Der Katzenelf (German Edition)
lief zur Böschung und leuchtete in das Dunkel der Büsche und Bäume hinein. Ja, dort unten, ein paar Meter abwärts der Forststraße schimmerte etwas Weißes im Schein ihrer Taschenlampe! Schnell eilte sie die steile Böschung hinunter. Er lag zusammengekrümmt auf dem moosigen Boden und als sie seinen Körper behutsam streichelnd etwas drehte, sah sie, dass er blutende Bisswunden hatte, ähnliche wie damals, an jenem Morgen als er als Welpe vor ihrer Türe lag. Doch diesmal waren seine Verletzungen glücklicherweise nicht so tief und an keinen gefährlichen Stellen seines Körpers. „Die Hunde vom Schloss waren das, nicht wahr?“, sagte sie zu ihm und versuchte ihn hochzuheben. Als sie ihre Hand von seinem Fell nahm, war sie blutig. Sie zog ihn vorsichtig den Hang hinauf.
Als Isa Wolf oben wieder hinlegen wollte, stand er mit unsicheren Beinen auf, wedelte müde mit seinem Schwanz und leckte ihre Hand. Es schien ihm ein bisschen besser zu gehen. „Wo ist Prinz?“, fragte sie ihn und er wimmerte wieder mit einem eigenartigen Laut und versuchte den Forstweg wieder hinunter zu kriechen. Er gab dabei einen seltsam jaulenden Ton von sich und drehte seinen Kopf in Richtung Tal, so als wolle er ihr den Weg zeigen. Isa rannte ein paar Meter vor und leuchtete die ganze Umgebung ab. Nichts. Also musste Prinz in Richtung Schloss gelaufen sein, aber weshalb sollte eine kleine Katze zwei riesige Hunde verfolgen? Sie schüttelte den Kopf. „Nein Wolf, freiwillig ist Prinz nicht den Hunden hinterher“, und dann fiel ihr der fehlende Katzenkorb ein. „Er wurde einfach mitgenommen, nicht wahr?“ meinte Isa dann. „Aber jetzt bringe ich dich zuerst nachhause, wasche und verbinde deine Wunden. Dann suche ich Prinz beim Schloss!“ Sie zog ihren Schal durch das Halsband des Hundes und stieg mit ihm vorsichtig den Weg hinunter nach Hause.
Dort untersuchte sie Wolf gründlich. Ja, er hatte wirklich nur oberflächliche Fleischwunden und keine lebensgefährlichen Verletzungen. Erleichtert desinfizierte und verband sie seine Blessuren. Als sie ihm über den Kopf streichelte, zuckte er leicht zurück. Also musste etwas Schweres seinen Kopf getroffen haben und vielleicht war er daher eine Weile benommen. Wahrscheinlich hatte jemand mit einem dicken Ast oder Stock nach ihm geschlagen, also hatte der Einbrecher doch etwas Wertvolles gefunden und Wolf hatte versucht es ihm wieder abzujagen. Aber sie vermisste nichts außer ihren Kater. Wo war Prinz nur? Doch wer würde eine Katze stehlen? Ihr fielen die Geschichten von Haustierräubern ein, die Tiere entführten und für Versuchszwecke an Labors verkauften. Aber doch nicht hier an diesem Ort, hier im Mittelgebirge, ihr Haus war schließlich nur zu Fuß zu erreichen, Fahrzeuge mussten oben an der Straße zum Schloss parken. Das war doch viel zu umständlich für Hunde oder Katzenfänger, die in einer großen Stadt an einem einzigen Abend viele heimatlose Tiere auf einmal fangen konnten. Fieberhaft dachte sie weiter nach: Das Fell ihres Katers war kohlrabenschwarz, seine Ohren seltsam groß und spitz zulaufend, wie bei einer Pharaonenkatze. Vielleicht war eine Teufelssekte unterwegs, die ein passendes Opfer für ihre sadistischen schwarzen Messen suchten! Nein, nein das war doch hier in einem kleinen Dorf wo sich die Menschen einander gut kannten, kaum möglich! Kopfschüttelnd über ihre eigenen schrecklichen Gedanken, versuchte sie diese bösen Phantasien wegzudrängen. Nein, es ging sicher nicht um die Katze alleine.
Suchend wanderte sie durch das Wohnzimmer und dachte nach, was sie so wertvolles im Haus gehabt haben könnte. Wolf hatte eindeutig Bisswunden von einem anderen Hund, und die einzigen freilaufenden Hunde waren die vom Schloss. Die Bauern hielten ihre Tiere entweder an der Kette im Hof oder als Bewacher vor Füchsen im Stall. Daher musste der Einbrecher vom Schloss kommen!
Aber warum? Was war hier in Großmutters Haus so Wertvolles außer ein paar alten Bildern, die immer noch unberührt an der Wand hingen? Plötzlich fiel es ihr ein: Das Medaillon mit dem Tigerauge, das Prinz um den Nacken trug und das sie selbst so festgebunden hatte, dass man es nur mit Gewalt entfernen konnte! Also war es ihre Schuld und ihre eigene dumme Eitelkeit dass sie ihre Katze mit einem so wertvollen, anscheinend antiken Kleinod geschmückte hatte! Es war ihr Fehler, dass Prinz jetzt fort war.
Vielleicht hatte der Dieb den Kater in seinem Korb mitgenommen um im Wald in aller Ruhe und ohne
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