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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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noch durchaus geläufig war; außerdem hatte der Großmeister der Templer Sidon nachweislich längst verlassen -
    Der Komtur wand sich wie ein Aal am Haken. Die Prinzessin würde er ziehen lassen müssen, obgleich er Yeza als Pfand - im Austausch gegen freien Abzug aus Sidon - gern noch behalten hätte. »Gilt diese Anweisung auch für den sie begleitenden Mönch?«
    Das bittere Verdikt bekam ich sofort zu hören. »William von Roebruk hat sich weder fähig noch willens gezeigt, die Chronik so zu verfassen, wie ihm aufgetragen«, befand die krächzende Stimme, »daher besteht kein Anlass, ihn noch weiter mitzuschleppen!«
    Ich lag offensichtlich unter einem >Ohr des Dionysos<, einer unsichtbaren Öffnung in der Decke, die wie ein Schalltrichter nach unten wirkte, aber nur, wenn das Ohr des Lauschers eine bestimmte Position einnahm.
    »Der Befehl des Großmeisters«, wagte der Komtur noch einzuwenden, »weist mich klar an, überzählige Truppen nach Safed zu verlegen?!«
    »Leistet ihm Gehorsam durch Weitergabe an den Kapitän - und an niemanden sonst!« Jetzt wusste ich, wem diese so auffällig krächzende Stimme zuzuschreiben war: Karl de Gisors! Der Groß-Prior und Marschall des Templerordens schien davon auszugehen, dass sein Kommando widerspruchslos befolgt wurde.
    Ich überlegte noch, ob mit diesem Ausschluss von jeglicher Information vor allem der Bretone gemeint war, den man offensichtlich im Irrglauben lassen wollte, der Segler würde ihn und Yeza nach Norden bringen. Sollte ich ihn warnen? Schon um Yezas willen, von der ich wusste, dass sie absolut nicht nach Schaha wollte, behielt ich das Gehörte besser für mich - mein Zustand erlaubte mir sowieso nicht, etwas zu unternehmen, zumal ich immer noch
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    keine Gewalt über meine Glieder wiedererlangt hatte - in meinem Schädel summte es wie in einem Bienenstock.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so dalag, ohne auch nur den Kopf bewegen zu können, nicht einmal meine Augenlider gehorchten mir, nur meine Gedanken schien ich ordnen zu können. Yves hatte mich missbraucht, um an der Wirkung der Tropfen, die er mir in den Wein getan, zu ermessen, wie weit er bei Yeza gehen konnte, um sie ruhig zu stellen, ohne sie zu töten. Yeza sollte ich warnen, aber dafür war es wohl zu spät. Über meinem Kopf ertönten wieder Stimmen, diesmal erkannte ich das raue Organ des Bretonen. Der ahnungslose Yves bedankte sich beim Komtur für die reichliche Eskorte.
    »Ich werde dem Orden die Männer in Baghras zurückerstatten«, versprach der Bretone feierlich, »dort werde ich für den weiteren Weg sicherlich Unterstützung beim Fürsten von Antioch finden - «
    »Oder bei König Hethum«, bestärkte ihn heuchlerisch Marc de Montbard, »der den Templern sehr gewogen ist.«
    Die Männer schienen sich zu verabschieden. Ich versuchte meinen Kopf hin und her zu werfen, nachdem meine Arme und Beine immer noch wie gelähmt waren. Endlich gelang es mir, die Augen aufzureißen, und die bleischweren Fesseln fielen von mir ab. Ich sprang zur Schießscharte, um mich zu vergewissern, dass der Schnellsegler noch in der Dünung schaukelte. Ich sah sein Heck, die Ankerkette schien mir schon eingeholt. Aus Angst, die wenige mir noch verbleibende Zeit zu verlieren, stemmte ich die schwere Bohlentür auf, verlor auf der abschüssigen Ebene mein Gleichgewicht, schlitterte wie ein nasser Sack den schmalen Torweg hinunter und platschte unter dem triefend über mir schwebenden Naiman in das flache Sandbecken. Hastig rappelte ich mich auf, stieß mit der Stirn gegen seinen herabhängenden Fuß, was mich in der Eile auch nur eher kurz erschreckte denn mit Ekel erfüllte. Wütend auf den Bretonen, watete ich torkelnd vorwärts und fand das Fallreep, das augenscheinlich schon für die Übernahme der Prinzessin hergerichtet war, denn Templersergeanten standen mit Fackeln bereit und beleuchteten die gespenstische Szenerie. Mit dem Ausdruck größter Selbstverständlichkeit betrat ich das
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    schwankende Brett und stand an Deck sofort vor dem Kapitän. Ein Maure, ganz sicher kein Ordensritter, eher ein Pirat im Dienste des Tempels. Er trug einen dicken Goldring im Ohr und musterte mich wie ein Bündel verdorbener Ware, pudelnass wie ich war. Für den Kapitän in keinem Fall eine Person von besonderem Wert. Er winkte zweien seiner Leute zu, mich wieder von Bord zu befördern. Da sagte ich schnell: »Zu dem, was Naiman Euch zahlte, lege ich noch zehn Golddukaten obendrauf, wenn Ihr mich mitnehmt -ohne, dass

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