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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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einen Konferenzraum, in dem die Kollegen sich trafen, um Strategien gegen furchtbare Seuchen zu entwickeln, die sie nicht immer identifizieren konnten. Gewöhnlich versammelten sich hier Bakteriologen, Epidemiologen und Leute, die für Quarantänemaßnahmen, Pressemitteilungen, spezielle Krankheitserreger und PCR-Tests zuständig waren. Doch jetzt herrschte Stille im Raum. Niemand war da außer uns.
    »Derzeit«, sagte er, »müssen Sie sich mit mir begnügen.«
    Ich holte einen dicken Umschlag aus meiner Handtasche, und er begann die Fotos durchzusehen. Einen Moment lang starrte er wie hypnotisiert auf die Farbabzüge von dem Rumpf und Lila Pruitt.
    »Grundgütiger«, sagte er. »Ich glaube, wir sollten uns sofort um die möglichen Übertragungswege kümmern. Wir müssen jeden finden, der mit den Opfern Kontakt gehabt hat. Und zwar schnell.«
    »Auf Tangier mag das gehen«, sagte ich. »Vielleicht.«
    »Das sind jedenfalls weder Windpocken noch Masern. Niemals«, sagte er. »Es handelt sich definitiv um ein pockenverwandtes Virus.«
    Mit weitaufgerissenen Augen betrachtete er das Foto von den abgetrennten Händen und Füßen.
    »Oh, Mann.« Auf seiner Brille funkelten Lichtreflexe. »Was um Himmels willen ist das?«
    »Er nennt sich deadoc«, sagte ich. »Er hat mir die Fotos als Grafikdateien über AOL geschickt. Anonym natürlich. Das FBI versucht ihm auf die Spur zu kommen.«
    »Und das hier ist das Opfer, das er zerstückelt hat?«
    Ich nickte.
    »Sie weist ähnliche Symptome auf wie die Tote von Tangier.«
    Er begutachtete die Pusteln auf dem Rumpf. »Sieht ganz so aus.«
    »Wissen Sie, die Affenpocken machen mir schon seit Jahren Sorgen«, sagte er. »Überall in Westafrika, wo Fälle von Affenpocken oder Weißen Pocken aufgetreten sind, führen wir Reihenuntersuchungen durch - von Zaire bis Sierra Leone.
    Bisher ist zwar kein Variola-Virus aufgetaucht, doch ich befürchte, daß eines schönen Tages irgendein Pockenvirus aus dem Tierreich herausfinden wird, wie es auf den Menschen überspringen kann.«
    Wieder dachte ich an mein Telefongespräch mit Rose über das Mordopfer und die Tierhaare.
    »Es reicht schon, wenn so ein Mikroorganismus in die Luft gerät und einen geeigneten Wirt findet.«
    Er wandte sich wieder Lila Pruitt zu, ihrem entstellten, geschundenen Körper auf dem völlig verdreckten Bett.
    »Nun, offenbar war sie dem Virus lange genug ausgesetzt für dieses verheerende Resultat«, sagte er. Er war so in die Bilder vertieft, daß es fast schien, als rede er mit sich selbst.
    »Dr. Martin«, sagte ich. »Erkranken Affen an Affenpocken, oder sind sie nur die Überträger?«
    »Sie erkranken selbst daran und stecken andere Tiere an, mit denen sie Kontakt haben, wie zum Beispiel in den Regenwäldern Afrikas. Es gibt auf der Erde neun bekannte virulente Pockenviren, und nur zwei davon können auf den Menschen übertragen werden: das Variola- oder Pockenvirus, das Gott sei Dank nicht mehr vorkommt, und das Molluscum-contagiosum-Virus.«
    »Bei der Spurensicherung sind an dem Rumpf Affenhaare gefunden worden.«
    Er drehte sich zu mir um und runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
    »Und auch Kaninchenhaare. Ich frage mich eben, ob da draußen jemand auf eigene Faust Laborexperimente macht.«
    Er stand vom Tisch auf. »Wir fangen gleich hiermit an. Wo sind Sie zu erreichen?«
    »In Richmond.« Ich reichte ihm meine Karte, während wir den Konferenzraum verließen. »Könnte mir vielleicht jemand ein Taxi rufen?«
    »Natürlich. Bitten Sie einen der Wachleute am Empfang. Ich fürchte, vom Büropersonal ist niemand da.«
    Da er den Karton in den Händen hatte, betätigte er den Aufzugknopf mit dem Ellbogen. »Es ist ein Alptraum. In Orlando grassieren Salmonellen aus unpasteurisiertem Orangensaft. Auf einem Kreuzfahrtschiff gibt es Erkrankungen, die möglicherweise durch E.-coli-Bakterien vom Stamm O157 H7 verursacht wurden und vermutlich mal wieder auf unzureichend gegartes Hackfleisch zurückzuführen sind. In Rhode Island sind Fälle von Botulismus aufgetreten, und in einem Altersheim geht irgendeine Atemwegserkrankung um. Und da will der Kongreß uns keine Gelder bewilligen.«
    »Davon kann ich auch ein Lied singen«, sagte ich.
    Wir hielten in jedem Stockwerk und warteten, bis andere Leute zugestiegen waren. Martin redete ohne Punkt und Komma.
    »Stellen Sie sich das mal vor«, fuhr er fort. »In einer Feriensiedlung in Iowa besteht Verdacht auf Shigella, weil die Privatbrunnen durch starke Regenfälle

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