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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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auftaucht.«
    Abe beobachtete die Tür und lauschte konzentriert. Er bemerkte kein Licht, und außer der nächtlichen Brise und dem Zirpen der Zikaden war nichts zu hören. Sein Herzschlag trommelte laut und schnell. Er befeuchtete seine trockenen Lippen. Seine Eingeweide krampften sich zusammen, und seine Beinmuskeln zitterten. Er hasste es, zu warten.
    »Los«, sagte er schließlich.
    Jack griff durch das zerbrochene Fenster und suchte nach dem Türriegel. Abe hörte ein trockenes Schnappen, dann zog Jack den Arm zurück, drückte auf die Klinke und öffnete die Tür. Das Türblatt schabte über die Glasscherben. Jack wischte seine Fingerabdrücke vom Türgriff ab.
    Abe folgte ihm ins Innere. Er schaltete die Taschenlampe an und ließ den Strahl über Regale, eine große Arbeitsfläche samt Spülbecken und einen altmodischen Holzofen wandern.
    »Soll ich ein Foto von der Küche machen?«, fragte Jack.
    »Fangen wir lieber oben an und arbeiten uns dann nach unten vor. Wenn du willst, kannst du dich hier ja zum Schluss noch austoben.« Ahe schaltete die Taschenlampe aus und ging einen Korridor zwischen Treppenhaus und Wand entlang. In der Eingangshalle blieb er stehen und sah den Gang hinab, der zum Souvenirgeschäft führte. Alles war dunkel und still.
    Als er die Treppe in Angriff nahm, musste er sich dazu zwingen, das Geländer nicht zu berühren. Egal, wie vorsichtig er auftrat - jede einzelne Stufe knarrte und seufzte unter seinen Füßen. Wenn schon niemand das Klirren der Scheibe gehört hatte, würde das hier auch keiner mitbekommen, sagte er sich. Dann kam ihm der Gedanke, dass sie eventuell doch von irgendjemandem gehört worden waren, dieser jemand sich jedoch entschlossen hatte, sich auf die Lauer zu legen anstatt nachzusehen.
    Jemand oder etwas.
    Dieser Ort zerrte schon jetzt an seinen Nerven.
    Am Ende der Treppe sah er zu seiner Linken. Durch ein Flügelfenster schien blasses Mondlicht auf die Galerie. Nichts rührte sich. Er erinnerte sich, dass sich ein weiteres Fenster am Ende der Galerie befand, doch die Vorhänge um die Wachsfigur von Dan Jenson verdeckten jedes Licht.
    »Gehen wir zuerst ins Kinderzimmer«, sagte er, »und arbeiten uns dann zur Vorderseite vor.«
    Jack nickte und ging los. Abe folgte ihm und beobachtete, wie sein Freund die Vorhänge leicht zur Seite schob, als er daran vorbeihuschte. Beim Anblick des flatternden Stoffes hatte Abe den Eindruck, dass sich dahinter ein lebendes Wesen befand. Seine Nackenhaare stellten sich auf, als der Samtstoff seine Arme berührte. Schnell lief er daran vorbei.
    Auf der anderen Seite angekommen sah er sich um. Die Vorhänge flatterten noch immer, als würden sie vom Wind bewegt. Er nahm die Taschenlampe in die linke Hand und zog den Revolver. Der Walnussgriff lag beruhigend schwer in seiner schweißnassen Hand, als er hinter Jack das Schlafzimmer betrat.
    Er stieß mit dem Ellbogen gegen die Tür und lehnte sich mit seinem Rücken dagegen, bis das Schloss zuschnappte.
    Jack hatte inzwischen die Kordel gefunden und zog daran. Die Vorhänge glitten zurück.
    »Mach schnell«, flüsterte Abe, stopfte die Taschenlampe in seine Windjacke und den Revolver in die Vordertasche seiner Jeans.
    Das Zimmer hatte zwei Fenster, eines zeigte in Richtung Stadt, das andere zu den bewaldeten Hügeln. Abe trat über die Wachsfiguren von Lilly Thorns hingeschlachteten Söhnen hinweg und warf einen Blick auf die Geschäfte entlang der Hauptstraße. Ein einsames Auto fuhr in nördliche Richtung vorbei. Dann faltete er die Decke auseinander und hielt sie vor das Fenster. »Okay«, sagte er und schloss die Augen, um nicht geblendet zu werden.
    Durch die Augenlider bemerkte er den Blitz des Fotoapparates, gefolgt von dem Summen des Elektromotors, mit dem der Film weitertransportiert wurde.
    »Bitte recht freundlich«, meinte Jack und schoss zwei weitere Fotos. »Fertig«, sagte er schließlich.
    Abe legte sich die Decke um die Schultern, zog den Revolver und kehrte zur Tür zurück, während Jack den Vorhang wieder zuzog. Abe wünschte, er hätte die Tür nicht geschlossen, musste er sie jetzt doch wieder öffnen. Seine linke Hand ruhte auf dem Griff.
    Reiß dich zusammen, ermahnte er sich.
    Dann spannte er den Hahn seiner ,44er und riss die Tür weit auf.
    Als nichts auf ihn zustürzte, atmete er tief aus. Mit der Waffe im Anschlag betrat er die Galerie.
    »Unsere Fingerabdrücke«, sagte Jack mit heiterer, einen Tick zu lauter Stimme. »Warte.«
    Abe wartete, bis er die

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