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Der Kaufmann von Lippstadt

Der Kaufmann von Lippstadt

Titel: Der Kaufmann von Lippstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Maria Fust
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ganze Geld gestohlen, sodass Ferdinand in die Verlegenheit kam, das Land am Wein Garten zu verkaufen? Aber so viel Geld? Was soll der Buersmeyer damit gemacht haben? Und wenn Ferdinand ihn schon des Geldes, des eigenen Geldes wegen umbringt, warum holt er sich nicht zurück, was ihm gehört? Plötzlich kommt ihr ein Gedanke: Ob Buersmeyer der Vater des kleinen Ferdi, wie sie ihren Enkel Ferdinand in Gedanken liebevoll nennt, ist – war? Und wenn ja, warum hatte Lieschen nur geschwiegen? Sie hätte doch etwas sagen können. Vielleicht hätte man etwas tun können? Eine Hochzeit? – Mit einem Diener? Undenkbar! Was sollten die Leute denken?!
    »Ach, Lieschen, wenn ich nur zu euch könnte!« Allein der Gedanke bricht Johanna fast das Herz. Die Knie sacken ihr weg, und sie sinkt ohnmächtig auf die Dielen. Der Fächer liegt ausgebreitet neben ihr: das Urteil des Paris. Auch in der griechischen Mythologie sind angeblich die Frauen schuld, dass Paris und Menelaos den Trojanischen Krieg begonnen haben. Immer scheinen die Frauen an allem schuld zu sein.

    110 Rauschersches Gesangbuch, 1531.

3ter Junij 1765
    Es klopft an der Tür des Overkamp’schen Kontors.
    »Ja!«, ruft Overkamp und ahnt nichts Gutes.
    »Guten Tag. Heute verkaufen wir Ihre Mobilien, die wir kurz vor Ostern zur Sicherheit mitgenommen haben«, berichtet Pedell Strenger. »Sie wissen das! Und Sie wissen auch, dass Sie die Möbelstücke hätten auslösen können. Sie hätten nur Ihre Schulden bezahlen müssen – aber so? Dr. Rose hat ein gutes Wort für Sie bei seinem Nachfolger Bürgermeister Kellerhaus eingelegt und hat darauf bestanden, dass Ihnen länger Zeit als üblich gegeben wird! Aber nun? Es tut uns leid«, sagt Stadt-Syndicus Clüsener, doch sein Gesichtsausdruck und sein fieses Grinsen verraten, dass es ihm gar nicht leidtut. Im Gegenteil, es handelt sich schließlich um gediegene Mobilien, die ganz ausgezeichnet in die gute Stube der Clüseners passen werden. Dieses Mal wird ihm kein so dummer Fehler unterlaufen. Dieses Mal wird er rechtzeitig vor Ort sein und sich nicht so demütigen lassen, wie Möller und Dr. Rose es bei der Versteigerung des Grundstücks getan haben. Doch mit den neuen Mitgliedern des Magistrats kommt Clüsener ohnehin besser zurecht als mit Möller und Dr. Rose.

    »Seien Sie gegrüßt, werter Herr Overkamp«, beginnt Bürgermeister Johann Conrad Kellerhaus noch vor dem Rathaus das Gespräch. »Warum muten Sie sich die Versteigerung zu?«
    »Ich muss, ich muss«, sagt Overkamp kraftlos. Er sieht müde aus.
    »Ja, aber warum müssen Sie denn?«, hakt Amtmann Claudius besorgt nach. Er wird die Auktion im Rathaus leiten und kann gut verstehen, dass normalerweise die Schuldner zu Hause bleiben und sich so die Schmach und die mit der Auktion einhergehende Peinlichkeit ersparen. Die Leute tratschen auch so schon genug; in einer solch kleinen Stadt wie Lippstadt – man könnte auch von einem großen Dorf sprechen, aber das wagt niemand! – kennt beinahe jeder jeden. Und da bleibt das Gerede nicht aus.
    »Ich muss dem Engerling ins Gesicht sehen können, wenn er auf meine Mobilien bietet. Der hat mehr Dreck am Stecken, als Sie denken …«, sagt Overkamp und bereut sofort seine Andeutung. Wenn Engerling herausbekommt, dass er Bürgermeister Kellerhaus und Amtmann Claudius ins Vertrauen gezogen hat, dann klärt dieser womöglich kurzerhand die beiden Mitglieder des Magistrats über den Verbleib des Köpners auf und dann … Aber nein, versucht sich Overkamp zu beruhigen, ich habe ja gar nichts gesagt. Nur eine kleine Andeutung. Wenn überhaupt.
    »Herr Overkamp, Sie meinen, Herr Engerling hat Bernhard Buersmeyer auf dem Gewissen?«, hakt Kellerhaus nach.
    Auf den Gedanken ist Overkamp noch gar nicht gekommen, doch wo Kellerhaus es so sagt, erinnert er sich an die merkwürdige Begegnung von Engerling und Buersmeyer in seinem Kontor. Ja, irgendetwas stimmte da nicht. Aber warum sollte Engerling Buersmeyer töten? Was sollte er für einen Grund gehabt haben?, überlegt Ferdinand Overkamp. Allerdings ist es höchst merkwürdig, dass der Buersmeyer derart schnell verschwunden ist. Er hat nicht einmal seine wenige Kleidung mitgenommen, nichts. Es liegt alles noch bei Overkamp in der Kammer, in der Buersmeyer einst geschlafen hat. Es ist durchaus verdächtig, denkt Ferdinand Overkamp.
    »Ah, Stadt-Syndicus Clüsener, wie schön! Ich bin hoch erfreut, dass Sie es rechtzeitig zur Auktion geschafft haben. Wir beginnen in nur

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