Der Kater läßt das Mausen nicht
Bücher ausgeliehen und seit Jahren nicht
zurückgegeben hatte. Neue Besen kehren ja bekanntlich besonders gut, und so hat
Dr. Porble gründlich saubergemacht und Professor Ungley dazu gebracht, die
Bücher zurückzugeben. Ungley soll niemals mehr einen Fuß in die Bibliothek
gesetzt haben und als eine Art Rache dafür gesorgt haben, daß Dr. Porble nicht
in die Balaclava Society aufgenommen wurde. Klingt alles eher wie die Handlung
einer Donizetti-Oper, finde ich, aber du weißt ja, wie die Leute so sind.«
»Urrgh«, sagte Svenson.
»Das kann man wohl sagen«, warf Shandy
ein, bevor der Vulkan begann, Feuer zu speien. »Und nun denkt Porble, er könne
dieser zum Aussterben verurteilten Elitegesellschaft von Wichtigtuern
beitreten. Und warum in Dreiteufelsnamen ist er so scharf darauf?«
»Mich mußt du nicht fragen, du kennst
doch Dr. Porble. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, läßt er sich so
leicht nicht davon abhalten.«
Dies entsprach unglücklicherweise der
Wahrheit. Shandy schätzte und respektierte Porble, doch er hatte bereits vor
langer Zeit herausgefunden, daß der Bibliothekar ein äußerst starrsinniger Mann
war. Darüber hinaus verbarg sich unter seinem gelehrten Äußeren ein
außergewöhnlich heftiges Temperament. Shandy starrte mit finsterer Miene auf
die Speisekarte, bis der Student, der hier als Kellner arbeitete, das Warten
leid war, sich ein Herz faßte und in etwas ängstlichem Ton bemerkte, die
Hühnchenkroketten seien heute besonders schmackhaft.
»Ich nehme ein Clubsandwich«, erwiderte
Shandy verstockt.
Helen redete wie eine gute Gastgeberin
geduldig weiter und wunderte sich offenbar, wieso Peter derartig
geistesabwesend und Thorkjeld derartig grimmig aussah, doch sie war sich ganz
sicher, daß dies nicht der geeignete Moment war, nach den Gründen zu fragen.
Svenson schaffte es jedenfalls, sich soweit zu erholen, daß er sich drei
Portionen Hühnchenkroketten einverleiben konnte, was Sieglinde, wenn sie
anwesend gewesen wäre, sicherlich verhindert hätte. Sie sahen wirklich sehr
lecker aus, und Shandy bedauerte inzwischen, daß er sich nicht das gleiche
bestellt hatte, doch er tröstete sich damit, daß seine falsche Entscheidung
eine reine Bagatelle war, wenn man sie mit Thorkjelds Fehlgriff verglich.
Das Silo war immerhin drei Stockwerke
hoch und hatte eine Summe verschlungen, bei deren bloßer Erinnerung Peter
Shandys überanstrengter Verstand auszusetzen drohte und die, wie sich jetzt
herausstellte, von einer feindlichen politischen Interessengruppe aufgebracht
worden war.
Wie hatte Svenson nur ein derartig
ungeheuerlicher Fehler unterlaufen können? Wenn er sagte, er habe alles
nachgeprüft, hatte er dies ganz bestimmt sehr gründlich getan. Es war einfach
nicht wahrscheinlich, daß es zu diesem Zeitpunkt irgendeine nachweisbare
Verbindung zwischen Bertram G. Claude und den »Siloförderern« gegeben hatte,
wie sie sich selbst genannt hatten, auch wenn nur Gott oder Ruth Smuth wußten,
warum man diesen Namen gewählt hatte. Das bedeutete entweder, daß Ruth Smuth
sich erst später mit Claude eingelassen und dann festgestellt hatte, daß sie in
einer Position war, für ihn etwas zu tun, indem sie das College unter Druck
setzte, oder daß die ganze sogenannte Siloförderung nichts anderes war als ein
kluger Schachzug in einer sorgfältig geplanten und außergewöhnlich gut
getarnten Intrige.
Derartig viel Geld zu beschaffen war
kein Kinderspiel gewesen, es hatte mehr gebraucht als nur ein paar
idealistische Amateure, die in ihrer Freizeit hin und wieder ihre Nachbarn
beschwätzten. Die Kampagne hatte sich immerhin über Monate hingezogen. Shandy
konnte sich nicht an die genaue Zeitdauer erinnern, aber er wußte noch allzu
gut, daß die inzwischen verstorbene Jemima Arnes, die zu Lebzeiten stets eine
glühende Verfechterin von guten Werken gewesen war, ziemlich beleidigt reagiert
hatte, als Ruth Smuth ihr die Initiative erfolgreich streitig gemacht hatte. Es
hatte heftige Wortgefechte zwischen den beiden Frauen gegeben, als entschieden
werden sollte, welcher von beiden die Ehre zuteil werden würde, bei den
Feierlichkeiten zum Baubeginn mit der Schere den ersten Zementsack aufschneiden
zu dürfen.
Die gesamte Geldbeschaffungskampagne
war allerdings derartig merkwürdig verlaufen, daß selbst in dem Moment, als der
Zement bereits gegossen wurde, kein Mensch wirklich glauben konnte, daß die
Siloförderer es tatsächlich geschafft hatten. War es überhaupt
Weitere Kostenlose Bücher