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Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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ihre Handfläche berührte, spürte sie einen plötzlichen Kraftschub. Ihre Finger prickelten wie unter tausend feinen Nadelstichen. Die seltsame Empfindung breitete sich weiter in ihrem Körper aus, durchlief ihre Arme und Beine und rief ein Kribbeln auf ihrem Rücken hervor.
    Feuerschüben gleich vereinnahmte die Kraft ihrer magischen Fähigkeiten sie und erfüllte sie mit trügerischer Wärme. Die Luft um sie herum schien aufgeladen zu sein und knisterte wie ein feiner Funkenflug. Dieser Gegenstand aus ihrer Vergangenheit, aus ihrer wahren Heimat, sprach sie tief in ihrer Seele an und zeigte ihr, wer sie wirklich war und immer sein würde.
    Der geheime Zauber durchrieselte sie, einem verlockenden Wispern gleich, das sie dazu drängte, die Zauberkräfte walten zu lassen.
    »Nein, das werde ich nicht tun.«
    Mit einem lauten Geräusch legte Haven den Dolch zurück auf den Tisch. Sie drehte sich herum und sah, dass Kenrick auf der Türschwelle stand.
    »Gib Acht. Das ist die Waffe eines Gestaltwandlers, und die Hexenkunst dieser Geschöpfe kennt keine Grenzen.«
    Sie verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken, versuchte, die pulsierende Kraft ihrer anwachsenden Zauberkräfte zu unterdrücken, und hoffte, das Prickeln auf ihrer Haut möge aufhören. Beunruhigt von den Regungen ihres wahren Wesens, wurde ihre missliche Lage nur noch schlimmer, als sie in Kenricks stoische Miene starrte.
    »Ein Dolch wie dieser traf dich in der Nacht des Überfalls auf Greycliff«, sagte er, betrat das Gemach und schloss die Tür hinter sich. »In jener Nacht, in der du von den Gestaltwandlern angegriffen wurdest, die auf Geheiß Silas de Mortaines handelten.«
    Haven schluckte und merkte, dass ihre Kehle ganz trocken war. »Wie kommt es, dass du diese Klinge hier bei dir hast?«
    Er stand nun in der Nähe des Tisches und streckte die Hand nach der Waffe aus. Mit einem Schulterzucken und heruntergezogenen Mundwinkeln betrachtete er den Dolch. »Ich vermag nicht genau zu sagen, woher dieser hier stammt. Braedon und ich erschlugen eine Anzahl dieser Bestien vor einigen Monaten in Frankreich. Er könnte irgendeinem von ihnen gehört haben.«
    Seine Verachtung gegenüber dieser Rasse – ihrer Rasse – spiegelte sich in seinem schroffen Tonfall wider. Der Abscheu in seinen Augen trieb ihr einen Keil der Furcht ins Herz.
    »Ist dein Ausritt heute gut verlaufen?«, fragte sie und versuchte, ein belangloses Gespräch anzufangen, obwohl die Wahrheit, die sie ihm gestehen musste, wie Blei auf ihren Schultern lastete. »Mary hat mir erzählt, dass du einen Gast mitgebracht hast.«
    »Ja, ich habe einen alten Freund getroffen.« Er hob den Kopf ein wenig, und sein Blick glitt musternd über ihr Gesicht. »Wie sich herausstellte, hatten wir einander viel zu berichten.«
    Sie rang sich ein fröhliches Lächeln ab. »Wird dein Freund uns heute Abend bei dem Festmahl Gesellschaft leisten?«
    »Ja.«
    »Also, Ariana hat sich einiges vorgenommen«, fuhr Haven mit einer Unbeschwertheit fort, die nicht zu ihrer Gemütsverfassung passte. »Sie hat ein eindrucksvolles Mahl vorbereitet und beabsichtigt, die Große Halle mit Seidenstoffen zu schmücken. Sie betreibt viel zu viel Aufwand für mich, meine ich.«
    Kenricks zustimmender Laut hatte einen eigentümlich schroffen Klang. »Meine Schwester ist sehr freigebig. Sie vertraut anderen schnell und sieht stets das Gute in den Leuten – bisweilen gereicht ihr das zum Nachteil.«
    »Sie ist eine wunderbare Freundin für mich«, sagte Haven und zuckte bei dem kühlen Ausdruck in seinen blauen Augen zusammen, als Kenrick von dem Lichtspiel auf der verzierten Klinge aufsah und Havens Blick suchte. »Nie würde ich sie verletzen.«
    »Das freut mich zu hören, Haven. Denn ich würde alles tun, um meine Schwester zu schützen und all die Bewohner meiner Burg, die auf meine Führung vertrauen.«
    Für eine ganze Weile schien er seinen Gedanken nachzuhängen, und Haven suchte nach Worten, um das quälende Schweigen zu brechen.
    »Kenrick … es gibt da etwas, das … «
    »Vertrauen ist ein so zerbrechliches Gut«, murmelte er, und das tiefe Vibrieren seiner Stimme brachte sie zum Schweigen. Von Unruhe erfüllt, stand sie da und sah, wie Kenrick mit der Dolchspitze die Konturen auf Havens langem Ärmelstoff nachzeichnete, ohne dass die Klinge das Gewebe berührte. »Vertrauen erwirbt man nicht überhastet, und manchmal kann man es einem anderen Menschen gar nicht schenken.«
    Er sah sie nicht an, sondern schaute

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