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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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Krieg ist um so vieles einfacher als das, womit wir es hier zu tun haben. Da kennt man seine Freunde und meistens auch seine Feinde. Üblicherweise sind das diejenigen, die auf einen schießen.«
    »Aber Sie arbeiten in der Grauzone«, sagte ich.
    »Nein, nein. In meiner Welt ist alles binär. Schwarz und weiß. Freund und Feind. Verräter und Held. Das Problem ist nur, der Freund von heute ist der Feind von morgen und umgekehrt. Das ist schon verwirrend. Das treibt die klügsten Köpfe in den Wahnsinn. Ich hatte einen Kollegen, einen amerikanischen Kollegen, der es bis an die Spitze einer bekannten Behörde gebracht hatte, dann aber zu der Überzeugung gelangte, dass alle, die in dieser Behörde arbeiteten, Verräter seien. Alle waren Teil einer Verschwörung, nur er nicht. Der Präsident, der Vize, alle arbeiteten für die Russen. Armer Kerl. Am Ende traute er niemandem mehr. Er sprach immer von einer ›Wildnis aus Spiegeln‹, ein Zitat von Eliot, glaube ich, aber das moderne Zeug ist nicht so meins. Jedenfalls sprach er von einer Wildnis aus Spiegeln, in der Gesichter nur Spiegelungen von Spiegelungen seien und nichts so, wie es schien.«
    »Möchten Sie einen Tee?«, fragte ich.
    »Das wäre ganz reizend.«
    Ich setzte Tee auf und brachte Schokoladenkekse, über die sich Mr Evans außerordentlich zu freuen schien.
    »Sie bekommen die Queen’s Police Medal«, erklärte er.
    »So hat man mir gesagt, ja.«
    Wir tranken Tee, und ich sah durchs Fenster dem Lumpensammler zu, der mit einem ballongeschmückten Karren seine traurige Runde durch die Coronation Road machte.
    »Worüber wollten Sie reden, Mr Evans?«
    Der Mann lachte. » Brevis esse laboro, obscurus fio , und dabei war ich noch nicht mal sonderlich brevis !«
    »Warum sagen Sie mir nicht einfach, was Sie mir sagen wollen?«
    Er knabberte an seinem Keks und lächelte. »Drei kurze Dinge, dann sind wir fertig, Sergeant Duffy. Erstens möchte ich Ihnen sagen, dass wir Ihre psychologischen Begutachtungen gründlich durchgesehen haben, und ich bin der Überzeugung, wir können Dr Cathcart und Ihnen völlig vertrauen. Sollte also noch irgendein Zweifel bei Ihnen bestehen, so können Sie sich den getrost aus dem Kopf schlagen.«
    »Das mach ich.«
    »Zweitens, der Fall des sogenannten Serienkillers ist nun offiziell und inoffiziell abgeschlossen. Das verstehen Sie doch, oder, Sergeant Duffy?«
    »Ja.«
    »Drittens, wir wünschen nicht, dass Sie sich Stakeknife auch nur nähern. Wir möchten nicht, dass Sie sein Büro in Belfast betreten, auch nicht sein Haus in Straid … oder gar sein Haus in Italien, wo er sich bis Monatsende aufhalten wird.«
    »Italien?«
    »Ein kleines Städtchen namens Campo am Nordufer des Lago di Como. Ein ganz reizender Ort. Er erzählt allen, er habe es von seinem Großvater geerbt. Es steht ein kleiner Artikel darüber in der Augustausgabe von … einen Moment, ich habe … ich habe ihn zufällig …«
    Er griff in die Tasche seines Regenmantels und legte mir den Architectural Digest auf den Beistelltisch.
    Ich sah das Magazin an, dann wieder den Mann.
    Er lächelte, erhob sich und sah sich um. »Die Farben gefallen mir. Bemerkenswert. Ein wenig frische Luft nach all dem üblichen eintönigen Sybil-Colefax-Plüsch.«
    »Ja.«
    »Also, ich schätze, ich sollte dann mal wieder. Wollte nur mal kurz vorbeischauen. Eine ganze Weile war alles so delikat, so fein austariert, aber nun, tja, die Hungerstreiks sind vorbei, wir haben einen neuen Minister, einen neuen Besen, und …«
    »Alles hat sich geändert?«
    »Ja … nun … Hören Sie, es war furchtbar nett, Sie kennenzulernen.«
    Er streckte die Hand aus.
    Ich schüttelte sie. »Ich begleite Sie hinaus«, sagte ich.
    Ich öffnete die Haustür, und Mr Evans trat auf den Treppenabsatz hinaus.
    »Wann kehren Sie in den Dienst zurück, Sergeant Duffy?«, fragte er.
    »Ich dachte an nächste Woche, aber der Chef meint, ich könne bis Ende Oktober freinehmen, wenn ich wolle.«
    Evans setzte seinen Hut auf und winkte einem Mann in einem schwarzen Daimler zu, der den Wagen startete und seine Zigarette aus dem Fenster warf.
    »Meiner Erfahrung nach, Sergeant Duffy, ist es nach einem traumatischen Erlebnis das Beste, so schnell wie möglich wieder in den Sattel zu steigen. Allerdings haben Sie ja derart viel durchgemacht, dass es vielleicht das Beste wäre, Sie würden erst einen kleinen Auslandsurlaub machen.«
    »Finden Sie?«
    »Oh ja. Ja, ganz sicher.«
    »Dann werde ich wohl

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