Der Kelim der Prinzessin
sei der von guten Geistern auserwählte Ort, an dem das Königliche Paar wieder zusammenfinden sollte.
»Wie?!«, unterbrach ihn Yeza erregt. »Roc Trencavel in Palmyra? !«
Der Derwisch geriet in Verlegenheit. »So hätte es sollen sein!«, seufzte er. »Aber der Hauptmann der Mongolen musste zugeben, dass er Roc nicht habe halten können -« Yeza verbarg ihre Enttäuschung nicht. »Nur noch wenige Meilen von Palmyra entfernt, habe der Trencavel es vorgezogen, sich mit alten Freunden nach Antioch zu begeben - «
»Dachte ich mir 's doch!«, schnaubte Yeza ärgerlich, wieder einmal war es die Macht der bösen djinn, die ihr Glück vereitelte.
»Immerhin wussten wir jetzt«, strahlte Jalal al-Sufi sie an, »dass Ihr, Yeza, vom Euphrat her im Anmarsch wart -
«
Die Angesprochene antwortete nicht. Eine ungeheure Welle von Müdigkeit umfing sie. War denn aller Kampf umsonst?! Warum musste Roc mal wieder seinen Dickkopf durchsetzen?!
»Gefangene unserer granitschwer wiegenden Gedanken - « Durchschaute der Derwisch sie, machte er sich über sie lustig? »... stoßen wir uns an federleichten Nichtigkeiten - «
Es war ihr, als renne sie gegen eine Wand von weichen Kissen an - »Mag kommen, was kommen mag: So soll es sein!« Nur mit halbem Ohr hörte sie zu, wie Jalal ihr vorschlug, mit ihm nach Palmyra einzuziehen. Der kleine Derwisch nahm seine gesungene Einladung selbst nicht sonderlich wichtig, sodass er auch Yezas
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mögliche Reaktion für gering erachtete. Er sprudelte sein Glück heraus. Sowohl die hohe Geistlichkeit, seine Derwischbrüder als auch die Beduinen würden sich glücklich schätzen. Und schon sprang er wieder wie ein Vögelchen auf den nächsten Ast, egal, was Yeza grad' empfand. »Und wenn wir dann trunken sind von dieser großen, einzigen Liebe«, jubilierte er. »Mag kommen, was kommen mag: So soll es sein!«
Erschöpft bestieg Yeza ihr Pferd. Es war wohl ihr Schicksal, Haltung zu beweisen, ganz gleich, woher sie die Kraft nahm. Sie rief den Fechtmeister und die verbliebenen Seldschuken zu sich. Letztere entließ sie in ihre Heimat im fernen Turkistan und traf mit dieser Aufforderung auch auf keinerlei Widerstand. Der alte Rhaban hingegen bat sie inständig, ihn auch fürderhin in ihre Dienste zu nehmen. Treu wolle er ihr dienen, denn nach dem Tod der Prinzen habe er sonst keinen Herrn mehr, dem er sich nützlich machen könne - Yeza willigte ein und gab das Zeichen zum Weiterritt, auf Palmyra zu.
IM HOF DES NORMANNEN-SCHLOSSES zu Antioch hatte sich eine starke Versammlung aller Granden und
Ritter des Fürstentums eingefunden. Ein Gutteil von ihnen, um Bohemund das Geleit zu geben, denn er sollte, darauf legte sein Schwiegervater größten Wert, nicht wie ein armer Bittsteller vor dem Il-Khan auftreten, sondern wie ein Verbündeter von Rang. Die anderen waren gekommen, um Bohemund ihre Ehrerbietung zu bezeugen, auch wenn es vielen übel aufstieß, dass ihr Fürst, der sich nicht einmal dem Kaiser von Byzanz gebeugt hatte, jetzt diesen Barbaren aus dem fernen Osten huldigen sollte. Aber es war wohl nicht zu ändern.
Wer von ihnen den Vorbeizug des mongolischen Heeres - nach der Eroberung von Aleppo - gesehen hatte, hieß die Zweifler schweigen.
Roc hatte Mühe, sich zum Fürsten und dessen prächtiger Entourage durchzudrängeln, die wenigsten kannten ihn, auch wenn die meisten schon von dem Königlichen Paar gehört hatten. Zu seinem gelinden Erschrecken kam jetzt König Hethum der fabelhafte
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Einfall, wie gut es sich doch machen würde, wenn Roc Trencavel sich ihnen einfach anschlösse, das würde bei den Mongolen gewiss einen hervorragenden Eindruck machen. Rog tauschte mit Bohemund einen verzweifelten Blick, der den davon abhielt, die - alles andere als spontane - Idee seines Schwiegervaters weiter zu verfolgen.
Dazu trat - nicht frei von Eigensucht - die sich dem jungen Fürsten aufdrängende Überlegung: Sollte er etwa den Glanz seines Auftritts bei Hulagu dadurch schmälern, dass er sich an die Seite -und damit in den Schatten - Rocs stellte und der berühmte Trencavel die ungeteilte Aufmerksamkeit des Il-Khan auf sich zog?
»Wir haben nicht das Recht«, gab er scheinheilig zu bedenken, »die an uns ergangene Einladung auf unsere Freunde auszudehnen - «
Roc nahm diese Lösung dankbar entgegen. Er verabschiedete sich hastig und begab sich zurück zu seinen Leuten. Dem aufmerksamen Auge Hethums entging nicht, dass zumindest die drei Okzitanier - in voller Rüstung, die
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