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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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um die Schultern und kletterte von dem Altarstein.
    Warum war er nicht gekommen? Warum wies er sie in dieser Weise von sich?
    Hatte er sie sogar für immer verlassen?
    Sie betete, es möge anders sein. Vielleicht war er gar nicht fort. Vielleicht hatte ihn nur etwas von dem Treffen abgehalten. Sorge gesellte sich zu ihrem Schmerz.
    Was, wenn ihm etwas zugestoßen war? Was, wenn er bei seinem letzten Rundgang im Wald überfallen worden war – hatten etwa Silas de Mortaine und dessen Helfershelfer den Weg zur Waldhütte gefunden?
    Serena verknotete die Bänder an ihrem Umhang und durchschritt eilig das alte Gotteshaus. Als sie das Portal erreichte, stieß sie mit dem bloßen Fuß an etwas Hartes. Erschrocken sah sie zu Boden. Dort, halb begraben unter losem Mauerwerk und Staub, lag das Ahnenbuch. Der dicke, ledergebundene Band war von dem Platz am Altar weggenommen worden, als hätte jemand versucht, ihn hastig zu verstecken.
    Sie beugte sich hinab und hob das alte Buch auf.
    Die Verlockung, ein wenig länger zu verweilen und in dem Buch zu lesen, war groß, fast wie ein unausgesprochener Befehl.
    Sie wollte das Buch in diesem Moment nicht aufschlagen, spürte sie doch deutlich, wie sich eine unbestimmte Furcht ihrer bemächtigte. Dennoch ging sie mit dem schweren Band an eine Stelle, wo das Licht besser war, und sank auf den von welken Blüten übersäten Kapellenboden.
    Serena musste einen Blick in das Familienregister werfen.
    Sie brauchte Gewissheit.
    Ihre Hände zitterten, als sie den Einband aufschlug. Sie begann mit den letzten beschriebenen Pergamentseiten, auf denen sich die jüngsten Einträge befanden. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber den Namen, nach dem sie Ausschau hielt, fand sie nicht. Die Einträge waren noch nicht alt genug, auch wenn kaum vorstellbar war, dass der gesuchte Name noch älter sein sollte. Generation um Generation ging sie das Buch von hinten nach vorne durch, und ihr Puls pochte dröhnend in ihren Ohren, als sie sich dem Anfang näherte. Nur drei Seiten blieben noch übrig, die ältesten Namen von allen.
    Das konnte nicht sein …
    Immer noch fuhr sie mit dem Zeigefinger die Namensliste entlang und hoffte, sie möge sich geirrt haben. Schließlich blätterte sie die letzte, brüchige Pergamentseite um und las den ältesten Eintrag.
    Nichts.
    Sie schaute auf und atmete hörbar aus.
    Der Name hatte nirgendwo gestanden.
    Doch als sie das Buch schließen wollte, fiel ihr etwas auf. Ganz vorn fehlte eine Seite. Sie war herausgetrennt worden – und das musste erst kürzlich geschehen sein, denn einzelne Stücke des Pergaments hafteten noch an dem rissigen Leder des Buchrückens.
    »Ich hätte es schon vor Jahren verbrennen sollen.«
    Erschrocken warf Serena einen Blick über die Schulter und sah, dass ihre Mutter auf der Türschwelle stand.
    »Was hast du getan?« Serena schloss das Buch und erhob sich. »Sag es mir, Mutter. Was hast du mit dem Buch gemacht?«
    »Ich hätte dich hier nicht spielen lassen sollen, als du klein warst, aber ich dachte mir nichts dabei. Heute weiß ich, dass es falsch gewesen ist, dir beizubringen, die Namen zu lesen. Niemals hätte ich gedacht, dass es einmal so weit käme.«
    »Mutter, bitte«, sagte Serena und spürte plötzlich, wie ihr die Angst eiskalt den Rücken hinabprickelte. »Hier fehlt die erste Pergamentseite. Du hast sie herausgerissen. Warum? Was stand dort geschrieben?«
    »Ich musste dieses Buch führen, verstehst du? Die Jahre vergingen. Ich wollte keinen Namen vergessen, auch seinen nicht.« Calandras Blick war glasig und in eine unbestimmte Ferne gerichtet. »Ich habe so viele geliebte Menschen verloren. Einer nach dem anderen ging und ließ mich in der Welt der Sterblichen zurück.«
    »Wessen Name fehlt in dem Buch?«, verlangte Serena. »Du musst es mir sagen.«
    »Ich war ein törichtes Mädchen. Ich hatte so viel, für das ich hätte dankbar sein müssen – die Liebe meiner Familie, den Frieden daheim. Es fehlte mir an nichts, und doch fragte ich mich unentwegt, was wohl jenseits der Grenzen meines kleinen Reiches liegen mochte.« Sie seufzte, und ihre Stimme wurde wehmütig. »Nie zuvor hatte ich einen sterblichen Menschen gesehen. Und gewiss hatte ich niemals jemanden gesehen, der so starke Schmerzen litt und meiner Hilfe bedurfte. Es war verboten, mit ihnen in irgendeiner Weise zu verkehren. Der Schleier, der unsere Welten voneinander trennte, hatte Risse erhalten, und sollte er aus irgendeinem Grund durchtrennt werden, so

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