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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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und eine Reihe grüner Ziergewächse getrennt, zu einem Innengarten auf der anderen Seite hin war er halboffen und an dieser Seite mit deckenhohen Glastüren versehen, die man zur kälteren Jahreszeit hin vollkommen verschließen konnte. In der Mitte des Raumes plätscherte beruhigend ein Brunnen vor sich hin, dessen Einfassung nicht durch wertvolles Material sondern vielmehr durch ein Gefühl für ästhetische Klarheit und Ausgewogenheit auffiel. Auric sah sich in dem Raum um, blickte in den mit Sinn für Maß und Proportion angelegten parkähnlichen Garten hinaus und fühlte wie all das eine gediegene und kultivierte Bequemlichkeit ausstrahlte, nicht protzig oder überhaupt auffällig, sondern von einer dezenten großen Selbstverständlichkeit getragen.
    Vikar Genarion erschien bald darauf, ein mittelgroßer Mann von breitschultriger, stabiler Statur, der trotz seines Alters kraftvoll und dynamisch wirkte. Sein Gesicht war breit und eckig, Kinn und Nase, die ganzen Züge waren auf eine Art durchgestaltet, dass man sie ausgeprägt, doch nicht übermäßig markant nennen konnte. Die Züge eines Aristokraten aus alter idirischer Familie, vermutete Auric. Genarion wirkte durch die Anwesenheit dreier Agenten der Kutte in seinen Räumen nicht im geringsten eingeschüchtert oder befremdet.
    „Ich grüße Sie zu dieser frühen Stunde“, sprach er sie, noch während er auf sie zuschritt, an. „Was kann ich für sie tun?“
    Die Kutte, die Aurics Kontaktperson war, stellte mit knappen Gesten vor. „Leutnant-Bote Denander, Sergeant-Bote Menander. Mich können sie Major-Delegat Anander nennen.“ Die Zusammenstellung der idirischen Namen war eigentlich ein Witz, so unwahrscheinlich war es, dass drei so nichtssagende, gewöhnliche, so durchschnittliche Namen bei drei Personen einer Gruppe zusammentreffen sollten. Genausogut hätte er Jedermann Eins, Zwei und Drei sagen können. Vielleicht hatte Genarion bereits Kontakt mit der Kutte und ihren Gepflogenheiten gehabt, denn er verzog dazu keine Miene. „Und dies ist General Auric Torarea Morante, von dem Sie vielleicht schon gehört haben.“
    Nur ein knappes Zeichen der Überraschung zeigt sich auf Genarions Gesicht, ein Zucken um die Mundwinkel, das man als herbes Lächeln deuten konnte. Genarion musterte ihn mit sachlichem Blick von oben bis unten.
    „Selbst wenn es nicht meinen persönlichen Wirkungskreis betreffen würde, wäre es schwierig, dieser Tage nicht von Ihnen zu hören, General Morante“, sagte Genarion, während er auf ihn zutrat und ihm mit kurzem, festen Druck die Hand reichte. „Aber sehen“, und damit wandte er sich wieder der Kutte zu – Major-Delegat Anander, dachte Auric mit Belustigung –, „tue ich ihn heute zum ersten Mal.“
    „Richtig, Sie waren ja nicht bei seiner offiziellen Erhebung in den Generalsrang im Parlament anwesend, obwohl das bei ihrem Amt und ihrem Sitz im Vikariat eigentlich zu erwarten gewesen wäre.“
    Genarion trat einen halben Schritt zurück, und breitete mit einer Geste, die sich an sie alle richtete, leicht die Arme aus. „Ich bitte Sie. Es war doch abzusehen, welche Debatte dem offiziellen Akt vorausgehen würde. Und dass auch die Bitte an meine Parteigenossen, uns allen etwas Derartiges zu ersparen, wahrscheinlich auf taube Ohren stoßen würde. Also wollte zumindest ich mir dies durch mein Fernbleiben ersparen. Heute, General Morante, kann ich Ihnen daher in meinem Haus mit aufrechtem Blick begegnen. Während dieser unwürdigen Debatte hätte ich das kaum gekonnt, weder Ihnen gegenüber, noch jemandem sonst im Rund unseres ehrwürdigen Parlaments. Ich hatte meine Pläne für die Sechzehnte, das gebe ich gerne zu. Sie haben die ihren, Morante. Ich halte es nach wie vor für einen Fehler, den Grundsatz des Bürgers in Uniform zu unterhöhlen, des Beamten als Vertreter und Diener des Volkes, indem wir Leute, die aus der Armee kommen und allein aus ihren Rängen aufgestiegen sind, dort an die Knotenpunkte militärischer Macht setzen. Vor allem bei einem derart starken Heereskörper, wie ihn eine vereinigte Sechzehnte darstellt. Die Gefahr ist zu groß, dass die Armee oder Teile davon zu einer starken unkontrollierbaren Macht im Staate werden. Dem zu wehren schulden wir den Grundsätzen unseres Staates, unserer Geschichte und Tradition. Dies ist nun einmal meine Überzeugung. Aber wie dem auch sei: Sie sind derjenige, den man ausgewählt hat. Ich vertraue auf die Grundlagen unseres Staates und ihre Stärken als

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