst schuld. Du wirst schon sehen, was du davon hast! Und wie zur Bestätigung fügte sie noch leicht schnippisch hinzu: »Und heben Sie den Kassenbon gut auf. Sie wissen schon, falls Ihre Freundin die Bluse umtauschen möchte.«
Abermals schüttelte Ludger den Kopf. Dann begann er plötzlich wie aus heiterem Himmel zu lachen. So als hätte ihm jemand einen Witz erzählt, dessen Pointe er gerade erst begriffen hatte. »Wird gemacht. Ich hebe den Bon auf. Ich versprech’s Ihnen.« Sicher würde er die Geschichte bei nächster Gelegenheit im Tennisklub zum Besten geben.
»Soll ich Ihnen die Bluse als Geschenk einpacken?«
Ludger hob abwehrend die Hände. »Um Gottes willen, bloß das nicht. Womöglich wollen Sie dann noch mit mir über die Farbe des Geschenkpapiers diskutieren.«
»Wissen Sie, normalerweise bin ich gar nicht so …«
»Na, dann bin ich ja beruhigt.«
Während Ludger seine Brieftasche hervorkramte, betrat Markus das Geschäft, grüßte freundlich in Ludgers Richtung und steuerte im
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