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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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Bademantel. Ich ging in die Küche, machte den Kühlschrank auf, nahm mir eine Dose Harp und setzte mich aufs Sofa.
    »Wo waren Sie seit neunzehn Uhr?«, fragte ich.
    Er erzählte mir ganz genau, was im Fernsehen gelaufen war, und berichtete mir von einem Telefongespräch mit seiner kranken Mutter.
    »Worum geht es denn?«, fragte er.
    Ich trank aus, zerquetschte die Dose, warf sie nach dem Fernseher und fuhr zurück nach Carrickfergus. Ich fuhr die Tongue Loanen runter bis zu Walter Hays’ Haus. Er war angeschickert und schaute sich die Unruhen im Fernsehen an. Ein Alibi hatte er nicht.
    Ich durchsuchte die Wohnung nach Noten oder mechanischen Schreibmaschinen. Nada .
    Er bot mir einen Martini an. Ich nahm einen. Er bot mir noch einen an. Ich ging zu meinem Wagen und fuhr nach Hause.

23 Uhr, Carrickfergus
    Ich klopfte bei Laura an, aber sie öffnete nicht. Dann fuhr ich in die Coronation Road zurück. Die Blagen hatten den ganzen Tag damit verbracht, die Bordsteine rot, weiß und blau zu streichen.
    »Sie sehen so aus, als hätten Sie einen schlimmen Tag hinter sich«, meinte Mrs Campbell mitleidig und stellte die Milchflaschen raus.
    »Mit wem redest du?«, rief ein Mann aus dem Haus.
    »Mit unserem Nachbarn«, antwortete sie und flüsterte mir zu: »Er ist zurück.«
    »Kenn ich nicht. Lass ihn rein«, sagte die Stimme.
    »Nein, danke, ich geh besser«, erwiderte ich.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Mr Campbell.
    »Er möchte nach Hause. Er hat noch nicht gegessen«, sagte Mrs Campbell und lächelte.
    »Blödsinn! Er isst mit uns. Ich setz mich doch selber erst gerade zum Essen hin«, brüllte Mr Campbell.
    Mrs C schüttelte den Kopf. »Er lässt sich nicht umstimmen«, flüsterte sie.
    Ein sehr, sehr spätes Abendessen mit den Campbells: Würstchen, Spiegeleier, Fritten, Bohnen, gebratenes Sodabrot.
    Mr Campbell sah aus wie ein unberechenbarer Onkel, der nur kurz von den Hügeln heruntergekommen ist, um rumzuhuren, zu saufen und Rache für irgendwelche Kränkungenzu üben. Er hatte einen buschigen Schopf schwarzer Haare, einen schwarzen Bart und einen malmenden Händedruck. Locker zwei Meter, hundertzehn Kilo.
    Ich aß, und die Kinder starrten ihren Vater, den sie seit Monaten nicht gesehen hatten, in einer Mischung aus Ehrfurcht, Aufregung und Schrecken an. In diesem Haushalt war das Abendessen, vor allem um elf Uhr nachts, eine Zeit des Essens, nicht der Worte. Als wir fast aufgegessen hatten, fragte mich Mr Campbell nach meiner Lieblingsfußballmannschaft. Liverpool, antwortete ich. Das schien ihm zu gefallen. Eines der Kinder fragte mich nach meiner Lieblingsfarbe. Ich sagte, rot oder blau, ich sei mir da nicht sicher. Auch das kam an.
    Ich aß auf, bedankte mich bei den Campbells, ging nach nebenan und schaltete die Nachrichten um Mitternacht an. Die Unruhen gingen noch immer weiter. Die Polizei hatte die Kontrolle verloren, man hatte die Armee zu Hilfe rufen müssen worden. Achtzehn Beamte waren von Molotowcocktails verletzt, fünfzig Fahrzeuge waren gestohlen und angezündet worden. Man hatte achtundachtzig Hartgummigeschosse abgefeuert. Ein Hubschrauber hatte nach mehreren Schüssen notlanden müssen. Eine Farbenfabrik war in Brand gesteckt worden.
    Die weiteren Nachrichten: Mrs Thatcher hatte am Vormittag dem City Hospital in Belfast einen Besuch abgestattet; Courtaulds schloss die letzten Fabrikationsstätten in Nordirland, was fünfhundert Arbeitsplätze kostete; Harland and Wolff schickten zwölfhundert Schweißer für unbestimmte Zeit nach Hause; in Larne war eine »Schwulenbar« überfallen worden …

16
MUSTER
    Victoria Estate erwachte. Vogelgezwitscher. Ein pfeifender Milchmann. Kinder, die Milchflaschen gegen Ziegelmauern schleuderten. Durch das Wohnzimmerfenster sah ich ein paar Kids, die einen Fußball herumkickten. Andere spielten Hinkelkasten und Verstecken, während Frauen mit Lockenwicklern in den Haaren über die Zäune hinweg tratschten. Im Radio sang Lou Reed »Sweet Jane«.
    Kaffee. Toast. Jeans. Pullover. Turnschuhe. Auto. Ich suchte nach Bomben. Heute nicht.
    Ich fuhr die Coronation Road entlang. Kinder winkten, Erwachsene nickten. In einer Siedlung oder einem Sozialbau gibt es ein Gefühl von Intimität, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich ansonsten wahrscheinlich nur auf einem Schiff wiederfinden lässt. Das gefiel mir.
    Ich bremste abrupt.
    Über einem tiefen Schlagloch am oberen Ende der Coronation Road lag eine große Platte aus verbeultem gelb gestrichenem Eisen. In

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