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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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mich jemand zu Gesicht bekommt?!«
    Der Pirat grinste und streckte die Hand aus. Im Hintergrund sah ich an Land die von Templern eskortierte Sänfte herankommen, Yves schritt vorneweg. Ich warf dem Kapitän einen dringlich flehenden Blick zu. Er öffnete eine Luke, ich suchte noch nach der Leiter, da erhielt ich einen Stoß und flog hinunter in eine Vorratskammer über dem Kielraum. Bald darauf legten wir ab.
    KITBOGHA, Oberkommandierender aller in Syrien und Palästina verbliebenen mongolischen Truppen, hatte wegen Aufständen in Damaskus den Hauptteil seines Heeres wieder nach Baalbek zurückbeordert und in der Hauptstadt nur eine starke Garnison auf der Zitadelle gelassen. Der erfahrene Haudegen wünschte keine handgreifliche Auseinandersetzung mit der Bevölkerung, schon gar nicht in seinem Rücken, denn aus Nablus kamen sich überschlagend Nachrichten, dass ein gewaltiges Heer der Mamelucken die Grenze überschritten habe und bereits vor Gazah stünde. Angeführt wurde es von dem berüchtigten Emir Baibars, genannt »Der Bogenschütze«, bei weitem der fähigste Feldherr, den die Ägypter aufbieten konnten. Kitbogha schickte also Boten nach Sidon zu seinem General Sundchak mit der Aufforderung, von der Belagerung der Templer abzulassen, Sidon zu räumen und sich mit ihm am Fuße des Berges Hermon zu vereinen. Sundchak kündigte an, er würde direkt nach Süden ziehen, sich mit Kitbogha an der >Jakobsfurt< zu treffen, nördlich des Sees Genezareth. Kitbogha ließ sich darauf ein, er wusste, dass Sundchak die so gewonnene Zeit nur nutzen wollte, die ihm verhasste Templerburg
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    niederzureißen und die Beute aus der Stadt Sidon einzusacken. Das Spitzelsystem innerhalb des mongolischen Heeres funktionierte hervorragend, aber im Außendienst versagten die Spione, zum Teil, weil die muslimische Bevölkerung durchweg den Mongolen feindlich gesonnen war, aber auch aus eigener Ignoranz.
    So war die Nachrichtenlage für den Oberkommandierenden außerordentlich lückenhaft und ungenau. Keiner wusste ihm zu sagen, wie stark das Mameluckenheer in Wahrheit war und wo es zur Zeit stand. Dazu kam, dass Sundchak, der die Mamelucken verachtete und sich überschätzte, seinen Vorgesetzten mit Erfolgsmeldungen überschüttete, so von großen Erfolgen der Mongolen bei Gazah, als der Grenzort längst gefallen war und der Feind schon auf der Höhe von Jaffa die Küste hinaufmarschierte. Die Ägypter konnten auch auf Flankendeckung und Versorgung durch ihre entlang der Küste mitziehende Flotte rechnen, etwas, das die Mongolen überhaupt nicht kannten. Sundchak brannte auf die kriegerische Auseinandersetzung, Kitbogha bedauerte zutiefst, dass sie sich anscheinend nicht vermeiden ließ. Schweren Herzens gab er den Befehl zum Aufbruch.
    Aus der Chronik des William von Koebr uk
    Das Schiff schlingerte und stampfte. Ich hatte in dem dunklen Loch einen Stapel Säcke entdeckt, die wohl Hirsekörner enthielten, und mich auf ihnen hingekauert, doch zur Ruhe kam ich nicht, immer wieder schleuderte mich die unsichtbare Faust des Meeresgottes hinunter, gegen die Wanten, während oben die Brecher über das Deck rollten und das Wasser durch die Ritzen des Lukendeckels auf mich sprühte. Immerhin hatte ich bei einem meiner Stürze Bekanntschaft mit der Leiter gemacht, doch sie aufzustellen oder gar zu besteigen war ein Ding der Unmöglichkeit. Durch das Toben der Wellen vernahm ich über mir die lautstark gebrüllte
    Auseinandersetzung zwischen Yves dem Bretonen und diesem Piratenkapitän. Aus den Wortfetzen, die das Heulen des Sturms nicht verschlang,
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    musste ich entnehmen, dass der Bretone trotz Unwetter und stockfinsterer Nacht sehr wohl mitbekommen hatte, dass der Pirat mit dem Steuer südwärts hielt, statt nach Norden, worauf Herr Yves zornig bestand, ja er drohte dem Kapitän, er würde ihn töten - wer den Bretonen kannte, wusste, dass dies keine leere Drohung war -, doch der Pirat lachte und stellte die Gegenfrage, wer dann wohl den Segler durch Wind und Wetter steuern würde? Ich hatte mich aus Neugierde doch auf die Leiter gewagt und wollte gerade den Lukendeckel hochstemmen, als ein schwerer Brecher mich hinunterwischte und ich diesmal mein Bewusstsein verlor -
    Ich fand mich wieder in einer Ecke, über mir die Leiter, und durch eine feine Ritze am Lukendeckel schimmerte rosiggrau das sich ankündende Morgenlicht. Der Sturm hatte sich völlig gelegt. Ich zog mich zerschlagen die Sprossen der Leiter hoch und hob den Deckel einen

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