Der Katzenelf (German Edition)
an Seilen hinab zu lassen. Sie waren nun völlig allein und nachts konnte Rubina nicht einmal einen Stern am schwarzroten Himmel erkennen.
Yaruba ertrug alles mit stoischer Ruhe, während Rubina schrie und wimmerte. Sie schrie, wenn ein Tier an ihr hoch krabbelte, das sie mit ihren gefesselten Händen nicht abschütteln konnte. Sie schrie nach Sonnas und Mondiana. Sie schrie, als einer der Soldaten ihr grinsend eine Handvoll kleiner roter Spinnen durch die schmale Öffnung warf. Es waren kleine Tierchen, die panisch über den verschmutzten Körper der Elfe krochen und winzige kleine Bissflecken hinterließen, die dank dem Bad im Roten See, jedoch bald wieder verschwanden.
Nach drei Tagen kam aus ihrer Kehle nur mehr heiseres Krächzen und Wimmern. Als sie einsah, dass weder ihr Gebrüll noch ihr Krächzen beachtet wurden, blieb sie still und kauerte fröstelnd am feuchten Boden. Alle Schlossbewohner, die ihre Schreie nur schwer ertragen hatten, atmeten auf.
Was oder wer konnte ihr jetzt noch helfen? Hoffnungslos starrte Rubina durch ihr Verließ in das Purpur des Himmels, jedoch verirrte sich kein Sonnenstrahl tagsüber durch das kleine Viereck um ihren kalten Körper zu wärmen und der Nachtfrost schlich wie eisiges Gift in ihren Leib.
Sie war verloren.
Die Nachricht von Thyras Tod war ein Schock für Mondiana. Sonnas fiel in tiefe Trauer und war so verzweifelt, dass er sich in seine Gemächer einschloss und nicht einmal die Weise Alte konnte ihn überreden, seine Mahlzeiten einzunehmen. Thyra war seit vielen Jahren seine liebste Freundin und Beraterin. Sonnas der sich sehr alleine fühlte, seit seine Frau zu ihrem Stern zurückgekehrt war und schon seit langer, langer Zeit kein Interesse mehr hatte zu ihm in irgendeiner Form wieder zurückzukehren, konnte und wollte sich nun mit der Tatsache, dass Thyra ein Mensch und daher sterblich war, nicht abfinden.
Sie hatte sein Herz berührt und ihr Wesen war tief in seine Seele eingedrungen.
Er wusste, dass seine Erstgeborene wieder einmal am Tod eines Menschen Schuld hatte und Sonnas fragte sich, seinen Geburtsstein fest in den Händen haltend, selbstquälerisch, ob ein Teil dieser Schuld an seiner Erziehung lag.
Gab es wirklich Geschöpfe, die schon von Geburt an der dunklen Seite angehörten? Die vielen bösartigen Streiche, mit denen Rubina schon als Elfenkind so oft negativ aufgefallen war! Er dachte an die zahllosen kleinen Grausamkeiten, die sie ohne jemals schlechtes Gewissen zu zeigen, Lebewesen zufügte und an ihre Verstocktheit, wenn sie bestraft wurde. Sie versuchte sich immer sofort irgendwie für erlittene Strafen und Erziehungsmaßnahmen zu rächen. Warum war ihm nie in den Sinn gekommen, dass mit dieser Tochter etwas nicht stimmte. Er hatte die Entwicklung ihres gemeinen Charakters einfach verdrängt und auf Läuterung gehofft, die niemals kam und nie mehr kommen würde. Das erkannte er nun genau. Voller Trauer und Schuldgefühlen starrte er seinen Saphir an.
Plötzlich begann der Stein zu leuchten: Blaues Feuer schimmerte und waberte hoch wie Nebel. Sonnas spürte wie die gleißenden Strahlen ihn in einen wärmenden Mantel einhüllten und sanft fortzogen.
Dann war er plötzlich nicht mehr in seinem Schloss, sondern flog durch den nachtblauen Himmel, durch eine Nacht, die nicht finster, sondern seltsam leuchtend klar war. Dieses eigenartige Licht in dem er dahinschwebte, so leicht, als hätte er gar keinen Körper, nahm ihm jede Trauer und Angst.
Er konnte nichts erkennen, er glitt in diesem unendlichen Blau dahin, als gäbe es kein Verborgenes Reich, keine Rubina, keine Verantwortung, Sorgen, Trauer, Verzweiflung und Wut, sondern nur ihn, Sonnas allein in diesem tröstenden blauen Licht. Es war, als hätte er alles was sein Leben bisher ausmachte, seine Töchter, sein Volk und seine lange und mühsame Regentschaft nun endlich hinter sich gelassen. Wohlige Schauer durchströmten ihn und blitzartig erschienen rötliche Strahlen am Horizont, die wie ein Schild das Blau bremsten. Plötzlich stand aus dem roten Nebel emporwachsend, Thyra vor ihm, eingehüllt in ihr rotgoldenes Prunkgewand, die Krone des Drachenlandes auf ihrem Haupt.
Ihre flussgrünen Augen strahlten ihn an, lockend und sprühend voller Lebensfreude. Sie lächelte und winkte. Er flog auf sie zu und sie nahm ihn in seine Arme. Endlich waren sie eins.
Sonnas erwachte durch lautes Pochen und Hämmern. Er war traurig und fühlte den Verlust wie eine süße, aber schmerzhafte
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