Der Kelim der Prinzessin
Akkon wollen die Barone keinen solchen Herrscher von des Il-Khan Gnaden, also bleibt ihm doch nur das prächtige, süße Antioch!«, verstrickte sich Hethum in seine Vorgefasste Meinung. »Ich würde mich an Eurer Stelle keinen Schritt weit von Fürstentum und Stadt entfernen, wüsste ich Roc Trencavel in deren Mauern!«
Bohemund lachte hellauf. »Seid Ihr es nicht, Hethum, der
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mich seit Tagen zu überreden sucht, ich sollte an Eurer Seite mich schleunigst ins Lager der Mongolen begeben, um Hulagu meinen Kotau darzubringen?« Leichtfüßig sprang der junge Fürst auf. »Allzu gern bleib ich hier -
zusammen mit meinem Freund und Blutsbruder Rog Trencavel, den ich jetzt sofort in seinem Quartier aufsuchen will, um ihm zu danken für den ritterlichen Dienst an meiner geliebten Frau — «
Der in Intrigen erfahrene Armenier sah ein, dass sein Bemühen in die falsche Richtung ging. »Ich kenne meine Tochter« grinste er boshaft, »sie wird schon einen Weg finden, den Helden zu belohnen.« Geschmeidig gab er sich sofort, nachdem er den Samen des Zweifels gesät, wieder milde entgegenkommend, als könne kein Wässerchen seine Gedanken trüben, geschweige denn irgendein Verdacht an der ehelichen Treue von Frau Sybille. »Vielleicht ist es sogar eine gute Idee, den Trencavel zum Hüter und Beschützer Eures Weibes und Eures Söhnleins zu bestellen, während Ihr an meiner Seite die längere Reise zum II-Khan antretet.«
Bohemund warf seinem Schwiegervater einen verwunderten Blick zu ob dieses sprunghaften Wechsels und verließ eiligen Schritts den Saal der Normannen.
Der Fürst hatte den drei Okzitaniern als Quartier die zwei Wehrtürme rechts und links des Sankt-Georg-Tores zugewiesen, nicht so sehr, dass er sie für besonders taugliche Wächter hielt, sondern um ihnen den schnellsten Weg durch das Tor zum Hafen von Sankt-Symeon anzubieten. Wenn sie dort ihr Unwesen trieben, brachte das allemal weniger Ärger mit dem Klerus in der Stadt, dem Patriarchen an der Spitze. Unmittelbar nach der Rückkehr von ihrer Reise, auf der sie sein Weib Sybille begleitet hatten, war Bohemund damit konfrontiert worden, dass jetzt auch Guy de Muret, deren bisheriger Beichtvater, sich seinen Landsleuten angeschlossen hätte. Wundern tat es ihn nicht, verdächtigte er den Dominikaner doch schon des Längeren, es mit der jungen Alais zu treiben, der weichbrüstigen Zofe seiner Frau Sybille, die der Fürst - zugegebenermaßen - selbst gerne beritten hätte. Jetzt hatte er das Nachsehen - und der Patriarch würde außer sich sein! Das Anstößige war 160
nicht so sehr die abgelegte Ordenskutte des Guy de Muret - noch das, was sich geil darunter verbergen mochte, sondern der Umstand, dass es sich bei Alais um eine moslemah handelte, die der Lehre des Propheten Mohamed keineswegs abgeschworen hatte. Also Unzucht eines ehemaligen Mönches mit einer heidnischen Syrerin! Am liebsten wäre Bohemund diese Bagage aus dem ebenso leichtlebigen wie ketzerischen Südwesten Frankreichs ganz losgeworden. Er neidete diesen Okzitaniern die Freiheit, die sie sich nahmen, sie tummelten sich allesamt wie Maden im Speck von Antioch und nutzten weidlich die großzügige Gastfreundschaft des Fürsten aus.
Das sollte sich nun mit dem Wiederauftauchen des Trencavel schlagartig ändern. Plötzlich sahen sich die Ritter aus Okzitanien zur Treuepflicht gegenüber dem Königlichen Paar veranlasst, und zwar vor allem zum minniglichen Dienst an der damna, der Prinzessin Yeza. Sie gerieten derart ins Schwärmen, dass Roc Stiche von Eifersucht verspürte.
»... und es gibt keinen Anhaltspunkt, Rog Trencavel«, insistierte Terez bei seinem hohen Quartiergast, »wohin sich die verehrte Prinzessin gewandt haben könnte? «
»Auf der Stelle reiten wir los und hauen sie da raus!«, bekräftigte Pons die Bereitwilligkeit der Freunde. Sie saßen im oberen Turmzimmer, durch die Fenster ging der Blick auf die mächtige Stadt, die ihren Wohlstand mit Mauern und Türmen umschloss, wie eine stolze Glucke ihre wohlgelungene Kükenschar.
Die Fragen waren Roc unangenehm, von dem Kelim und dem finsteren Emir mochte er schon gar nicht reden, zu beschämend war die Rolle, die man ihm dort aufgezwungen.
»Wo sie war, wird sie nicht mehr sein«, sinnierte er eher abweisend als abwägend. »Meine damna ist Manns genug, sich dorthin durchzuschlagen, wohin sie will - vielleicht ist sie schon auf dem Weg nach Antioch?« Rog streckte räkelnd seine Beine, doch untätig zum Hinwarten
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