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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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man dich umbringen will, als General sehr spezielle. Am Ende macht es aber keinen Unterschied, ob man dich ganz allgemein ausgelöscht sehen will oder ob eine spezielle Motivation dahintersteckt.“
    „Warum so grimmig, Auric? – Ich darf Sie doch weiterhin Auric nennen? – Ich möchte denken wollen, dass sich für Sie doch mehr geändert hat.“ Ikun ließ einem kurzen pointiert musternden Blick ein geflissentliches Lächeln der Anerkennung folgen. „Für einen Mann von ihren Ambitionen; das konnte man schon damals in all dem Blut und Dreck erkennen. Sie sind ein Mann, der Ziele hat; darin haben wir uns damals gegenseitig erkannt. Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob man unten steht und keine Kontrolle darüber hat, was mit einem geschieht und zu welchem Ende man benutzt wird – in ihrem Fall, ob man mit einem Schwert in der Hand losgeschickt wird, um für die Ziele anderer zu bluten. Oder ob man selber die Dinge lenken und etwas erreichen kann.“  
    Präfekt Ikun trat zurück, zu seinem Schreibtisch hin. „Was die Motivationen hinter dem Attentat betrifft, so habe ich mir auch schon meine Gedanken gemacht, wie Sie sich gewiss vorstellen können.
    Aber setzen wir uns doch.“
    Sie setzen sich nebeneinander in zwei Lehnstühle, die Ikun für sie auf dieser Seite seines Schreibtisches zurecht rückte. Ein herbeigerufener Diener brachte ihnen Getränke. Auric entschied sich für den Minztee, der Präfekt für ein aromatisch angereichertes Kaffeemischgetränk.
    „Also ich persönlich denke“, begann Ikun, als sie schließlich mit ihrem Getränk in Händen da saßen, „dass der Anschlag auf Sie von den Kinphauren im Osten ausgeht. Ich habe, wie sie wissen, einige Erfahrungen mit ihren Agenten gemacht und glaube nicht, dass sie nach dem Ende des Bürgerkriegs in Kvay-Naun wieder hinter die Barriere des Saikranon zurückgekehrt sind. Ich halte sie für noch immer im Untergrund tätig. Einen Söldnertrupp aus einem südöstlichen Land anzuheuern, ihm ein Trio von Quâ-tsunja als Führung mitzugeben und ihn dann nach Idirium auszusenden, das erscheint mir als eine Vorgehensweise, die für Agenten der Kinphauren möglich und erfolgversprechend ist. Jemand anders hätte auf ansässige Mörder zurückgegriffen und es nicht für notwendig gehalten, ihnen qualifizierte Führung zuzuteilen. Aber im Falle, dass kinphaurische Agenten dahinter stecken, war das nötig, da die Attentäter weitab von ihren Auftraggebern operieren mussten.“
    Die Folgerungen erschienen Auric einleuchtend. Aus dem Blickwinkel des Präfekten und für sich genommen. Zumindest warfen sie ein neues, interessantes Licht auf die Angelegenheit.
    „Aber die Kinphauren sind untereinander zerstritten“, warf er ein, „ihre Allianz ist zerfallen. Was könnte sich ein einzelnes Haus, ein einzelner Zweig – wie auch immer sie organisiert sind – von einem solchen Attentat erhoffen. Keiner ihrer Clans würde daraus Vorteile ziehen und einen Feldzug ins Herz des Reiches führen können.“
    „Zumindest können die Kinphauren zum Zeitpunkt des Kriegszugs ihrer Nichtmenschen-Allianz nicht ganz so unorganisiert gewesen sein. Wenn sie ihren Angriff dadurch stützten, dass sie durch Agenten den Aufruhr in Kvay-Nan schürten und kontrollierten. Vielleicht war ihr damaliger Führer – den sie Kinphaidranauk nannten, und der es geschafft hatte, die Häuser in der Unterstützung dieses Feldzugs zu einen – der Kopf, der es schaffte, ihre Allianz nicht nur zusammenzuhalten, sondern auch all diese Aktionen zu koordinieren. Zumindest bis alles zusammenbrach. Vielleicht gibt es einen neuen Anführer, der in Kinphaidranauks Fußstapfen tritt und die Überreste seiner Bemühungen wieder aufgreift und zusammenführt.“
    Ikun beugte sich zu Auric vor.
    „Denken Sie sich einfach nur Folgendes. Es ist wie eine Kette, eine Kaskade. Stellen Sie sich vor, die idirische Armee würde geschwächt – durch Attentate, durch geschürte innere Spannungen, die das bisher effektive, straffe Gefüge morsch werden lassen und zum Zerreißen bringen.“ An inneren Spannungen hatte Auric gewiss in den letzten Tagen genug gesehen; soweit konnte er Ikun, ohne seine Phantasie allzu sehr zu strapazieren, folgen. „In einer solchen Situation wäre es möglich, dass die Ostprovinzen unter einer guten Führerschaft – etwa einem wiedergekehrten Eisenkrone – durch einen geeinten Aufstand den Einfluss Idiriums abschütteln und sich für unabhängig erklären würden. Und dann?

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