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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Spalt mit der Schulter. Der Pirat schien am Steuer zu schlafen, von Herrn Yves keine Spur. Ich dachte daran, wie Yeza wohl die Nacht überstanden hatte, die stürmische Fahrt musste ihr doch hart zugesetzt haben, oder hatte Yves ihr so viel von dem gefährlichen Betäubungsmittel eingeflößt, dass sie das Gewitter verschlafen hatte - vielleicht fest angebunden auf ihrem Lager? Dem Bretonen war das zuzutrauen!
    Der Pirat zwinkerte mir zu. Mir war, als nähme er jetzt Kurs auf die Küste. Dem geschundenen blinden Passagier war es nur allzu recht! Ich wollte ihm gerade mein freudiges Einverständnis signalisieren, da trat jemand von hinten auf den Lukendeckel, der auf meinen Kopf fiel, was mich wieder unsanft auf den Boden der Kammer beförderte -
    Ich wachte auf von einem ins Mark gehenden Knirschen unterm Kiel, gefolgt von einem furchtbaren Stoß, der mich diesmal auf die Säcke warf. Dann war alles still, das Schiff rührte sich nicht mehr - nur ein leises Rauschen der Brandung war zu hören. Wir waren auf Grund gelaufen! - Dann Gerenne und aufgeregte Stimmen über mir, hastig richtete ich die Leiter auf und stieß diesmal mein hölzernes Kruzifix in den Spalt unter dem Deckel.
    Zwischen
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    den Stiefeln des Bretonen schaute ich auf den Piratenkapitän, der sich gerade voll verlogenem Pathos vor ihm auf die Knie warf.
    »Ihr könnt mir den Kopf abschlagen«, spottete er dem wütenden Yves dreist ins Gesicht, »aber das Schiff sitzt fest!«
    Vor meinen Augen riss der Bretone sein breites Schwert aus der Scheide. »Das werd' ich fürwahr!«, murmelte er kaum vernehmbar und hob seine furchtbare Waffe, da trat aus den die Szene umstehenden Templern einer vor, ein älterer, hagerer Ritter. In gebieterischer Abwehr zückte er seine bloße Hand gegen Yves, der sofort innehielt, jedoch sein Schwert nicht senkte. »Mir ist die Macht des Richtens gegeben«, grollte der Bretone, »und Ihr solltet das wissen!«
    Der grauhaarige Templer wich ebenfalls nicht zurück. »Ihr könnt nicht uns allen den Kopf abschlagen, Herr Yves«, beschied er den Bretonen in aller Ruhe, »dieser Mahn handelte auf meinen Befehl, und wer mir dazu das Recht gegeben, das wisst auch Ihr!«
    Jetzt erkannte ich die krächzende Stimme wieder, die vor unserer Abreise bereits in Sidon dem Komtur klare Anweisungen gegeben hatte. Das erste Mal, dass ich Karl von Gisors, dem geheimen Groß-Prior, ins Antlitz sah, und mir war es nicht unlieb, dass ihm meine Gegenwart entging. Der Bretone ließ langsam sein Schwert sinken.
    Es war auch das erste Mal, dass ich ihn beigeben sah, doch nur kurz.
    »Wenn es so ist, wie es ist«, entgegnete Yves nachdenklich, doch mit Bestimmtheit zu dem Hageren, »dann weist mir die Ritter, die aufgrund ihres Gelübdes bereit sein müssen, mich und die Tochter des Gral auf unserer langen Reise schützend zu begleiten!«
    Der sah den Bretonen prüfend an. »Ihr habt Euch in Eurer bekannten Selbstgerechtigkeit eine Aufgabe auf die Schultern geladen, die mitzutragen keiner von uns bereit sein muss, doch wer sich Euch aus freien Stücken anschließen will, den wird der Orden nicht hindern.«
    Yves schob mit zusammengekniffenen Lippen sein Richtschwert zurück in die Scheide und sah forschend in die Gesichter derer, die ihn umstanden. Keiner schlug die Augen nieder, doch auch keiner gab durch ein Zeichen zu erkennen, dass er bereit wäre, dem
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    Bretonen zu folgen. Der Grauhaarige befreite Herrn Yves aus der Schmach einer weiteren Niederlage.
    »Wir begeben uns jetzt nach Safed«, wandte er sich erst an den Kreis der Templer, um dann das Wort an Yves zu richten. »Dort wird es Euch gegeben sein, eine Expedition der Art auszurichten, deren es bedarf für den weiteren Weg.«
    Der Bretone nickte grimmig, er hatte schwer daran zu schlucken, dass nicht alles so lief, wie er es sich vorgestellt hatte. Auf seinen Befehl hin wurde die Sänfte aus der Heckkajüte geholt und vorsichtig über Bord gehoben. Da sie zu Sidon in der Eile nur wenige Pferde mit an Bord genommen hatten, bestimmten die fürbass Schreitenden die Geschwindigkeit des kaum zwanzig Mann starken Häufleins. So verschwand die Sänfte mit Yeza ganz langsam in der Wüste.
    »Mein Herz reist mit dir, Prinzessin!«, flüsterte ich von Wehmut bedrängt. Ich stieg vollends aus meiner Luke und trat neben den Piraten. »Sehr fest saß Euer Kopf nicht mehr auf dem Halse!«, scherzte ich.
    Er sah mich mitleidig an. »Ihr solltet einzig und allein Eurem Herzen folgen, Mönchlein!«,

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